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 mehr  als  blos  flüchtigen  Begehung  zu  Ende  zu  kommen. 
 Mit  diesem  meinem  durch  einige  Zeit  in  mir  gehegten  
 und  allmälig  zum  festen  Entschlüsse  herangereiften  Plane,  
 richtete  ich  nun  zunächst  mein  Augenmerk  auf  einen  Mann,  
 der  die  Insel  schon  mehrmals  besuchte  und  sie  genauer  als  
 andere Reisende  kannte,  und  zwar  nicht  blos,  um  von  seinen  
 Erfahrungen  für  meinen  vorgesteckten  Zweck  einen  vorübergehenden  
 Vortheil  zu  ziehen,  sondern  ihn  vielmehr  für  denselben  
 mit  Leib  und  Seele  zu  gewinnen.  Herr  Dr.  T h e o d 
 o r  K o t s c h y   sollte  mir  zur  gemeinschaftlichen Untersuchung  
 der  Insel  die  Hand  re ic h en ,  F reud  und  Leid  der  Wanderschaft  
 mit  mir  theilen  und  so  ein  Unternehmen  fördern,  das  
 ich  allein  mit  allem  Eifer  kaum  zu  gewaltigen  im  Stande  
 gewesen  wäre. 
 Zum  Glücke  bedurfte  es  nicht  langen  Z u red en s,  um  
 Herrn  K o t s c h y   für  meine  Idèe  zu  gewinnen  und  zu  begeistern  
 ,  und  kaum  waren  einige  Schwierigkeiten,  die  mit  
 solchen  Unternehmungen  stets  verbunden  sind,  überwunden,  
 so  waren  wir  auch  schon  daran,  Anstalten  für  die  Zurüstung  
 der  Reise  zu  treffen,  und  uns  zu  dieser  selbst  in  Bewegung  
 zu  setzen. 
 Am  10.  März  1862  trafen  wir  in  der  Locanda  grande  
 in  Triest  zusammen.  Leider  hatten  wir  den  zu Ende  Februar  
 direct  nach  Syra  abgehenden Dampfer versäumt,  und mussten  
 also  auf  dem  am  15. März  zur  selben Reise  bestimmten  Schiffe  
 Platz  nehmen.  Obgleich  die  wenigen  Tage  in  Triest  für  uns  
 nicht  verloren  g ingen,  so  war  das  Versäumniss  für  Cypern  
 dennoch  empfindlich,  denn  als  wir  am  25.  desselben  Monates  
 über  Smyrna  kommend  vor  Larnaka  den  Anker  warfen,  war  
 die  Insel  ringsumher  schon  in  ihrem  vollen  Frühlingsschmucke  
 herausgeputzt. 
 Von  dem  bequemen  Lloyddampfer,  der  nur  in  einer  gewissen  
 Entfernung  vom Lande Posto  fassen  konnte,  Abschied  
 nehmend,  suchte  ich mein Empfehlungsschreiben  an  das  österreichische  
 Consulat  in  Larn ak a  hervor,  das  mir  durch  das  
 hohe  k.  k.  Handelsministerium  gütigst  ertheilt  w u rd e ,  und  
 da  nur  wenige  Schritte  von  der  Landungsstelle  zum  Platze  
 waren,  wo  die  stattliche  Consulatsflagge  flatterte,  so  hatte  ich  
 sogleich  Gelegenheit,  dasselbe  dem  Herrn  Consul  J.  P a s -   
 c o tin i  zu  überreichen.  Aber  a n s ta tt,  wie  ich  vermuthete  
 uns  beiden  Fremden  an  die  Hand  zu  g eh e n ,  um  in  dieser  
 Hafenstadt —■  la  Scala,  Marina  —  ein  passendes  Obdach  zu  
 suchen,  (das  einzige Hotel  de Mr.  B e r a u t   hatte  längst  zu  exi-  
 stiren  aufgehört) b o tu n s Herr P a s c o t i n i   und  seine  liebenswürdige  
 Gattin  ihr  eigenes Haus  sowie  ihren Tisch  zur Benutzung  
 dar,  und zwar so lange als wir auf Cypern zu verweilen gedachten. 
 Diese  ausserordentlich  gütige  und  freundliche Begegnung  
 trug  nicht  wenig  bei,  uns  das  nicht  immer  angenehme,  häufig  
 sogar  mit  Ungemach  und  Entbehrungen  mancherlei  Art  verbundene  
 Reiseunteri>ehmen  im  rosigsten Lichte  erscheinen  zu  
 lassen.  Nicht  mit  vielen  Zögern  machten  wir,  wie  begreiflich,  
 von  dem  freundlichen  Anerbieten  G e b rau ch ,  und  bezogen  
 ohne  viele  Umstände  unser  neu  erworbenes  Quartier.  Es  
 war  in  einem  der  ansehnlichsten  Häuser  der  S ta d t,  hart  am  
 Meere  gelegen  und  mit  der  Fronte  nach  Osten  gekehrt.  Ein  
 grosses,  geräumiges  Schlafzimmer  im  ersten  Stockwerke  mit  
 der  Aussicht  au f  das  Meer,  führte  in  einen  grossen  Vorsaal  
 und  von  da  in  ein  mit  einem  Vorsprunge  versehenes  
 Gemach.  Hier  schlugen  wir  unser  Observatorium  und  L a boratorium  
 auf,  und  die  mancherlei Geräthschaften  fügten  sich  
 bald  zu  einem  geordneten Ganzen,  so  dass  es  sich  hier  eben  
 so  ruhig  und  bequem  arbeiten  liess,  wie  im  stillen  heimischen  
 Studirzimmer.  Der  klare  Spiegel  des  Meeres  zu  unseren  
 Füssen,  ein  wolkenloser  tiefblauer  Himmel  über  uns,  fühlten  
 wir  bald  den  Vorgeschmack  d e ssen ,  was  wir  in  Cypros  —  
 der  Geburtsstätte  und  dem  auserkorenen  Wohnorte  der  
 Göttin  der Anmuth  und Liebe  — zu  erwarten  hatten.  Wurden  
 wir  durch  die  sanft  plätschernden  Wellen  täglich  süss  in  
 Schlummer  gewiegt,  so  war  es  der  erste  Lichtstrahl  der  über  
 den  Wassern  auftauchenden  S o n n e ,  der  uns  vom  bequemen  
 Lager  hob,  und  zu  frohem  Tagewerk  ermunterte  und  stärkte.