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 der  Atlantis  u.  s.  w.  zum  Grunde  liegt. 
 Schon  früher  haben  wir  darauf  aufmerksam  gemacht,  
 dass  die  organischen  Reste  der  letzten  geologischen  Periode  
 auf  ein  keineswegs  tiefes  Meer  hindeuten,  welches  die  Insel  
 damals  umgab.  Es  wäre  daher  wohl  sehr  möglich,  dass  die  
 letzterfolgte  continentale  Hebung,  welche  die  ganze  Insel  um  
 mehr  als  500  Fuss  höher  brachte,  auch  den  von  der  Carpa-  
 sischen  Halbinsel  ausgehenden  Landstreifen  bis  nach  Syrien  
 verlängerte,  und  dieselbe  mit  dem  Festlande  in  Zusammenhang  
 brachte. 
 Diese Möglichkeit  erhält  jedoch  durch  die Untersuchung  
 der  Flora  und  F au n a  von  Cypern  einen  hohen  Grad  von  
 Wahrscheinlichkeit.  Es  ist  nämlich  eine  bekannte  Sache,  dass  
 ein  grösser  Theil  von  Pflanzen-  und  Thierformen  in  ihren  
 Wanderungen  und  ihrer Verbreitung  selbst von  kleinen Meerengen  
 aufgehalten  werden,  die  sie  vermöge  ihrer  Natur  nicht  
 zu  überschreiten  vermösren. 
 Wenn,  wie  aus  dem  Pflanzenregister  und  aus  dem  Verzeichnisse  
 der  Land-  und  Süsswasserconchylien  dieser  Insel  
 hervorgeht,  ein  nicht  unbeträchtlicher Theil  dieser Organismen  
 sowohl  Cypern  als  Syrien  und  dessen  angrenzende  Länder  
 zum Vaterlande  hat,  wenn  diese Organismen  einer  ändern  als  
 einer  Schrittweiten  Verbreitung  auf  trockenem  Boden  nicht  
 fähig  sind,  so  bleibt  nichts  übrig  als  anzunehmen,  dass  eben  
 diese  Verbreitung  vom  Continente  her  auf  diesem  Wege  erfolgte  
 und  dass  daher  Cy p e r n   mi t   S y r i e n   zu  j e n e r   Z e it   
 in  e i n e r   Co n t i n e n t a l v e r b i n d u n g   stand,  in  der  die  gegenwärtig  
 diese  Länder  bevölkernden  Landthiere  und  Pflanzen  
 schon  existirten — mit  einem  Worte,  in  einer  der  historischen  
 Zeit  unmittelbar  vorhergehenden  Periode. 
 Weniger  schwer  wird  es  zu  begreifen,  wie  und  durch  
 welche Kräfte  diese Verbindung wiederaufgehoben wurde, wenn  
 man  bedenkt,  dass  sowohl  Cypern  als  Syrien  einen  nicht  unbeträchtlichen  
 Herd von fortdauernden Erderschütterungen  bildet. 
 Leider  sind  alle  älteren  Nachrichten  über  Erdbeben  auf  
 Cypern  verloren  gegangen,  ja   wir  besitzen  selbst  seit  Augustus  
 Zeiten  nur  magere  Notizen  hierüber.  So  erhalten  wir  
 unter  ändern  durch  S e n e c a   und  Dion  Ka s s i o n   die  Nachricht, 
   dass  Paphos  oft  von  Erdbeben  zu  Grunde  gerichtet  
 worden  sei. E u s e b i u s   erzählt,  dass  es unter der Regierung  des  
 Kaisers  Augüstus  mehrmals  erschüttert  worden  sei.  Ebenso  
 sollen  im  IX.  Regierungsjahre  des  Kaisers  Vespasianus  nach  
 Paul  Di a c r e   in  Cypern  drei  Städte  durch  eben  solche  E rd erschütterungen  
 zusammengestürzt  sein. 
 Ferner  berichtet  Marianus  Scot us ,   dass  unter  der  Regierung  
 des Kaisers  Titus  ein Berg  auf Cypern  sich  gespalten  
 und  daraus  Lava  ergossen  habe,  welche  vielen  Schaden  in  den  
 benachbarten  Gegenden  anrichtete *). 
 Endlich  tra f  unter  Constantinus  Chloros,  wie  Ma l a l a s   
 angibt**),  die  bedeutende  Stadt  Salamis  das  gleiche  Schicksal  
 der  Vernichtung  durch  Erdbeben,  indem  sie  zum  Theile  
 zerstört,  zum  Theile  ins  Meer  versunken  ist.  Sie  wurde  zwar  
 von  Constantinos  wieder  aufgebaut  —  daher  nun  Constantia  
 genannt — aber  gelangte  nie  mehr  zu  seiner  früheren  Grösse  
 und  Herrlichkeit. 
 Seit  dem  Jahre  1222,  wo  noch  ein  verheerendes  E rd beben  
 die  Insel  heimsuchte,  erfahren  wir  nichts  mehr  über  
 das Auftreten  dieser Erderschütterungen  auf  der Insel Cypern.  
 So  viel  ich  jedoch  durch  Herrn  Cónsul  J.  P a s c o t i n i ,   der  
 bereits  eine  Reihe  von  Jah ren   auf  der  Insel  lebt,  erfahren  
 habe,  sind  Erdbeben  in  Lan a rk a  ganz  gewöhnliche  Erscheinungen, 
   die  mehr  oder weniger  heftig  und  anhaltend  fast  alljährlich  
 und  zwar  gewöhnlich  zur  ersten  Frühlingszeit  aufzutreten  
 pflegen. 
 Ein  Wanken  der  Tische,  Umstürzen  von  Möbeln,  selbst  
 kleine  Zerklüftungen  der  Mauern  gehören  zu  den  gar  nicht  
 beachteten  Erscheinungen,  welche  häufig mit  donnerähnlichem  
 Rollen  begleitet  sind,  und  daher  mehr  durch  ihr  bedrohliches  
 Auftreten,  als  durch  den  Effect  die  Gemüther  beängstigen. 
 *)  M.  S c o t u s   in  Titus.  Chron.  I.  act.  4  bei  Meurs. 
 **)  Chronolog.  Bd.  XII.  zu  Ende.  E s  mag  jedoch  vielleicht  richtiger  
 sein,  wenn  Georg  Kredenos  dies  Erdbeben  erst  in  das  28.  J a h r  der  Regierung  
 Constantin’s  des  Grossen  versetzt.