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 dem  zerstörten  Walde  abgewonnene  Fleckchen  Erde  der  
 Rebe  eine  gedeihliche  Unterlage  gibt,  so  konnte  wohl  die  
 ganze  Insel  zu  einem  Weinberge  umgestaltet  werden,  wenn  
 es  sich  darum  handelte,  diesem  trefflichen  Erzeugnisse  des  
 Bodens  die  grösstmögliche  Ausdehnung  zu  geben. 
 Setzt  man  für  das Ackerland  etwa  den fünften Theil  des  
 ganzen  Flächenraumes  der Insel  an,  so  dürfte  der Weinbau*)  
 wohl  kaum  mehr  als  den  124sten  Theil  in Anspruch  nehmen,  
 gewiss  viel  zu  wenig,  um  das,  was  der Boden unbeschadet  des  
 Ackerlandes  geben  könnte,  gehörig  ausgenützt  zu  haben. 
 Die  Anlage  des Weinberges  macht  hier  viele  Schwierigkeit  
 und  gehört  zu  den  mühevollsten  Arbeiten,  wobei  immer  
 ein  halb  dutzend  Personen  beschäftigt  sind,  von  denen  zwei  
 oder  drei  ab-  und  zuzugehen  haben,  um  das  nöthige Wasser  
 herbeizuschaffen,  womit  die jungen Setzlinge  sogleich  getränkt  
 werden  müssen.  Ein  anderthalb  bis  zwei  Fuss  in  die  Erde  
 eindringendes  Setzeisen,  von  einem  kräftigen  Manne  geführt,  
 bereitet  dem  etwa  3  Fuss  lang  zugeschnittenen Rebenzweige  
 das  Loch  vor,  in  das  er  bis  auf  die  obersten  zwei  Knospen  
 eingesenkt wird.  Ein zweiter Arbeiter,  der das Reis hineinsteckt,  
 gibt  demselben  zugleich  etwas Dünger  mit,  ein  dritter  scharrt  
 das  Loch  zu.  Diese  Arbeit  wird  nach  Umständen  und  nach  
 der  Lage  des  Weinberges  erst  im März  und April  in höheren  
 Gegenden  Anfangs  Mai  vollzogen.  Nicht  viel  früher  findet  
 aber  auch  die  Bearbeitung  des  bereits  bestehenden  Weinberges  
 statt.  Die  Rebe  wird  durchaus  auf  den  Kopf  geschnitten, 
   indem  man  ihr  nur  1  bis  2  Sprossen  mit  ein  paa r  
 Augen  lässt.  Die  alten  Stöcke  werden  daher  oft  schenkeldick  
 und  äusserst  unförmlich. 
 Eine  Rebenpflanzung  sieht  daher  nichts  weniger  als  reizend  
 aus.  Zur  Auflockerung  des  Bodens,  in  welchem  die  
 Reben  in  ziemlich  weiten  Entfernungen  von  einander  stehen,  
 bedient  man  sieb  eines  Ochsenpaares  oder  noch  allgemeiner  
 eines  Kühpaares,  das  vor  eine  Art Pflug  oder Nadel  gespannt 
 *)  Weniger  als  14.000  Joch. 
 wird.  Man  pflügt  damit  zweimal,  ehe  der  Stock  zu  treiben  
 anfängt,  das  erstemal  um  den  Boden  nach  den  Winterregen  
 wieder  aufzulockern,  das  zweitemal,  um  das  in  kurz er  Zeit  
 üppig  aufschiessende  Frühlingsunkraut  zu  vertilgen. 
 Is t  die  Fläche  geneigt,  so  legt  man  an  der  steilsten  
 Seite  Terrassen  a n ;  es  verhindert  dies  eine  allzu  grosse Abschwemmung  
 des  fruchtbaren Erdreiches  einerseits  und  erhält  
 anderseits  die  Feuchtigkeit  des  Untergrundes  viel  besser  und  
 selbst  dann  noch  wenn  die  Glut  der  Sonne  alles  umher  zu  
 vertrocknen  bemüht  ist. 
 Die  klafterweit  auseinander  stehenden  Rebenstöcke  erlauben  
 es  auch  hier  wie  anderwärts  den  Weinberg  zugleich  
 als  Ackerboden  zu  benützen,  und  ich  habe  es  vorzüglich  in  
 den  Gegenden  mit  Aphanit-Unterlage,  wo  durchaus  kein  Getreide  
 gebaut  wird,  b em e rk t,  dass  man  zwischen  den  Wein  
 zugleich  Even  (Ervum  Ervilia  L.)  pflanzt. 
 Dass  zur  Bearbeitung  des Weinlandes  kein Dünger  verwendet  
 wird,  versteht  sich  von  selbst.  Wo  sollte  er  her-  
 kommen? — Auch  ohne Stütze  muss  der Rebenschössling  sein  
 Leben fristen,  seine  Trauben  tragen  und  sie  zur Reife  bringen,  
 denn  woher  sollte  das Holz  zu  den Stützen  genommen werden,  
 die  ihm  wie  in  unseren  Weingärten  die  L a st  der  Fruchtschwere  
 erleichterte?  Dazu  ist  weder  auf den jonischen Inseln,  
 weder  in  ganz  Griechenland,  in  Syrien  und  Palästina  noch  
 hier  auf  d er  Insel  Material  vorhanden.  We r  den  Orient  b e reiset, 
   gewöhnt  sich,  dort  wo  der  Weinstock  nicht  seinem  
 natürlichen  Triebe  folgen  und  in  den  Wipfeln  der  Bäume  
 grünen  und  hausen  kann,   ihn  als  eine  planta  humifusa  in  
 grösster  Submission  und  Sklaverei  zu  betrachten. 
 Der  cyprische  W e in ,  sagt  Stephan  von  L u s i g n a n ,   ist  
 der  beste  in  der Welt.  Wenn  einem  Dominikanermönche  des  
 XVI.  Jahrhunderts  hierin  gewiss  ein  gründliches Urtheil  zuzutrauen  
 ist,  so  hat  die  übrige  weinschmeckende Welt längst  in  
 dieses Lob  mehr  öder  meniger  eingestimmt  und  ich  kann  aus  
 eigener  Erfahrung  hinzusetzen,  dass  der  Wein,  den  man  auf  
 der  ganzen  Insel  und  in  jedem  Dorfe,  findet,  wohl  als  das 
 U n g e r   und  K o t s c h y ,   die  Insel  Cypern.  29