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 wäre,  hat  sich  durch  Theilung  der  Arbeit  nicht  unschwer  
 ausführen  lassen.  So  kam  es  denn,  dass  für  die Erforschung  
 der Flora  die  nicht nur  die  phanergamen,  sondern  auch  
 die  kryptogamen  Gewächse  berücksichtiget,  dass  von  allen  
 reiche  Sammlungen  angelegt  und  zur  näheren  Bestimmung  
 und Vergleichung  mit  nach  Europa  gebracht werden  konnten,  
 —  dass  ferner  durch  sorgfältige  Beachtung  des  Klima’s,  der  
 Boden-  und  Terrainverhältnisse  der  Einfluss  studirt  werden  
 konnte,  den  die  verschiedenen  Gebirgsarten  in  den  verschiedenen  
 Höhen  und  unter  verschiedener  Luftbeschaffenheit  auf  
 die  Vertheilung  der  Pflanzen  ausüben,  dass  endlich  auch  einzelnen  
 in  der  Landwirthschaft,  in  der  Medicin  und  Industrie  
 wichtigen  Gewächsen  eine  genauere  und  wissenschaftliche  
 Erforschung  zugewendet werden  konnte,  als  es  bisher geschah. 
 Im  Nachstehenden  soll  nun  allen  diesen  besonderen Beziehungen  
 der Vegetation  der Insel Rechnung  getragen werden. 
 Es  sei  nur  noch  bemerkt,  dass  es  gewiss  nur  im  In te resse  
 der Wissenschaft  liegt,  wenn  nun,  so  wie  die Arbeit  des  
 Erforschens  und  Sammelns  unter  uns  beiden  getheilt,  auch  
 die  Bearbeitung  jedes  botanischen  Gegenstandes  einzelnen  
 Fachmännern  übergeben  w u rd e ,  von  denen  die  Bestimmung  
 der  Algen  H e rr  G ru n ow ,  die  der  Pilze  Herr  D r.  R e i-  
 h a r d t   mit  mir,  die Lichenen Herr  K r em p e lh u b e r   und  endlich  
 die  Moose  He rr  J u r a t z k a   gefälligst  übernommen  hatte.  
 Die  grosse  Anzahl  der  Phanerogamen  mit  Einschluss  der Ge-  
 fässkryptogamen  forderte  die  ausschliessliche  Thätigkeit  des  
 Herrn Dr. Th.  K o t s c h y   und  zwar  schon  darum,  weil  sich  ein  
 grösserer  Artenreichthum,  als  bisher  vermuthet wurde,  herausstellte  
 und  überdies  die  verhältnissmässig  grosse  Zahl  der bisher  
 noch  nicht  beschriebenen,  also  erst  in  die  Wissenschaft  
 einzuführenden  Pflanzen  mit  vielen  zeitraubenden  Untersuchungen  
 und  Vergleichungen  verknüpft  sein  musste. 
 II.  Allgemeine  Uebersicht  der  Vegetation. 
 C u l t u r l a n d ,   D ü r r l a n d ,   G e  s .t r ü p p ,  W a l d ,  u n p r o d 
 u c t i v e r   B o d e n . 
 Dem  erfahrenen wie  dem unerfahrenen Auge stellt  sich  die  
 Vegetation  auf  den  ersten  Blicke  immer  nur in ihrer Massenwirkung  
 dar,  und  bildet  für  die  Physiognomie  der Landschaft  
 eines  der  wichtigsten  Elemente.  Hat  auch  die Beschaffenheit  
 des  Bodens,  seine Hebung  oder Senkung,  die  Ausdehnung  und  
 Vertheilung  von  Berg  und  Th al,  Land  und  Wasser  einen  
 grossen Einfluss  auf den  landschaftlichen Charakter,  so  ist  die  
 lebendige  vielgestaltige,  fort  und  fort  veränderliche  Decke,  
 welche  die  Pflanzenwelt  über  die  Erd e  ausbreitet,  doch  dasjen 
 ig e ,  was  das  Gemüth  des  Beschauenden  am  meisten  
 ergreift,  was  es  anzieht  und  erhebt  und  nur  sie  ist  e s ,  die.  
 dem  todten Klotze jen en  Ausdruck verleiht,  der,  wie  die  Miene  
 im  Gesichte  des  Menschen,  über  dessen  innere  Zustände  
 Aufschluss  ertheilt. 
 Nicht  umsonst  nennen  wir  eine  kahle,  vegetationslose  
 Gegend  todt.  In   der  That  fehlt  ihr  das  Mittel  zu  uns  zu  
 sprechen  und  ist  daher  für  uns  eben  so  leblos,  wie  ein  entseelter  
 Leichnam.  Die  verschiedenen  Schichten  und  Gesteine  
 der  Erde,  aus  denen  ihre  Oberfläche  zusammengesetzt  ist,  
 geben  sich  weit  weniger  durch  ihre  oft unbedeutenden Unterschiede  
 zu  erkennen,  als  durch  den  lebendigen  Mantel,  der  
 sie  bedeckt.  Die  kleinste  Nuancirung  des  Bodens  tritt  durch  
 dies  Gewebe  hervor  und  macht  sich  bemerkbar. 
 D a   endlich  der  Boden  mit  der Luftdecke  gleichfalls fortwährend  
 im  Conflicte  ist,  auf  dieselbe  einwirkt und umgekehrt  
 von  ihr  Eindrücke  empfängt,  diese Eindrücke  aber  alle mittelb 
 a r  und  unmittelbar  von  der  Pflanzenwelt  empfunden  und  
 aufgenommen  werden,  so  ist  klar,  dass  uns  dieselbe  zugleich  
 unablässig  einen  Spiegel  vorhält,  in  dem  wir  die  Beschaffenheit  
 des  Luftmeeres  und  die  Wechselwirkung,  in  der  es  mit  
 dem  Boden  steht,  zu  erblicken  im  Stande  sind.