schlossen, so befindet man sich, selbst bei der leuchtenden
Fak el der Mittagssonne, wahrhaftig in einer odischen Dunkelkammer,
in welcher uns nur der sechste Sinn allein hilfreich
beistehen kann. —
Allein nicht blos zu tackeln, auch zu loben finde ich
so Manches in einem solchen naturwüchsigen Hause, vor
allen den höchst einfachen und sinnreichen Verschluss der
durch hölzerne oben am Thürstocke angebrachte-Fallklappen
bewerkstelliget wird, wobei man um eine Thüre zu öffnen
nur des Mittelfingers bedarf, den man in ein Loch so gross
wie er selbst stekt um die Klappe zu heben. Unvertraut
mit dieser so einfachen Weise, das Oeffnen der Thüre zu bewirken,
stand ich anfänglich oft verzweifelnd vor solcher undurchdringlichen
Schranke, wie Columbus vor dem Eie, fand
aber endlich die Sache sehr praktisch und auch anderwärts
zu empfehlen. Die cyprische Fallklappe ersetzt unsere Klinke,
Schloss und Riegel, %t- was will man mehr!
Ueber die Einrichtung der Wohnstube, die sich ohnehin
fast au f nichts re d u c irt, will ich mit Stillschweigen hinweggehen
; nur eines eben so praktikabeln, federleichten, höchst
einfachen und wohlfeilen Stuhles muss ich Erwähnung thun. E r
besteht aus abwechselnd paarweise im Quadrate übereinander
gelegten und durch vier Stifte zusammengehaltenen Stengelstücken
von Anatriches (Fenrula communis DG.) mit deren obersten
Paare sich noch eine Reihe gleichgrosser Stücke zu einer Sitzfläche
verbinden. D a die Anatriches eine durch die ganze
Insel verbreitete Pflanze ist, so haben diese einfachen Stühle,
den Dattelpalmenstühlen in Cairo nicht unähnlich, auch allenthalben
in Dörfern wie in der Stadt ihre Anwendung gefunden
und ein P a a r derselben in ihre Bestandtheile zerlegt sind uns
sogar nach Europa gefolgt. —
So einfach und anspruchslos, und nur dem Dienste der
Natur gewidmet, unser Lehen in diesem Berg- oder Alpendorfe
auch war, so fehlte es doch nicht an Abwechslung, die
nicht selten der Zufall herbeiführte. Ein solcher Zufall brachte
uns bald nach unserer Ankunft unter anderen, eine Hochzeit,
und da es uns vergönnt war Zeuge von der wichtigsten Handlung
dabei d. i. von der Trauung zu sein, so will ich diese
mit wenigen Worten beschreiben, erwartend | dass mancher
Leser dabei lächelnd seinen Kopf schütteln wird.
De r zweite Sonntag des Wonnemonats sollte hier für
ein junges P a a r Leute, von denen der Bräutigam in Prodromo
ansässig, die Braut aber einem entfernten Dorfe angehörte,
der Gründungstag der ehelichen Wonne werden. Wie man
vernahm, war die Braut Abends zuvor in Begleitung eines
Verwandten im Dorfe angekommen, aber selbst der Sonntag
liess bis Mittag auf die bereits durch Aller Mund angekündete
Feierlichkeit der Trauung warten.
Einige Pistolenschüsse kündeten endlich den von der
Jugend ungeduldig erwarteten Beginn der heiligen Handlung
an, aber ich erstaunte nicht wenig, als ich erfuhr, dieselbe
finde nicht im Gotteshause sondern im Hause des Bräutigams
statt, wohin sich der Zug der Hochzeitsleute, einen „kuenen
Fidelere“ an der Spitze, begab. Hier war bereits eine Menge
Menschen gross und klein versammelt und es fehlten auch
die Priester nicht, welche die Ceremonie der ehelichen Verbindung
vollziehen sollten. Als fremde Xooqöos sollten wir
durch unsere Gegenwart die Feierlichkeit erhöhen, und konnten
also, um nicht gegen die Landessitte zu verstossen, dabei
unmöglich fehlen.
Wir beide He rr K o t s c h y und ich von allen dem nichts
ahnend waren in unserer Stube eben mit dem Einlegen der
Pflanzen beschäftigt, als ein festlich gekleideter Mann durch
die Thüre hereintrat u n d , uns aus einem uralten in Böheim
fabrizirten blauen Schnabelglase mit, Wasser — nicht b e sprengte
— sondern begoss.
Mir der hiesigen Sitten unkundig, war dies wie eine
kalte Douche, bis ich endlich aus dem sich verbreitenden
Rosengeruche gewahr wurde , dass dadurch gleichsam eine
Einladung zu dem Rösenfeste der Hochzeit angedeutet und
diese selbst dadurch inaugurirt sein sollte. Wir konnten also
nichts eiligeres thun als dem Rosenwassermann zu folgen,
und traten in die Versammlung wie es schien noch zur
rechten Zeit ein.
U n g e r und K o t s c h y , die Insel Cypern. 31