X. Historisch-Topographisches.
I. Kirchen und Klöster.
Kirchen und Klöster sind so zahlreich über die ganze
Insel verbreitet, dass man die Bewohner für ausserordentlich
gottesfürchtig halten müsste, wenn man nicht w ü sste , dass
die Menge der Gotteshäuser keinen Maassstab für die Verehrung
dessen ahgeben, dem sie errichtet sind. Ich spreche
natürlich hier von den griechischen Kirchen, obgleich es an
Moscheen ebenfalls keinen Mangel gibt und gerade die
grössten und schönsten derselben einer Umwandlung der
ursprünglich christlichen Bestimmung ihr Dasein verdanken.
Wie in allen Dingen so spricht sich auch in diesen
Gott geweihten Stätten Verfall und Verkommenheit in einer
Weise aus, dass man zugleich von Wehmuth und Abscheu
ergriffen wird. Wehmüthig wird man gestimmt, wenn man
Kunstbauten, an denen Jahrhunderte Vermögen und Talent
zum Opfer brachten, rücksichtslos dem unaufhaltsamen Verfalle
Preis gegeben sieht, aber zugleich von Unwillen wird
man erfüllet gegen die unbegreifliche Fahrlässigkeit, die es
nicht der Mühe werth hält unbedeutende Schäden zu verbessern
und lieber das Ganze dem Untergange zu widmen.
Wie in seinem Anzuge, im Hause und in der Wirth-
schaft irgend etwas lückenhaftes und unzukömmliches sein
muss, so träg t der Cypriote dies auch auf die geweihte
Stätte, j a selbst auf die Gottes- und Heiligenbilder der Kirche
über, die er, scheint es, nur dann lieb gewinnt, wenn sie eben
so lumpig wie er selber aussehen. Ich habe in Kirchen
Heiligenbilder gesehew, die man vor Staub und Schmutz sowie
vor Beschädigung nicht mehr zu erkennen im Stande
war I und die in diesen Zustand einzig und allein durch das
endlose Beküssen — der Essenz der Verehrung versetzt
wurden. An mancher Mutter Gottes (Panagia) und Christos,
sowie an Hagios Georgios und ändern renommirten Heiligen
fand ich Krusten von Messerrückendicke, die aus Speichel
und Schmutz gebildet waren.
Es gibt auf der ganzen Insel keine Kirche, noch weniger
ein Kloster, an welchen die Zeichen des Verfalles nicht schon
im grösseren oder geringeren Grade eingetreten wä ren, nur
in einem einzigen, freilich dem wohlhabendsten Kloster der
In se l, in Panteleimon, sah man zum Erstaunen sogar Neubauten
entstehen. Ueber die Zeit der Gründung der Klöster
weiss man an Ort und Stelle nichts, denn es gibt nirgends eine
Bibliothek oder Archiv und die Mönche machen es zu ihrer
Aufgabe hierüber in völliger Unkenntniss zu verharren. Aller
Wahrscheinlichkeit nach sind die meisten während der Kreuzzüge
entstanden und durch die Güte der christlichen Fürsten
der Insel mit namhaften Ländereien beschenkt worden, die
ältesten datiren jedoch sicherlich schon von den ersten Zeiten
des Christenthums, denn wie wir wissen hat Apostel Paulus
und der Cypriote Barnabas hier schon das Christenthum
gepredigt.
Ich zweifle nicht, dass die ursprüngliche Aufgabe der
Mönche nächst der Gottesverehrung auch die Landeskultur
war, besonders derjenigen, welche ihren Sitz fern von allen
Dörfern und menschlichen Wohnungen im wilden Gebirge
aufschlugen.
Es erregt Staunen, in welcher Ausdehnung und mit
welcher fortificatorischen Festigkeit die meisten dieser Klöster
angelegt sind, wie sie einerseits Castellen gleichen, anderseits
auch der Bequemlichkeit Rechnung tragen. Das Kloster
Machera und Chrysoroiatissa mögen als Beispiele von be