Dieses sich den Verhältnissen des Bodens und der Luft
anschmiegende Leben der Pflanzen ist es nun, was sich so
seelenvoll, theils in der Verbreitung, theils in der Vertheilung
der Gewächse ausspricht und in dem sinnigen Beschauer einen
ewig neuen Reiz hervorbringt.
Auch Cypern mit seinem wechselvollen Terrain, seinem
mannigfach zusammengesetzten Boden fehlt es nicht, um der
auf ihr vorhandenen Schaar von Pflanzen die interessantesten
Verhältnisse ihres Lebens und Gedeihens, ihres Kampfes unter
sich und mit den Verhältnissen der Aussenwelt, ja selbst ihre
entferntesten Schicksale zur Schau zu tragen.
Indem wir zuerst die Frage nach der Massenerscheinung
der Vegetation aufwerfen, können wir nicht von früheren Zuständen
ausgehen, sondern müssen das Bestehende zunächst
ins Auge fassen.
In allen Theilen der Insel, hoch und niedrig, geschlossen
und frei, von dieser oder jen e r Bodenunterlage stellt die Vegetation
nur einige wenige Formationsglieder dar, die nichts
weniger als jen en anmuthigen Wechsel hervorbringen, welcher
der Vegetation sowohl der kälteren als der wärmeren Zone
einen so tief greifenden charaktervollen Anstrich verleiht. Es
kommt dies daher, weil die Gegensätze, in welchen sich der
Pflanzenleib auszubilden genöthigt is t, weniger schroff von
einander abstehen und der Geselligkeitstrieb in der Anordnung
und im Zusammenleben des Gleichartigen minder kräftig pro-
noncirt ist. Das wärmere Clima löset so zu sagen die F e s seln,
wodurch im kälteren gemässigten Erdstrich die verwandten
und ähnlichen Formen aneinander gekettet sind, ohne jene
Productivität zu besitzen, wodurch sich die grösste Mannigfaltigkeit
und die extremsten Gegensätze auszubilden vermögen.
Allen L ände rn der wärmeren gemässigten Zone und so
auch Cypern, das in diesen Gürtel fällt, fehlt die W ie s e oder
der Grasboden und damit eines der schönsten und anziehendsten
Glieder in der Massenerscheinung der Gewächse. Das
Ackerland nach den Winterregen und ebenso je d e r andere
Culturboden vertritt sie zum Theile und au f kurze Zeit. Die
Cerealien geben den sammtnen grünen Grund, au f welchem
ein Heer der mannigfaltigsten Blumenträger eingewirkt ist.
Aber so vergänglich wie die Blumen ist diese mehr künstliche
als natürliche Wiese und dauert kaum einige Wochen über
die letzten Frühlingsregen hinaus. Nur in einigen kleinen und
verborgenen Winkeln der Insel, wo sich das Klima dem un-
serigen nähe rt, wo der Boden durch unmerkliche Quellen
fortwährend berieselt und befruchtet wird, stellt sich in der
That auch ein Wiesenplan ein, der dem unserigen vollkommen
gleicht, jedoch sich nur innerhalb der engsten Grenzen zu
erhalten vermag. Beispiele geben mehrere Gebirgsschluchten
des Troodes.
Die grosse Hitze, welche der Boden in den Sommermonaten
durch die Insolation empfängt, bringt allen zarteren
Gewächsen den Untergang und schliesst sie dadurch aus dem
Vegetationskreise aus. Nur die durch ihre anatomische Beschaffenheit,
durch ihre derbere Substanz, ihr straffes Gewebe,
ausgiebige Rindenbildung u. s. w., so wie durch ihie
Genügsamkeit an wässeriger Nahrungssubstanz, sich den
klimatischen Verhältnissen anzupassen vermochten, haben sich
erhalten und vertreten so zu sagen unsere weicheren Pflanzen.
Wo also der Boden nicht mit exquisiten holzigen Pflanzen b e deckt
ist, sind es diese strammen, zähen, abgehärteten Gewächse,
die ihn bedecken, jedoch in einer Wreise, die unseren
Wiesen ganz fremd ist. Hieher sind Grasarten, Carduaceen,
einige Labiaten, Asperifolien, Cistineen, Euphorbiaceen und Pu-
pilionaceen zu zählen. Die Pflanzen stehen nicht gedrängt, b e hindern
sich gegenseitig in ihrer Entwicklung nicht und bilden
statt eines dichten Pflanzengewebes ein äusserst lockeres Netz,
wo so mancher Ankömmling immerhin noch leicht Platz findet.
Dieses lockere Gewebe, in dem die Pflanzendecke e rscheint,
besteht aber zugleich aus bei weitem mannigfaltigeren
Elementen als unsere Grasmatten.
Obgleich, wie bereits angegeben die Gräser dabei nicht
ausgeschlossen sind, so spielen sie doch verhältnissmässig eine
weit untergeordnetere Rolle und werden von kleinblätterigen,
hartleibigen, spinescirenden und kriechenden Pflanzen aus
allen Pflanzenfamilien bei weitem übertroffen. Als Pflanzen