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 e n sw e rt,  wie  nach  und  nach  nicht  nur  das  nächstgelegene  
 Cypern,  Creta  und  viele  Inseln  des  ägäischen  Meeres  mit  
 sidonischen Auswanderern  bevölkert  wurden,  sondern wie  dieselben  
 eben  so  an  der  afrikanischen  Küste  Haltpunkte  suchten  
 und  endlich  über  Sicilien,  Sardinien,  die  Balearen  und  
 Pithyusen  bis  zu  den  Säulen  des  Herkules  und  über  diese  
 hinaus  (Tarsisland,  vom  J.  1100—700  a.  Chr.)  vordrangen. 
 Damals  führte  Cypern  den  phönicischen  Namen  K ittim ,  
 und  die  semitische  Bevölkerung  der  Kittier  hatte  jedenfalls  
 das  Uebergewicht  Uber  die  Bewohner  der  schönen  an  Naturschätzen  
 reichen  Insel. 
 Wie  alle  Tochterstaaten  war  auch  Kittim,  obgleich  von  
 eigenen  Herrschern  (Königen)  regiert,  noch  dem  Mutterlande  
 Phönicien  unterthänig  und  theilte  mit  demselben  die  Schicksale, 
   die  es  im  Laufe  der  Zeiten  traf.  —  So  ist  wahrscheinlich, 
   dass  schon  Sesostris  (1433—1415  a.  Chr.)  mit Phönicien  
 auch  Cypern  e ro b e rte ,  und  dass  dessen  Nachfolger  Sethos  
 (1419 -—1389  a.  Chr.)  die  ägyptische  Bothmässigkeit  nur  
 erneute. 
 Wir  wissen,  dass  Hieram,  ein  Zeitgenosse  Salamo’s,  
 (1000  a.  Chr.)  das  Land  der  Kittier,  welches  sich  der  Zinspflicht  
 entziehen  wollte,  wieder  zur  Unterwerfung  brachte;  
 eben  s o ,  dass  der  syrische  König  Elulaus  die  abgefallenen  
 Cyprier  besiegte,  die  sich  nachher  der  assyrischen Herrschaft  
 unterwarfen. 
 Ein  interessantes  Denkmal  jen e r  Zeit  (705  a.  Chr.)  ist  
 eine  in  L a rn ak a   vor  mehreren  Jahren  aufgefundene  Stele,  
 die  im  Relief  eine  priesterliche  oder  königliche  Figur  darstellt, 
   umgeben  von Keilinschriften.  (R o ss.  Hellenika I.  p.  69.)  
 Eine  abermalige  Unterwerfung  unter  Aegypten  hatte  der  unglückliche  
 Seekrieg  gegen  Apries  (594—570  a.  Chr.)  zur  
 Folge. 
 Wie  dieses  Eiland,  von Bürgerkriegen  zerrüttet,  um  die  
 Mitte  des  6.  Jahrhunderts  v.  Chr.  sich  freiwillig  der  Schutzherrschaft  
 Aegyptens  unterwarf,  darüber  gibt eine  vor Kurzem 
 in  Dali  aufgefundene  Erztafel  näheren  Aufschluss*).  Wir  
 lernen  daraus,  dass  ungeachtet  der  zu  jen e r Zeit wahrscheinlich  
 schon  vorherrschenden  griechischen  Bevölkerung,  die  
 von  Salamis  aus  sich  über  die  ganze  Insel  v erb re ite te ,  die  
 vorherrschende  Sprache  dennoch  die  semitische  und  zwar  der  
 a ram äisch e,  ein  dem  chaldäischen  ganz  nahe  verwandter  
 Dialect  war.  Durch  eben  diese  Ueberhandnahme  der  griechischen  
 Bevölkerung  hatte  sich  auch  der  Name  Kittim  als  
 Bezeichnung  der Insel  zuletzt  nur  auf die  sidonische  Colonialstadt  
 Kition,  dem  heutigen Larnaka,  beschränkt und wir  finden  
 fortan  das Wort Kvngog  zur Benennung  der  Insel  gebraucht.  
 Forscht  man  der  Etymologie  dieses  Namens  n a c h ,  so  liegt  
 demselben  offenbar  das hebräische Wort  “1D3  auch  (Gopher,  
 Kopher)  zu  Grunde,  das  nach  der  allgemeinen  Meinung  der  
 Sprachforscher  einen  Strauch  bezeichnet,  dessen Blüthen  und  
 Früchte  zu  mancherlei  Gelen  und  Salben  verwendet  wurde. 
 Ueber  diese Kypros-  oder  Kopher-Pflanze,  die  der  Insel  
 den  Namen  g a b ,  ertheilt  uns  zuerst  P l i n i u s   in  seiner  
 Hist.  nat.  XII.  109  Aufschluss,  wo  es  heisst:  „Cyprös 
 in  Aegypto  est  arbor  ziziphi  foliis,  semine  coriandri  can-  
 dido,  o d o ra to ;  coquitur  hoc  in  oleo  premiturque  postea  
 quod  Cypros  vocatflr.  Pretium  ei  in  Libras  X.  v.  Optimum  
 e  Canopica  in  ripis  Nili  n a ta ,  secundum  Ascalone  Judeae,  
 tertium  Cypro  insula  odoris  suavitate.  Quidam  hanc  esse  di-  
 cunt  arborem,  quae  in  Italia  ligustrum  vocetur.“  Und  XXIV.  
 p.  45:  „Ligustrum,  si  eadem arbor  est,  quae  in Oriente  Cypros  
 suos  in  Europa  habet  usus.“ 
 Es  geht  daraus  hervor,  dass  diese  Pflanze  keineswegs  
 in  Cypern  einheimisch,  wahrscheinlich  aus  Aegypten  oder  
 Palästina  dahin  verpflanzt  und-  rücksichtlich  ihrer  Producte  
 von  geringerem Werthe  als  die  Pflanze  jen e r Länder  gewesen  
 sei.  Die  Beschreibung,  welche  Plinius  von  dieser  Pflanze 
 *)  Dr.  E.  M.  R ö t h .   Die  Proklamation  des  Amasis  an  die  Cyprier  
 “be i  der  Besitznahme  Cyperns  durch  die  Aegyptier  um  die Mitte  des  6.  J a h rhunderts  
 v.  Chr.  Geburt. 
 Entzifferung  der  E rztafel  von  Idalion  in  des  Herrn  Herzogs  von  
 L u y n e s ’  „Numismatique  et  inscriptions  eypriotes.“  P a ris  1855.  Fol. p.  120.