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 Zeiten  vorschreibt,  um  wie  viel  mehr  für  je n e ,  die  
 als  Muster  der  Enthaltsamkeit  allen  übrigen  voranleucbten  
 sollen.  Ich  habe  mich  erstaunt  wie  ärmlich  der  Tisch  selbst  
 ausser  der  Fastenzeit  in  allen  Klöstern  bestellt  ist,  und  wie  
 wenige  und  wie  schlecht  nährende  Speisen  von  allen  Con-  
 ventualen  genossen  werden.  Zuweilen  dünkte  es  mich,  dass  
 sie  tagelang  sich  von  aller  Nahrung  enthielten.  Zum  Beweise  
 dessen  will  ich  einige  Gerüchte  nennen,  die  man  allenthalben  
 als  Leckerbissen  betrachtet,  und  die  man  uns  auch  zuweilen  
 als  Nachtisch  zukommen  liess.  Dahin  gehört  z.  B. Käse  oder  
 besser  gesagt Topfen mit Traubensyrup übergossen, ferner  eine  
 Art  von Kuchen aus Sesam, Mehl  und Honig bereitet, der in Bezug  
 auf  seine  Wirkung  genau  mit  dem  Electuarium  lenitivum  
 unserer Apotheken übereinkommt, und dergleichen Speisen mehr. 
 Dass  ungekochte Feldbohnen  (Vica Faba), Zwiebelnu.  dgl.  
 selbst  dem  leckersten  Gaumen  in  dieser  adamitischen  Form  
 Zusagen  ist  eine  allgemeine  Erscheinung. 
 Um  aber  einen  noch  deutlicheren  Begriff  von  dem  zu  
 geben,  was  die Römer  zu L u c u l l s   Zeiten  zu  so  grösser  Entwicklung  
 brachten,  will  ich  hier  die  Speisen  eines  Abendmales  
 namentlich  aufzählen,  die  uns  Fremden  zu  Eh ren ,  ein  
 Bischof  in  einem  der  wohlhabendsten  Kloster  gab  und  wobei  
 es  also  gewiss  an  Ausgesuchten  nicht  fehlen  durfte.  Voraus  
 bemerke  ich,  dass  sämmtliche  Clerikalen ungefähr  ein Dutzend  
 gleichfalls  an  diesem Male  Theil  genommen  haben,  dass  aber  
 nur  uns  Fremden Wein  gespendet  wurde,  indess  alle  übrigen,  
 der  Bischof  nicht  ausgenommen,  sich  mit  Wasser  begnügten. 
 Nachdem  wir  uns  etwa  um  9  Uhr Abends  zu  Tische  ges 
 e tz t,  dessen  Adjustirung  in  allen  Theilen  selbst  ein  mittel-  
 mässig wohlhabender Bauersmann  bei  uns  nicht  gut  geheissen  
 haben würde, kam zuerst der unausweichliche aus gekochtem Reis  
 bestehende  Pilau, aber  so mager und  ohne alle Beigabe von F e tt  
 bereitet,  als  ob  die  sieben magern Jahre  hier  noch  nicht  abgelaufen  
 wären.  Nachdem  alle Tischgenossen an  dieser nahrhaften  
 Speise  sich  ziemlich  satt gegessen haben  mochten,  kamen  nach  
 einander  in  für  alle  unmöglich  ausreichender  Menge  dreierlei 
 Salate;  zuerst  Bohnensalat,  dann  Portulak  und  endlich  in  
 Salzwasser macerirte Blätter von Critmumraaritimum, die aber von  
 ihrer  ledergleichen Beschaffenheit  noch  nichts  verloren  hatten.  
 Natürlich  liess  ich ungeachtet  des  Zuredens  des Herrn Bischofs  
 alle  diese leckeren Dinge  an mir vorübergehen.  Allein  als sollte  
 heute  Chloris über Aphrodite  ihren  Triumph feiern,  setzten  sich  
 diese magern Vegetabilien  noch  in geschmorten Zucci (Kürbisse)  
 und  in  Colocasien  fort.  Ich  sah  nun  meinen  gegenübersitzenden  
 Reisegefährten  mit  stieren  Blicken  an,  als  es  sich  
 herauszustellen  schien,  dass wir  heute  um  alles Fleisch  kommen  
 sollen.  Endlich  erschien  doch  ein  in  kleine  Bröckelchen  zerschnittenes  
 Ziegenfleisch,  das  nicht  einmal  für  mich  ausgereicht  
 haben  würde,  wenn  ich  bei  dem  Zulangen  auch  alle  
 Bescheidenheit  bei  Seite  gesetzt  haben  würde. 
 Aber  nun  war  die  Sache  auch  zu  E n d e ,  denn  die  
 geronnene Milch mit  Zucker musste  ich,  da  sie  meinem Magen  
 ebenso  wenig  zuträglich  ist,  wie  die  Sesamlatwerge,  ebenfalls  
 vorübergehen  lassen.  Endlich  kamen  wahrscheinlich  als  Repräsentanten  
 der  von  C y p r is   nach  der  Insel  gebrachten  
 Granatäpfel  noch  drei  rohe  Gurken  au f  den  Tisch.  Eine  
 derselben  verspeiste  der  Herr  Bischof  sichtlich  mit  grossem  
 Wohlbehagen,  eine  andere  wurde  von  ihm  zwischen  mir  und  
 Herrn  K o t s c h y   getheilt  und  mit  der  dritten  musste  sich  die  
 übrige  Tischgesellschaft  begnügen  und  dabei  den  Mund  ab wischen. 
   Da  eine  erkleckliche Anzahl von  Dienern  bei  diesem  
 Male  beschäftigt  w a r ,  so  war  es  den  meisten  möglich  geworden, 
   statt  uns  zu  b ed ien en ,  uns  in  den  Mund  zu  sehen. 
 Allerdings hatten wir auf Fayence-Teller unsere Speisen genommen, 
   auch fehlten Messer,  Gabeln  und Löffel — letztere  als  
 unverkenntliche Nachkommen von Lykurgs Tafelgeräthe — nicht,  
 aber  bei allen dem konnte  Se.  bischöfl. Gnaden  dem  angebornen  
 und  landesüblichen H ange nicht widerstehen,  den  Salat mit  den  
 höchst  eigenen Fingern aus  der Schüssel zu nehmen,  obgleich zu  
 seiner Ehrenrettung ausdrücklich bemerkt werden muss,  dass  er  
 sich  bei  Beginn  der  Tafel  vor  aller  Augen  die  Hände  wusch. 
 Einem  türkischen Male,  wobei  alle  jene  abendländischen  
 Hilfswerkzeuge  völlig  überflüssig  s in d ,  habe  ich  leider  nicht