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liehe Procession von dem Tochterheiligthume zu dem Mutter-
heiligthume, und auch hier war die Strasse , auf der der Fest-
zug sich bewegte, zu einer heiligen (isqog odog) geworden.
Obgleich Altpaphos wahrscheinlich am Meere lag und eine Hafenstadt
w a r, so befand sich doch der Tempel ohne Zweifel
auf der Höhe, dort wo in Mitten ausgebreiteten Schuttes und
einzelner noch bemerkbarer Grundmauern die gigantischen Co-
losse eines eyklopischen Bauwerkes als letzte Reste aufrecht
stehen.
Zwei derselben, die hier im Bilde besonders hervortre
te n , sind über 2 Meter hoch und beinahe 5 Meter lang,
bei einer Dicke von mehr als ®/4 Meter. Ueber die Con-
struction dieses einfachen Bauwerkes geben die seitlichen
Löcher dieser Werksteine Aufschluss, die n ich t, wie von
H amme r will, zur Ertheilung der Orakel dienten, sondern
um hölzerne Bohlen aufzunehmen und damit die anstossenden
Steine in Verbindung zu bringen oder zu verdippeln. Die
auch an ändern Stellen vorkommenden ähnlichen Löcher oder
Vertiefungen widerlegen hinlänglich die frühere Meinung über
dieselben.
Dass dies rohe aus Sandstein bestehende Mauerwerk
nu r einen Theil des Heiligthums gebildet haben mag, innerhalb
welchem erst der mit grösser Kunst ausgeführte Tempel
s ta n d , dafür spricht sowohl der Grundriss als die vielen
Marmorblöcke und Inschriftsteine, die ihrer Widmung zufolge
offenbar einen Theil des Tempels ausmachten. Einer derselben,
mit der Aufschrift:
A<bPOAlTHI n jib lJ ß% l
AHMOKPATH2 T1TOAEMAIOY
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KAI HrYNH EYN1KH
THN EAYTiiN OY TATE PA
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der unter einer schattigen Terbinthe lag, diente uns als Tisch
au f dem wir unser frugales Mal hielten. Eine Menge anderer
Inschriftsteine, gleichfalls Theile des einstigen Heiligthums,
lagen noch umher oder waren in der kleinen halbverfallenen
griechischen^Kirche eingemauert. Von allen, die ich habhaft
werden konnte, habe ich Abklatsche mit Papier gemacht.
Herrn von H amme r gelang es noch den Grundriss des
Tempels oder vielmehr des Tempelhofes zu zeichnen, was
Muthmasslicher Tempel der Aphrodite in Alt-Paphos.
gegenwärtig ohne Hinwegräumung des Schuttes nicht mehr
möglich wäre. Sowohl aus diesem als aus den auf Münzen,
namentlich jen e r von Antoninus, vorkommenden Bilde dieses
Tempels hat He rr H e t s c h eine architektonische Zeichnung
desselben entworfen*), der ich in dem beifolgenden Bilde
grösstentheils gefolgt bin.
Der Tempel stand in der hinteren Abtheilung des
durch die Cyclopenmauer gebildeten Vierecks, dessen Länge
100 Schritte, die Tiefe 150 Schritte misst; die äussere durch
ein dünnes Mauerwerk von der innern gesonderte Abtheilung
scheint von einer Säulenstellung umgeben gewesen zu
*) F. M ü n t e r , der Tempel der himmlischen Göttin zu Paphos. Zweite
Beilage zur Religion der Karthager mit 4 K. Tafeln u n d einer arch. E r klärung
von G. H e t s c h . Kopenhagen 1824.