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 ,  wie  sich  auch  an  einer  Filiale  dieses  Klosters,  
 welches  unferne  von  Prodromo  liegt,  und  zur  „Mutter  Gottes  
 von Trooditissa“  (Panagia tu  Trooditissa) heisst,  die  retrograde  
 Bewegung  mehr  als  die  progressive  offenhart. 
 Es  ist  der Weg  von Prodromo  nach  diesem  Bergkloster  
 eine  der  angenehmsten  Partien  der  Inse l,  die  ich  streckenweise  
 mehrmals  gemacht  habe.  Man  wandelt  oder  reitet  zwar  
 auf  sehr  ungeebneten,  steinigen  Pfaden,  aber  dieselben bieten  
 fortwährend  den Beiz  der Waldvegetation im Gegensatz zu schönen  
 F ernsichten dar.  Dazu kommt  noch, was  sonst  fast  überall  
 fehlt,  das  Wa sser,  das  in  jedweder  der  Schluchten,  die  man  
 überschreitet  ein  rauschendes  Bächlein  bildet,  und  zuweilen  
 sogar  brausend  über  Felsen  stürzt.  Man  fühlt  sich  in  dieser  
 Umgebung  so  heimisch,  dass  man  die  hunderte  von  Meilen  
 vergisst,  die  Einem  von  den  geliebten  Bergland Oesterreichs  
 trennen. 
 Die  Täuschung  vollendet  die  Vegetation,  wo  sich  unter  
 mehreren  heimischen  Kräutern  und  Moospolstern  sogar  eine  
 unsere  Voralpen  charakterisirende  Pflanze  die  niedliche  Pin-  
 guicula  crystallina  Sm . ,  eine  Schwesterpflanze  unseres  Alpenfettkrautes, 
   findet. 
 Nur  die  schöne  Quercus  alnifolia  Kot . ,   die  sich  hier  zu  
 baumartiger  Grösse  emporschwingt,  sowie  die  rothlackirten  
 Stämme  der  mit  weissen  Blüthenbüschel  überschütteten  Ar-  
 butus Andrachne L.  entheben Einen von  dem  Irrthume,  dem man  
 sich  so  gerne  hingeben  möchte. 
 Sieht  schon  das  Kloster  Trooditissa  einer  schmutzigen  
 Rump.elkammer  gleich, wo nur  die Unfläthigkeit mit Behäbigkeit  
 weilt,  so  ist  seiner Filiale  der Panagia  sicherlich kein  besseres,  
 eher  ein  traurigeres  Los  zugefallen.  An  diesen  nunmehr  zur  
 Ruine  gewordenen  Gebäuden,  wo  ich  so  gerne  verweilte,  
 weil  sie  einen  der  schönsten  Punkte  für  eine  im  europäischen  
 Style  ausgeführte Ansiedlung  geben  würden,  sind  die Klosterzellen  
 längst  verödet  und  zu  einem  Zufluchtsorte  der  hier  
 weidenden  Thiere  geworden.  Die  K irc h e ,  zwar  noch  mit  
 einem  Dache  und  einer  Thüre  versehen,  ist  schon  seit  geraumer  
 Zeit  ihrer  Ornamente  beraubt  und  in  unbrauchbaren  
 Zustand  versetzt.  Der  ehemalige  G a rten ,  von  dem  noch  
 einige  kümmerlich  vegetirende  Fruchtbäume  Zeugenschaft  
 geben,  sowie  der  daranstossende  Acker  sind  zur  mageren  
 Weide  geworden.  Mit  dem  Aufhören  der  Einwirkung  der  
 menschlichen  Hand  hat  rings  umher  die  Wildniss  Platz  gegriffen. 
   Das  einst  wahrscheinlich  von  einem  halben  Dutzend  
 fleissigen Mönchen  bebaute Land  gibt  gegenwärtig  kaum  eben  
 so  viel R indern genug Nahrung.  Eine  mit  vieler Mühe weit h ergeführte  
 Wasserleitung,-welche  von  der  sogenannten F rankenquelle  
 das  beste Wasser  der Insel  dem Kloster  zuführte,  ist fast  
 zur  Unkenntlichkeit  verfallen.  So  folgen  nicht  nur  hier,  sondern  
 an  vielen  Orten  der  Insel  auf  den Mangel  an  Thätigkeit  
 und  Fleiss  in  der  Bebauung  des  Bodens  eine  solche  Verwilderung, 
   von  der  man  sich  mit  Ekel  wegwendet,  und  
 deren  Fortschreiten  nur  durch  eine  neue Bevölkerung  Einhalt  
 gethan  werden  kann.  — 
 So  hat  denn  auch  das Dorf  von Prodromo  viel  zu wenig  
 Ackerland,  um  auch  nur  die  Bewohnerschaft  von  20 Häusern  
 hinlänglich  zu  ernähren,  und  dennoch  lungert  man  bei  dem  
 ärmlichen Verdienste  des Wollenspinnens  lieber  hin,  und  vertändelt  
 die  Zeit,  als  dieselbe  auf  die  Zubereitung  des  Bodens  
 zu  verwenden,  der  hier  wie  Beispiele  zeigen,  eben  nicht  undankbar  
 ist.  Es  ist wahr,  der  schlecht  genährte  Grieche  verträgt  
 keine  anstrengende  Arbeit,  aber  wo  keine  Arbeit,  ist  
 auch  kein  Brod,  und  so  rächt  sich  die  Faulheit  der  Leute  
 durch  das  Unvermögen,  und  erhält  sie  in  Noth  und  
 Kümmerniss. 
 Wer  möchte  es  glauben,  dass  hier  in  vielen  Häusern  
 die  Woche  nur  2  bis  3  Mal  gekocht wird,  während in  unseren  
 Dörfern  des  Gebirges,  wo  nicht  Uebervölkerung  herrscht,  
 durchaus  kein Mangel Platz  greift,  im  Gegentheil  nicht  selten  
 ein  gewisser  Grad  von  Behäbigkeit  zu  erkennen  ist. 
 Die  Felder  von  Prodromo  beschränken  sich  auf  die  
 nächste  Umgebung  der  Häuser,  lassen  sich  gut  bewässern,  
 und  wären  jedenfalls  einer Ausdehnung  fähig,  wenn  man  den  
 Boden  von  Steinen  reinigen  und  das  wuchernde  Gestrüpp 
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