7. L a p i t h o s , Ke ry n e i a .
Zu den eigentümlichsten Ueberbleibseln einer grauen
Vorzeit, durch Einfachheit und Seltsamkeit der Bauwerke
ausgezeichnet, gehören die Ruinen der ehemals umfangreichen
Stadt Lapithus (^dan^og), Sie beginnen unmittelbar östlich
von den Klostergebäuden von Acheropithi, ziehen sich eine
Strecke hart am Meere fort und gehen querfeldeinwärts, indem
sie sich unter dem bebauten Ackerland verlieren.
Ansicht eines Theiles der Rainen von Lapithus.
Abgesehen von einem verfallenen aus Quadern aufgeführten
thurmähnlichen Gebäude, das vielleicht als Wartthurm
der fränkischen oder venezianischen Zeit seine EntstehungO
v erd an k t, ist der übrige Theil der Stadt nur ein wellenförmiges
Schuttfeld, au f welchem Säulentrümmer, Mosaikstücke
, Glas- und Thonscherben bunt unter einander liegen.
Da der Boden seiner brauchbaren Bausteine wegen, die aus
dem Schutte herausgegraben werden, nach allen Richtungen
durchwühlt ist, so träg t der Ort ein wüstes Ansehen. Dazu
tragen überdies nicht wenig die über dem Erdreich hervorragenden
behauenen Felsen und die unterirdisch in denselben
befindlichen Gemächer bei. Die Phantasie hat hier einen
grossen Spielraum aus den einander gegenüberstehenden
Felsmauern und Thurmcolossen mit ihren Nischen, Treppen,
Thor- und Fensteröffnungen und den in ihnen eingelassenen
Vertiefungen zur Aufnahme von Balken die seltsamsten Wohnungen
für Götter und Menschen herauszufinden. Ein Blick
au f beifolgendes Bild mag sie in dieser Operation u nterstützen.
Wie nach dem Brande eines durch Oertlichkeit unregelmässig
aufgeführten Gebäudes die übrig gebliebenen nackten
Mauern die seltsamsten Combinationen ihrer ehemaligen Verbindungen
zulassen, so ist es auch hier, nur wird m an 'n a ch
allseitiger genauer Betrachtung dieser sowohl von Aussen
als von Innen bearbeiteten und behauenen Felsmassen in
den wenigsten Fällen über den einstmaligen Zusammenhang
und die Bestimmung des Baues ins Reine kommen.
Ohne Zweifel hat zu dieser Sonderbarkeit das von der
Natur Geschaffene mit dem durch die Menschenhand Hervorgebrachten
zu vereinen, die Beschaffenheit des Terrains und
die nicht sehr schwierige Bezwingung der Gesteinsmassen
durch den Meissei wesentlich beitragen.
Wir sehen uns hier wieder auf den feinkörnigen, schwer
verwitterbaren, jüngsten Meeressandstein v e rse tz t, aus dem,
wie bereits vielfach erwähnt, alle grossen Bauten auf der
Insel ausgeführt sind. Das Ungewöhnliche besteht nur darin,
dass einzelne thurm- und mauerförmige Hervorragungen sich
isolirt über die horizontalliegenden Schichten erhoben und
diese nicht selten obendrein innere Ausweitungen und Höhlungen
besassen. Es war daher eine ganz natürliche Aufgabe
an die ersten Bewohner dieser Gegenden gestellt, das
von der Natur zu ihrem Schutze bereits halbfertig Dar-
geboiene zu erweitern und zu vollenden. Daher wurden begreiflicher
Weise einerseits die natürlichen Höhlungen ver-
grössert und in regelmässigere Formen gebracht, anderseits