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 zu  winden.  Die  Zweige  zu Reifen  zusammengebogen  
 und  mit  weissen  Baumwollbändern  und  Füttern  umwickelt  
 stellten  die  ländlichen  Hochzeitskränze  dar ,   denn  nicht  wie  
 bei  uns  die  Braut  allein,  sondern  auch  der  Mann  wird  nach  
 griechischem  Ritus  bekränzt. 
 Sehr  seltsam  nahm  sich  statt  dem  Altäre  ein  Tisch  
 (TQccTti^a.)  mitten  in  der  Stube  au s,  worauf  ein  Wachslicht  
 stand  und  ein  kleiner  Laib  Brod  auf  einem  Teller  lag.  Ein  
 aufgeschlagenes  Buch  daneben  und  ein  Bündel  geistlicher  
 Gewänder  deuteten  an,  dass  vor  demselben  die  Trauung vollzogen  
 werden  sollte. 
 Bisher  hatten  wir  wie  die  anderen  honorigen Gäste  und  
 die  sechs Priester,  die  später  alle  zu  thun  bekamen,  auf Strohstühlen  
 um  den  improvisirten  Altar  Platz  genommen.  Nachdem  
 die  beiden  Kränze  bereit  lag en ,  soüte  ein  schreckliches  
 Gedudel  au f  der  Violine  den  Beginn  der  heiligen  Handlung  
 andeuten.  Jed e r  Anwesende  erhielt  eine  schwefelfadendicke  
 Wachskerze  und  nun  brannten  im  Nu  30—40  L ich ter,  dabei  
 war  ein  solches  Hin-  und  H e rd rän g en ,  dass  ich  mit  Grund  
 besorgte,  die  Gäste  würden  sich  gegenseitig  zu  flammenden  
 Hochzeitsfackeln  umwandeln. 
 Je tz t  hob  der  Wechselgesang  der  Priester  a n ,  wobei  
 Braut  und  Bräutigam  erstere  links,  letzterer  rechts  vor  den  
 Tisch  traten.  Von  der  ordinären Hausmontur  der Geistlichen  
 stach  der  festliche  Schmuck  der  Brautleute  sehr  a b ,  nur  
 konnte  ich  mir  nicht  erklä ren,  was  ein  zusammengelegtes  
 Tuch  über  der  rechten  Schulter  des  Bräutigams  für  eine  Bedeutung  
 hatte.  Beide Kränze wurden  sofort um  das Brod  gelegt  
 und  der sechste Priester,  ein Fremder,  während  die  fünf ändern  
 dem  Dorfe  selbst  angehörten,  sprach  nun  G eb ete,  die  von  
 den  übrigen  Priestern  beantwortet  wurden.  Auf  einmal  erschienen  
 drei  Ringe  auf  dem  Tische,  mit  welchen  die  Brautleute  
 über  Kopf  und Brust  auf  die  seltsamste Weise  bekreuzt  
 wurden,  bis  endlich  dem  Manne  zwei  Ringe,  der  Braut  ein  
 Ring  auf  den  Ringfinger  angesteckt  wurden.  E rst  je tz t  fand  
 es  ein  Priester  der  Mühe  werth,  sich  mit  einer  Art  grossblumigen  
 Vespermantel  und  Stola  zu  bekleiden  und  das  alle  
 gottesdienstlichen  Handlungen  begleitende  Raucbgefäss  in  die  
 Hand  zu  nehmen.  Bald  umhüllten  die  beiden  auf  dem Tische  
 liegenden  Hochzeitskränze  eine  Rauchwolke,  allein  dieses  
 glorreichen  Schicksales  sollten  auch  die  übrigen  lebenden  
 Wesen  der  Stube  theilhaftig  werden,  und  so  waren  wir  denn  
 bald  alle  sammt  und  sonders  wie  in  einer  Fleischselche  einander  
 kaum  sichtbar  geworden.  Dass  es  hiebei  auf  uns  
 Fremde  ganz  besonders  abgesehen wurde,  lässt  sich  d en k e n ;  
 ich  kann  wenigstens  für mich  behaupten,  dass  mir  in  meinem  
 ganzen  Leben  nie  so  viel  Weihrauch  gespendet  wurde. 
 Nachdem  nun  wieder  längere  Gebete  mit  näselnder  
 Stimme  gesprochen  wurden,  die  manchmal  gar  kein Ende  zu  
 nehmen  schienen,  musste  auch  der  grosse  Foliant  herhalten  
 und  in  der  Form  grösser  Kreuze  über  die  Köpfe  der  zu  
 Trauenden  hinwandeln,  worauf  denn  die  Bekränzung  folgte. 
 Das  Ding  schien  aber  kein  Ende  nehmen  zu  wollen,  
 denn  je tz t  fing  erst  die  Communion  a n ,  wobei  aus  dem  vorhandenen  
 Brode  drei Stücke  aus  der Mitte  des  Laibes  herausgeschnitten  
 in  Wein  getaucht  den  beiden  Brautleuten  verabreicht  
 wurden.  Das  dritte  Stück  erhielt  der Vater  der  Braut.  
 Dabei  wurde  eben  so  der  Wein  vertheilt. 
 Da  ich  g lau b te ,  dass  damit  die  Haupthandlung,  die  
 bereits  mehr  als . anderthalb  Stunden  d a u e rte ,  vorüber  war,  
 und  ich  unmöglich  dieser  geistlosen Ceremonie  mehr  zusehen  
 konnte,  entfernte  ich  mich,  was  um  so  weniger  störend  geschehen  
 konnte,  als  während  der  ganzen  Handlung  fortwährend  
 Unruhe  und  Lärm  unter  den  Anwesenden  stattfand,  
 die  sich  so  b e tru g e n ,  als  wären  sie  auf  der  Strasse.  Der  
 B rau t,  die  während  der  ganzen  Zeit  ihre  Augen  kaum  aufzuschlagen  
 wagte,  mochte  es  nicht  weniger  unangenehm  gewesen  
 sein  so  lange  auf  der  Folter  gelegen  zu  h ab en ,  und  
 ich  wünsche  ihr,  dass  das  Band,  zu  dessen  Webe  Hymen  so  
 lange  Zeit  brauchte,  durch  Amor  in  viel  k ürz ere r  Frist  zu  
 einem  unauflöslichen  Stricke  zusammengedreht  werde. 
 Nicht  unerwähnt  kann  ich  es  lassen ,  dass  während  
 meiner  Anwesenheit  bei  dieser  Trauung  es  mehrmals  über 
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