
 
		176 Auf  der  Insel  Sumatra 
 betrug  (nur wenige Meilen  südlich vom Äquator entfernt!).  Abends  
 wurde  ich  in  die  schöne,  luftige  Veranda  hinausgetragen,  wo  ich  
 den  freien  Blick  in  den  üppigen  Garten  genoß  und  in  der  liebenswürdigen  
 Familie Delprat die angenehmste Unterhaltung fand. Zwei  
 wißbegierige  Töchter,  von  vierzehn  und  sechzehn  Jahren,  ließen  
 sich ebenso wie ihre hochgebildeten Eltern  gern über meine zoologischen  
 und  botanischen  Interessen  unterrichten;  an  manchen Abenden  
 hielt  ich  auf  ihren  Wunsch  längere  biologische  Vorträge,  wobei  
 die Abbildungen in meiner  „Natürlichen  Schöpfungsgeschichte“  
 und  meinen  „Kunstformen  der  Natur“  den  Anschauungsunterricht  
 förderten.  Ich  selbst  hingegen  genoß  reiche  Belehrung  aus  den  
 interessanten Erzählungen, welche mir Herr  und  Frau Delprat über  
 die  vielen  Erlebnisse  und  Abenteuer  während  ihres  vielbewegten  
 zwanzigjährigen  Aufenthalts  in  Insulinde  spendeten;  sowohl  mit  
 verschiedenen  Teilen  von  Sumatra  als  von  Java  wurde  ich  dadurch  
 näher  bekannt. 
 Unter  den  mancherlei  freundlichen  Besuchen,  welche  abends  
 (zwischen  7  und 9 Uhr)  kamen, war mir der angenehmste  und  lehrreichste  
 derjenige  unseres  deutschen  Konsuls  in  Padang,  eines  geborenen  
 Wieners,  namens  Sch ild.  Derselbe  ist  nicht  nur  ein  tüchtiger  
 und mit  den  Handelsverhältnissen  von  Insulinde wohlvertrauter  
 Kaufmann,  sondern  auch  ein  begeisterter  Naturfreund  und  eifriger  
 Sammler,  besonders  von  zoologischen  Objekten;  dabei  ein  
 höchst  gefälliger  und  freundlicher  Mann.  Meinen  Wünschen  entgegenkommend, 
   war  er  bemüht,  während  meines  Aufenthalts  in  
 Padang  eine  Sammlung  der  charakteristischen  Säugetiere  von  Sumatra  
 mir lebend vorzuführen: Affen und Halbaffen,  das Kantschil  
 oder  Zwergmoschustier,  ferner  große  Landschildkröten  und  andere  
 Reptilien,  sowie  zahlreiche  wirbellose  Tiere.  Auch  eine  wertvolle  
 Sammlung  von  Schädeln,  Korallen  und  Conchylien  erhielt  ich  zum  
 Geschenk  für  unser  zoologisches  Museum  in  Jena.  Am  Tage  vor  
 meiner Abreise konnten  für  das  letztere  im  Hause des  Herrn  Schild  
 acht Kisten mit Sammlungen verpackt werden. 
 Auch  mein  Wunsch,  die  wilden  Einwohner  der  Sumatra  westlich  
 vorgelagerten  Inselkette  kennenzulernen,  wurde  durch  Herrn  
 Konsul  Schild  erfüllt.  Eines Tages brachte  er  ein paar Mentawei-  
 Insulaner  von  der  Insel  Siberut,  die  er  selbst  einmal  besucht  hatte.  
 Die  wilden  braunen  Kerle  waren  ganz  nackt,  mit  Ausnahme  eines  
 kleinen  Lendenschurzes,  am  ganzen  Körper  zierlich  tätowiert;  die  
 langen  Haare  schwarz  und  straff.  Um  den  Hals  trugen  sie  Ketten  
 von Glasperlen.  Im  kräftigen  Körperbau  und  in  den Gesichtszügen  
 wichen  sie  von  den  gewöhnlichen  Malaien  beträchtlich  ab. 
 Ha e c k e l   •  Krakatau 
 Aus  Insulinde  (Java)