
 
		Samen  mit  ein  paar  Flügeln  gleich  dünnem  Seidenpapier  eingeschlossen. 
 Wenn  wir  nun  von  unserer  Wohnung  eine  kurze  Wanderung  
 durch  den  herrlichen Garten  antreten,  so  kommen wir  auf  der  großen  
 Fahrstraße  links  zunächst  in  das  alte  Quartier  der  Lianen,  in  
 welchem  Schling-  und  Kletterpflanzen  der  verschiedensten  Art  ihr  
 tolles  Wesen  treiben;  von  einem  Riesenbaum  auf  den  andern  steigend, 
   würden  sie  bald  ein  undurchdringliches  „Dschungel“   schafmen  
 fen,  wenn  nicht  das  Messer  des  Gärtners  beständig  Lufträume  zwischen  
 ihnen  freihielte.  Allen  voran  stehen  die  merkwürdigen  Ro-  
 tangpalmen  (Calamus),  deren  dünne,  kletternde  Stämme  das  
 „Spanische  Rohr“  für  unsere  geflochtenen  Sessel  liefern;  sie  werden  
 mehrere  hundert  Fuß  (im  Urwald  sogar  über  tausend  Fuß)  
 lang.  Die mit Widerhaken  besetzten  Ruten,  welche  von  den Mittelrippen  
 ihrer  schön  geschwungenen  Fiederblätter  ausgehen,  angeln  
 uns  beim  Besuche  dieses  Dickichts  die  Hüte  vom  Kopfe  und  zerreißen  
 unsere Kleider.  Furchtbar bewaffnet  ist  namentlich Daemo-  
 norops. 
 Gehen  wir  nun  durch  die  herrliche  Allee  von  hohen  Fächerpalden  
 (Livistona)  an  der  Westseite  des  Gartens  nach  Norden,  so  
 treffen  wir  rechts  die  sonnige  Parkanlage  des  Rosengartens,  in  
 dessen  Mitte  eine  Granitsäule  das  Andenken  an  den  hochverdienten  
 Teijsmann  lebendig  erhält.  Das  hohe  Bambusgebüsch  im  Hintergründe  
 beschattet,  Trauerweiden  ähnlich,  den  Begräbnisplatz  der  
 Generalgouverneure  und  ihrer  Familienmitglieder.  Eine  stattliche  
 Allee  von  weißstämmigen  Königspalmen  (Oreodoxa  regia)  führt  
 weiterhin  zum  Palais  des  Generalgouverneurs  mit  seiner  stolzen  
 Säulenhalle und  seinem Kuppelbau.  Aus  dessen  Park führt nördlich  
 eine  Allee  von  mächtigen  Waringinbäumen  nach  der  großen  Poststraße  
 hinüber;  jeder  von  diesen  kolossalen  Feigenbäumen  (Ficus  
 benjaminea)  stützt  sich  auf  zahlreiche  Luftwurzeln  und  bildet  eine  
 Halle  für  sich.  Obgleich  die  beiden  Baumreihen  der  breiten  Allee  
 weit  auseinander  stehen,  stoßen  ihre  mächtigen,  horizontal  von  
 den  Stämmen  abgehenden  Äste  doch  in  der, Mitte  zusammen  und  
 bilden  ein  dichtes  Schattendach. 
 Der  groß e  T e ich ,  welcher  sich  südlich  vom  Regierungspalaste  
 ausdehnt  und  oben  in  zwei  Arme  gespalten  ist,  bietet  eines  der  
 schönsten  Landschaftsbilder  im  Garten.  Seine  spiegelnde  Fläche  
 ist  teils  mit  den  stacheligen  Riesenblättern  und  weißen  Blumenkronen  
 der  Victoria  regia  bedeckt,  der  gewaltigsten  aller  Seerosen,  
 teils  mit  den  schönen  Blüten  des  mythischen  Lotos  (Nelumbium  
 speciosum), teils mit Seerosen (Nymplwea) von verschiedener Farbe.  
 In  der  Mitte  des  Teiches  schwimmt  eine  kleine  Insel,  die  wohl  das  
 farbenreichste  Palmenbukett  bildet,  das  man  sich  denken  kann.%  
 Über  bunten  Büschen  von  Croton,  Acalypha  und  Codiaeum  erheben  
 sich  die  schlanken  Stämme  der  zierlichen,  roten  Pinang-  
 . palmo  (Cystostachys  rendah);  ihre  scharlachenen  Blattstiele  und  
 Blattscheiden  leuchten  schon  von  weitem  aus  dem  dunkeln  Laubund  
 Astgewirr  hervor,  während  die  Liane  Thunbergia  grandiflora  
 sich  mit  ihren  großen,  violetten  Blumenglocken  überall  durchwindet. 
   Unter  den  zahlreichen  Bäumen,  welche  die  Ufer  des  großen  
 Teiches  säumen,  fällt  einerseits  die  hochstämmige  Ravenala  mada-  
 gascariensis  auf,  mit  ihrer  fächerförmigen,  in  einer  Ebene  senkrecht  
 stehenden  Blätterkrone;  andererseits  die  afrikanische  Kigelia  
 pinnata,  der  seltsame  „nubische  Derwischbaum“  —   oder  besser  
 .„Leberwurstbaum“  —   denn  von  den  schön  geschwungenen  Zweigen  
 seiner  breiten  Krone  hängen  an  meterlangen  Schnüren  Tausende  
 von  großen  Früchten  herab,  die  äußerlich  an  Gestalt,  Größe  
 und  Farbe  täuschend  einer  appetitlichen  Braunschweiger  Leberwurst  
 gleichen;  sie  sind  3o— 4o  Zentimeter  lang,  8— 10  Zentimeter  
 dick  und mehrere  Pfund  schwer.  Versuchen  wir  sie  anzuschneiden