
 
		durch  Destillation  einer  sehr  aromatischen  Lippenblume:  Po-  
 gostemon  patschuli.  An  einem  sehr  anmutigen,  rings  von  mächtigen  
 Bäumen  umstellten  und mit  Schlingpflanzen  bekränzten  Plätzchen  
 im nahen Walde nahmen wir  das mitgebrachte Frühstück ein.  
 Neben  blühenden  Orchideen  sahen  wir  hier  besonders  hübsche  
 Kannenpflanzen  (Nepenthes);  an  ihren  Blattspitzen  hingen  zierliche  
 kleine  Kannen  von  'der  Form  eines  Bierseidels mit Deckel;  in  
 dem  Wasser,  welches  die  Kännchen  zur  Hälfte  füllte,  waren  die  
 Leichen  zahlreicher Ameisen  und  anderer  Insekten  angehäuft,  welche  
 diese  „insektenfressenden  Pflanzen“  fangen  und  verdauen. 
 Am  Nachmittag  besuchten  wir  die  einige  Meilen  entfernte  Kuhfarm  
 („Cattle  Estate')  Tampenis.  Die  2Öo  Kühe,  welche  auf  
 dieser  Farm  gehalten  werden,  sind  die  einzigen  Lieferanten  einer  
 größeren  Quantität  frischer  Milch  für  Singapur.  Gegen  Abend  
 ging’s  dann  noch  hinab  nach  der  Meeresküste,  wo  wir  über  die  
 Johorestraße  hinüber  die  Insel  Pulo  Obin  sahen,  im Hintergründe  
 die  blauen  Berge  von Malakka.  Bei  der  Fahrt  durch  das Dschungel  
 erfreute  uns  eine  Herde wilder  Affen  durch  ihre munteren Sprünge  
 von  Baum  zu  Baum  und  die Turnkünste  an  den  dazwischen  ausgespannten  
 Lianentauen.  Von  unbeschreiblichem  Zauber  war  die  
 Rückfahrt  durch  den  Wald;  die  glitzernden Mondlichter,  von  den  
 glatten  Flächen  der  großen,  lederartigen  Baumblätter  reflektiert,  
 wetteiferten  an  Glanz  mit  den  Lichtfunken,  welche  unzählige  fliegende  
 Leuchtkäfer  durch  das  geheimnisvolle  Dunkel  des  Dickichts  
 warfen.  Der  tausendstimmige  Gesang  von  großen  Zikaden  und  
 Grillen,  gemischt  mit  den  geheimnisvollen  Locktönen  anderer  Insekten  
 und den  reinen Glockentönen von Laubfröschen, war so laut,  
 daß  wir  unsere  Worte  kaum  verstehen  konnten.  Dann  und  wann  
 flog  geisterhaft  eine  riesige  Fledermaus  über  die  Baumgipfel  oder  
 ein  Flederhund  von  fußlangem  Körper  (Pteropus).  J 
 Nicht  minder  reizvoll  war  der  Ausflug  nach  Johore  (sprich:  
 Dschohore).  Die  zweistündige  Wagenfahrt  am  frühen  Morgen  
 brachte  uns  nach  einem Dorfe  an  der Nordküste  der  Insel, welches  
 der  Residenz  des  Sultans  gegenüberliegt.  Die  Überfahrt  nach  der  
 letzteren  über den  schmalen Meeresarm  (wenig breiter  als  dér Rhein  
 bei  Köln)  geschah  in  einer  Ruderbarke  des  Sultans,  welche  dessen  
 Leibarzt,  Dr.  Calloway,  durch  Vermittelung  von  Dr.  Hanitsch  zur  
 Verfügung  gestellt  hatte.  Diesen  Herren  verdanke  ich  auch  die  
 freundliche  Aufnahme,  welche  ich  in  Johore  bei Dato Hole  fand,  
 dem  englischen Minister  des  Sultans.  Er  bewirtete  uns  im  dortigen  
 Rasthause  und  fuhr  uns  dann  nach  seinem  Landhause,  ein  paar  
 Meilen  von  der  Küste  entfernt,  auf  einem  Hügel.  Der  Blick  von 
 hier  umfaßt  einen  großen  Teil  von  dem  südlichsten  Gebiete  des  
 ausgedehnten  Fürstentums;  Pflanzungen  verschiedener  Art  und ansehnliche  
 Wälder wechseln mit weiten  Strecken unkultivierten Landes. 
   Der  natürliche  Reichtum  dieses  Malakkagebietes  wird  erst  
 ganz  erschlossen  werden,  wenn  die  Engländer  die  im  Bau  befindliche  
 Eisenbahn  von  Singapur  bis  Penang  vollendet  und  sich  damit  
 faktisch  zu  Herren  auch  dieses  Landes  gemacht  haben  werden.  
 Jetzt  sind  noch  Tiger  (von  denen  wir  ein  schönes,  kürzlich  lebend  
 gefangenes  Exemplar  in  Johore  sahen),  Leoparden  und  andere  
 Raubtiere  zahlreich  in  den  nächsten Wäldern  zu  finden.  Dato Hole  
 erzählte  uns,  daß  er  die  Spuren  ihres  nächtlichen  Besuches  häufig  
 in  seinem  Garten  beobachte,  daß  er  auch  ihre  Stimmen  nachts  in  
 nächster  Nähe  höre,  ebenso  wie  das  Geheul  großer  Scharen  von  
 Affen.  Unter  den  lebenden Affen, welche  er in  seinem Garten  hielt,  
 interessierte  mich  besonders  ein  schönes  Exemplar  des  weißhändigen  
 Gibbon  (Hylobaies  lar);  die  Grazie,  mit welcher  dieser  langarmige  
 Menschenaffe  Früchte  verzehrte  und  auf  Stangen  Seiltänzerkünste  
 übte,  war  bewunderungswürdig. 
 Einige  sehr  genußreiche  Tage  verbrachte  ich  in  dem  schönen  
 b otanischen  Garten  von  S in g ap u r ,  der  wegen  seiner  ausgedehnten. 
   reizvollen  Parkanlagen  zugleich  das  beliebteste  Ziel  kurzer  
 Ausflüge  in  der  Nähe  der  Stadt  ist.  Jeden Nachmittag  ist die  schattige, 
   dorthin  führende  Straße,  der  schöne Orchard-Road,  von  zahlreichen  
 Equipagen  belebt.  Das  hügelige  Terrain  des  Gartens  ist  
 sehr  geschickt zur Anlage mannigfaltiger Baumgruppen  und Buschpartien  
 benutzt;  in  den tieferen Teilen finden sich auch einige kleine  
 Wasserbecken,  von  großblumigen  weißen,  blauen  und  roten  Seerosen  
 und  Lotos  bekränzt  (Nelumbium  speciosum,  Nymphaea  stel-  
 lata.  u. a.).  Eine  kleine  Insel  in  einem  dieser  Teiche  bildet  ein  anmutiges  
 Palmenbukett,  von  einem  lichtgrünen Kranze des  reizenden  
 Gleichenia-Farns  umschlungen.  Besonders  interessant  aber  ist  ein  
 ansehnliches  Stück  des  Gartens,  in  welchem man  die  freie Tropennatur  
 ganz  sich  selbst  überlassen  hat;  da  wächst  alles  wild  durcheinander. 
   Mächtige  Kletter-  und  Schlingpflanzen  aller  Art  winden  
 sich  um  die  gewaltigen  Baumriesen,  die  dicht  mit  Farnen,  Orchideen  
 und  anderen  Epiphyten  überzogen  sind.  Dié  zusammengebrochenen  
 Stämme  der  alten  abgestorbenen  Bäume  bleiben  unberührt  
 liegen  und  dienen  als'Wohnstätte  anderer  junger  Pflanzen,  
 die  sich  auf  ihnen  ansiedeln;  unzählige  Insekten,  Käfer,  Ameisen,  
 Termiten  u. a.  finden  auf  den  vermodernden  Pflanzenteilen  ihre  
 Nahrung.  Das  undurchdringliche  Gewirr  der  durcheinandergewachsenen  
 Lianen,  besonders  der  schon  oben  genannten  berüchtig