
 
		ganzen  Pracht  der  Tropenflora  prangend  und  von  den  originellen  
 Pfahlbauhütten  und  Dörfern  der  malaiischen  Fischer  belebt,  ist  
 wunderschön.  Unser  Schiff  legte  am  Borneo-Wharf,  direkt  am  
 Kai  des  „Norddeutschen  Lloyd“ ,  an;  unter  den  Europäern,  die  dort  
 zum  Empfange  der  ankommenden  Passagiere  bereit  standen,  begrüßten  
 mich zwei  alte Freunde,  der deutsche Konsul Herr Esclike  
 und  mein  früherer  Schüler  und  Assistent  in  Jena,  Dr.  Hanitsch  
 aus  Eisenberg,  seit  sechs  Jahren  Direktor  des  Raffles-Museums  in  
 Singapur  und  Kurator  der  damit  verbundenen  öffentlichen  Bibliothek. 
   In  seiner  Amtswohnung  fand  ich mehrere  freundliche  Zimmer  
 zu  meinem  Empfange  hergerichtet.  Ich  hatte  beabsichtigt,  in  
 Singapur  nur wenige  Tage  zu  verweilen,  wie  es  die meisten  Indienreisenden  
 tun,  fand  aber  in  der merkwürdigen  Stadt  so  viel  Interessantes, 
   und  von  meinen  dortigen  Freunden  wurden  mir  so  viel  
 lehrreiche  Exkursionen  geboten,  daß  ich  volle  sechzehn  Lage  ihrem  
 Studium  widmete. 
 A u f   der   I n s e l   S in g a p u r 
 Die  hohen’Erwartungen,  mit  denen  ich  „die  Königin  der  Malakkastraße“ 
   betrat,  wurden  durch  die  nähere  Bekanntschaft  
 mit  ihr  noch  bedeutend  übertroffen.  Indessen  ist  „Singapura“ ,  
 die  gewaltige  „Löwenstadt“ ,  neuerdings  so  oft  und  so  ausführlich  
 geschildert worden,  daß  ich mich  auf  eine  kurze Mitteilung meiner  
 persönlichen  Eindrücke  beschränken  will.  Der mächtigen, mehrere  
 Meilen  betragenden  Ausdehnung  der  Stadt  entspricht  der  riesige  
 Umfang  des  vortrefflichen  Hafens,  eines  der  größten  und  besten  
 der  Welt;  er  ist  groß  genug,  um  sämtlichen  Flotten  Europas  in  
 seinem  Schoße  Schutz  zu  gewähren.  Während  der  nördliche  
 Schutzwall  des  langgestreckten  Beckens  von  der  Südküste  der  Insel  
 Singapur  selbst  gebildet  wird,  erscheint  die  südliche  Umfassungsmauer  
 aus  einer  langen  Kette  kleiner  Inseln  zusammengesetzt;  bloß  
 die  nächstgelegenen sind  noch  in  englischem,  die übrigen  in holländischem  
 Besitz.  Als  im  Jahre  1819  der  englische  Gouverneur  Sir  
 S tam fo rd   R a f f le s   um  eine  geringe  Summe  dem  Sultan  von  
 Johore  die  Insel  Singapur  und  die  gegenüber  liegenden  kleinen  Inseln  
 abkaufte,  hatte  er  mit  weitsehendem  Scharfblick  die  außerordentliche  
 Bedeutung erkannt,  welche  dieser Platz  als  der bequemste  
 und  kürzeste  Durchgangsweg  für  den  westöstlichen  Verkehr  
 zwischen  Indien  und  China  gewinnen  mußte.  Sieben  Jahre  nach  
 der  englischen  Besitzergreifung  zählte  der  Freihafen  Singapur  nur  
 i 3ooo  Bewohner,  im  Jahre  i 865  bereits  90000  und  jetzt  über  
 200000.  Mehr  als  drei  Viertel  davon  (160000  Einwohner)  sind  
 Chinesen,  unter  dem  übrigen  Viertel  befinden  sich  etwa  3oooo  
 Malaien,  10000 Hindus  und Tamilen,  aber nur  ungefähr  3ooo Europäer. 
 Zurzeit  lagen  im  Hafen  von  Singapur  über  ein  Dutzend  Kriegsund  
 große  Truppentransportschiffe,  englische  und  deutsche,  französische  
 und  russische  —   das  größte  von  allen  ein  neues  japanisches  
 Panzerschiff,  soeben  von  London  angekommen,  angeblich  
 das  größte  von  allen  bisher  gebauten  Schlachtschiffen.  Aber  auch  
 unter  den  zahlreichen  Passagier-  und  Frachtdampfern  verschiedener  
 europäischer  Nationen  befanden  sich  viele mächtige  Fahrzeuge  
 ersten  und  zweiten  Ranges,  neben  Hunderten  von  kleineren;  da