
 
		am  Lande  zuzubringen.  Ich  fand  den  europäischen  Teil  von  Port  
 Said  noch  ebenso  wie  vor  neunzehn  Jahren:  schmutzige  Straßen  
 voller  Läden,  in  denen  alle  nur  denkbaren  Luxusgegenstände  der  
 modernen  Hyperkultur  feilgeboten  werden,  praktische  und  unpraktische  
 Handelsartikel  aus  drei  Weltteilen,  Photographien  der  
 schönsten  und  der  bedenklichsten  Objekte  —  dazu  ihre  lebenden  
 Originale  aus  den  verschiedensten Gesellschaftsklassen  und Rassen:  
 ebenso  Restaurants  und  Kneipen,  Café  chantants  und  Tingeltangel  
 aller  Art.  Wogegen  mir  das  Araberdorf,  welches  südlich  von  der  
 Stadt  Port  Said  sich  ausd^hnt,  diesmal  nicht  die  originellen  Szenen  
 arabischen  Beduinenlebens  bot,  an  denen  ich  mich  früher  ergötzt  
 hatte. 
 Die  Fahrt  durch  den  Su ezkana l  (für  welchen  unser  Dampfer  
 die  Kleinigkeit von  36ooo Mark Kanalzoll zu  zahlen  hatte)  dauerte  
 achtzehn  Stunden.  Ungeheure  Scharen von Wasservögeln bevölkern  
 die  Gestade  der  großen  Seen:  Flamingos  und  Pelikane,  Reiher  und  
 Wasserläufer;  wie  ein  breites,  weißes  Band  säumen  ihre  dichten  
 Reihen  die  braunen  Uferränder.  Weiterhin  gewährte  der  Wechsel  
 bunter  Farben  auf  dem  Ufersande  und  an  den  Hügeln  der Wüste,  
 in  den Wolken  des Himmels  und  ihrem  Spiegel  im Wasser manche  
 Unterhaltung. 
 Die  Fahrt  von  Suez  nach  Ceylon  dauerte  zwölf  Tage  bei beständig  
 schönem  Septemberwetter,  klarem  Himmel  und  ruhiger  See.  
 Der  erste  Tag  der  Fahrt,  durch  den  Golf  von  Suez,  erinnerte mich  
 an  meinen  Besuch  der Korallenbänke  von Tur  (1873),  welchen  ich  
 in meinem Buche  „Arabische Korallen“  beschrieben habe.  Wie  damals  
 glänzten  die hohen Gebirgsketten  an beiden Gestaden  des Golfes  
 in  den  lebhaftesten  Farben  und  kühnsten  Formen;  rechts  im  
 Westen  auf  dem  ägyptischen  Ufer  der  wilde  Djebel  Attaka,  links  
 im  Osten  die  langgestreckte  Kette  des  vielgipfeligen  Sinaigebirges  
 und  seiner  Yorberge.  Die  Abendsonne  ergoß  über  diese  großartigen, 
   öden  und  vegetationslosen  Felsengebirge  eine  glühende Lichtflut; 
   ihre  Schatten  schimmerten  lichtblau. 
 Das  Rote Meer  bewährte  in  den  vier  Tagen  unserer Durchfahrt  
 wiederum  seinen  bösen  Ruf,  die  unerträglichste  Hitze  von  allen  
 Meeresteilen  zu  besitzen.  Die Temperatur  im  Schatten  betrug während  
 des  größten  Teiles  des  Tages  und  der Nacht  zwischen  3o  und  35°  C.  (24— 28° R.);  sie wurde  dadurch  doppelt  empfindlich,  daß  
 die  schwüle  Luft  mit Wasserdämpfen  fast  gesättigt  war,  und  daß  
 keine  kühlende  Brise  uns  entgegenwehte,  wir  vielmehr  meistens  
 einen  schwachen,  mit  dem  Schiffe  gehenden  Nordwind  im  Rücken  
 hatten.  Senkrecht  stieg  daher  die  schwarze  Rauchsäule  aus  dem 
 Schornstein  gen  Himmel.  Fast  unerträglich  war  die  Hitze  unten  
 im  Maschinenraum,  wo  die  Temperatur  von  5o  auf  700  C.  stieg  
 und  die  meisten  Heizer  nach  einigen  Tagen  Arbeit  erkrankten;  sie  
 mußten  in  kurzen  Zwischenräumen  mit  Ersatzmännern  wechseln.  
 Mehrere  wurden  von  Delirium  und  Krämpfen  befallen. 
 Die  Farbe  
 des  „Roten  
 Meeres“  blieb  
 in dem größten  
 Teile desselben  
 tiefblau;  nur  
 im  mittleren  
 Teile  durchschnitten  
 wir  
 Strecken,  die  
 mehr  oder weniger  
 grün  
 oder  gelblich,  
 zum Teil selbst  
 gelbrötlich  erschienen. 
   Die  
 mikroskopische  
 Untersuschöpften  
 Wassers ergab,  
 daß  diese Färbung  
 durch  
 „monotones  
 P erid in een -  
 plankton “  
 verursacht  
 wurde,  d.  h.  
 durch  die  Anhäufung  
 ungeheurer 
 Ein  G eißelhütchen,  P erid inea  (Ornithocercus  
 magnificus) 
 Mengen  aus  der  Klasse  der  Geißelhütchen  oder  Peridineen,  
 unter  denen  sich  einzelne  Individuen  einer  Art  befanden,  welche .  
 die  Gestalt  eines  reich  verzierten  Ritterhelmes  besitzt;  oben  trägt  
 derselbe  einen  senkrechten  Flügel,  dessen  dünne Platte  durch  sechs  
 bis  acht  strahlende  Rippen  gestützt  wird;  unten  ist  die  Mündung  
 des  Helms  von  einem  doppelten  zierlichen  Halskragen  umgeben.