
 
		übereinstimmt,  erhält  sie  doch  einen  eigentümlichen  Reiz  nicht  
 nur  durch  manche  Besonderheiten  —r-  wie  hier  den  großen,  glänzenden  
 See  — ,  sondern  namentlich  durch  die  eigentümliche  Bauart  
 der Häuser und  die Tracht  ihrer Bewohner.  Insbesondere zeichnen  
 sich  die Wände  der  Pfahlbauhäuser  durch  zierliche  Bemalung  
 aus, und  die Palmblattdächer  durch  die  tief ausgeschweiften,  sattelförmigen  
 Firsten,  die  in  feinen  Spitzen  auslaufen.  Bisweilen  ist  in.  
 der Mitte des Daches ein kleines  Stockwerk mit Satteldach quer  aufgesetzt. 
   Auch  die  innere  Einrichtung  dieser  Häuser  ist  eigentümlich, 
   großenteils  bedingt  durch  die  sonderbaren  Formen  der  Familienverhältnisse  
 der  Malaien  im  Gebirge  von  Sumatra,  und  besonders  
 durch  das  seltsame  „Matriarchat“ ,  die  Herrschaft  der Frauen,  
 die  sich  hier  seit  Jahrtausenden  in  primitiver  Weise  erhalten  hat. 
 Dieses  „M a tr ia rch a t“  der  Malaien  von  Sumatra  ist  von  größtem, 
   überall  sichtbarem  Einfluß  auf  Charakter  und  Lebensweise  
 der  Eingeborenen  und  bedingt  für  sich  allein  schon  einen  auffallenden  
 Gegensatz  zu  den  Malaien  auf  Java.  Von  dem  sanften,  
 demütigen  und  unterwürfigen  Charakter  dieser  letzteren  ist  hier  
 oben  in  Sumatra  nichts  zu merken.  Dieses  wilde  Gebirgsvolk  zeigt  
 schon  äußerlich  einen  viel  trotzigeren  und  selbständigeren  Charakter, 
   und  die Unterwerfung  desselben  hat  den  Holländern  viel mehr  
 Mühe,  Blut  und  Geld  gekostet  als  in  Java.  Auf  der Nordspitze  von  
 Sumatra,  in  A t jeh   (oder  Atschin)  dauert  der  blutige Guerillakrieg  
 noch  heute  fort,  und  gerade  während  meines  Aufenthaltes  in  Pa-  
 dang  war  eben  eine  neue  Expedition  zur  Unterwerfung  eines  gefährlichen, 
   aufständischen  Häuptlings  ausgesandt worden. 
 Der wilde Charakter der Sumatraner spricht sich schon äußerlich  
 in ihren  trotzigen,  stolzen Mienen  und  in  ihrem robusten  Körperbau  
 aus,  und  zwar  bei  beiden  Geschlechtern.  Die  Javaner  erscheinen,  
 damit  verglichen,  weit  schwächer,  zarter  und  zierlicher.  Während  
 die  Javaner  ihre Lasten  gewöhnlich  an  den  beiden  Enden  eines  langen, 
   über  die  Schulter  gelegten  Bambusstabes  tragen,  balancieren  
 sie  dagegen  die  Sumatraner  auf  dem  Kopfe.  Besonders  die  Frauen  
 erlangen  dadurch  jene  stolze, malerische Haltung,  die wir  in  Italien  
 so  oft bewundern.  Die  stattlichen  Gestalten  der Mädchen  am  Sing-  
 karasee,  in  faltenreichem, bunten Gewände, Körbe  und Wasserkrüge  
 auf dem Kopfe tragend,  erinnerten mich  an  die schöne Staffage  der  
 Sabiner  Gebirgslandschaft. 
 Die wichtigste  Einrichtung  in  der  uralten  Sitte  des  Matriarchats  
 besteht  darin,  daß  nach  der Hochzeit Mann  und Frau  kein  gemeinsames  
 Haus gründen,  sondern  daß  jeder  der beiden Gatten im Hause  
 seiner  Mutter  wohnen  bleibt  oder,  wenn  diese  gestorben  ist,  im 
 Hause  des  Bruders  oder  der  Schwester  der  Mutter,  die  das  eigentliche  
 gebietende  Haupt  jedes  Hauses  bildet.  Die  Kinder  bleiben  
 ihrem  Vater  fremd  und  dürfen  von  ihm  nicht  einmal  Geschenke  
 annehmen;  sie  bleiben  im  Hause  ihrer Mutter  und  erben  deren  Besitztum. 
   Sie  erben  auch  die  Hälfte  des  Besitzes,  den  beide  Eltern  
 gemeinsam  erwerben;  der  andere  fällt  an  die  Schwester  oder  die  
 Schwesterkinder  des  Gatten. 
 In  zahlreichen merkwürdigen,  uns  ganz  fremdartigen  Sitten  und  
 Rechtsverhältnissen äußern  sich die Folgen dieser seltsamen Frauenherrschaft. 
   Wenn  aber  unsere  europäischen  Frauenrechtler meinen  
 sollten,  daß  damit  eine  höhere  Stufe  des  Familienlebens  und  ein  
 vollkommenerer  sozialer  Zustand  erreicht  sei,  so  befinden  sie  sich  
 in  starkem  Irrtum.  Es  kann  vielmehr  keinem  Zweifel  unterliegen,  
 daß  dieses  Matriarchat  einen  niederen,  barbarischen  Zustand  der  
 menschlichen  Gesellschaft  bildet,  und  daß  dadurch  nicht  nur  jedes  
 innige Familienleben zwischen den beiden Eltern  und ihren Kindern  
 ausgeschlossen, wird,  sondern  auch  infolge  davon  eine  Menge  von  
 komplizierten  Beziehungen  entstehen,  welche  die  Entwicklung  feinen  
 Gemütslebens  und  höherer  Kultur  ausschließen.  Niemals  habe  
 ich in  den harten  und  stolzen Gesichtszügen  der Sumatraner Frauen  
 jene  harmlose  Heiterkeit  und  jene  liebenswürdige  Freundlichkeit  
 gegenüber  den  nächsten  Verwandten  bemerkt,  welche  man  in  den  
 weicheren  und  zarteren  Gesichtern  der  javanischen  Frauen  so  häufig  
 begegnet.- 
 Einen  auffallenden  Ausdruck  findet  das  Matriarchat  der  Sumatraner  
 in der seltsamen Bauart ihrer Häuser, welche der Landschaft,  
 besonders  im  Gebirgslande,  einen  sehr  eigenartigen  Charakter  aufdrücken. 
   Die  Häuser  sind,  gleich  denjenigen  der  meisten  anderen  
 Malaien,  größtenteils  aus Bambus  gebaut  und mit Rohr oder Palmblättern  
 bedeckt;  sie  ruhen  auf  Pfählen,  die  1  bis  2  Meter  über  
 den  Boden  sich  erheben.  Das  auffallende  Satteldach  ist  tief  ausgeschnitten, 
  oft  fast  halbmondförmig;  die  beiden Hörner des Sattels  
 sind  vielfach  geschmückt.  Oft  ist  in  der  Mitte  ein  kleineres  Dach  
 aufgesetzt,  das  bis  zur  Hälfte  der  Höhe  des  unteren  herabreicht.  
 Wenn  nun  eine  Tochter  des  Hauses  heiratet,  so  wird  für  sie  im  
 hinteren  Teile  des  einstöckigen  Hauses  eine  neue,  kleine  Abteilung  
 abgesondert,  mit  einem  kleinen  Fenster;  oder  es  wird  später  für  
 die  neu  hinzugekommene Familie  ein  neuer  Anbau mit  einem  selbständigen  
 Satteldach  angefügt.  So  entstehen  langgestreckte  Pfahlbauten, 
   deren  steile  Dächer  sechs  bis  acht  oder  noch  mehr  steile,  
 oft hübsch verzierte Kegelspitzen  tragen.  Die Bedeckung des Daches  
 bilden bei  den  ärmeren  Leuten  meistens Matten  aus  Idjuk,  gefloch