
 
		Mitte  spielte  ein  lärmendes  Orchester;  vor  demselben  figurierten  
 die  Schauspieler  in  den  sonderbarsten  Kostümen, mit  hoher  Fistelstimme  
 deklamierend;  Kinder  spielten  harmlos  zu  beiden  Seiten  
 der  Bühne.  Die  Aktion,  mit  vielen  Bücklingen  und  Zeremonien  
 eingeleitet,  wurde  nur  dann  interessant,  wenn  die  Gegenparteien  
 sich  beschimpften  und  ohrfeigten;  auf  der Höhe  des  Affektes  versetzten  
 sie  sich  Fußtritte  gegen  den  Unterleib;  das  schien  die  bezopften  
 Zuschauer,  die  inzwischen  süße  Gallerte verzehrten,  besonders  
 zu  amüsieren.  Der  spezifische,  für  arische  Nasen  höchst  unangenehme  
 Geruch  der  chinesischen  Hautausdünstung  —   hier  m  
 sehr  konzentrierter  Form  —   benahm  uns  fast  den  Atem.  Der  
 Höllenlärm der Musik,  ein Gemisch von  dröhnenden Pauken, schrillen  
 Pfeifen  und  klingenden  Metallbecken,  betäubte  unsere  Ohren.  
 So  waren  wir  froh,  nach  einer  Stunde  diesen  Musentempel  der  
 „Söhne  des  himmlischen  Reiches“  verlassen  zu  können,  und  mit  
 doppeltem  Genüsse  atmeten  wir  die  kühle,  würzige  Nachtluft,  die  
 uns  aus  den  blumenreichen  Gärten  entgegenströmte. 
 Nachdem  ich  also  sechzehn  höchst  interessante  und  lehrreiche  
 Tage  in  Singapur  zugebracht  hatte,  nahm  ich  von  den  lieben  alten  
 und  neuen  Freunden,  die  mir  diesen  Aufenthalt  so  angenehm  gemacht  
 hatten,  mit  dankbarster  Gesinnung  Abschied,  und  schiffte  
 mich am  i 3. Oktober, morgens acht Uhr,  auf dem Dampfer  „S te t tin“ 
   nach Java ein.  Dieser Dampfer,  einer der kleineren des  „Norddeutschen  
 Lloyd“ ,  vermittelt  viermal  jährlich  die  Verbindung  mit  
 Deutsch-Neuguinea  und  berührt  auf  seiner  Reise  nach  Ambon  und  
 Herbertshöhe  Batavia,  das  er  in  54  Stunden  erreicht. 
 Auf  dieser  Seefahrt,  längs  der  Ostküste  von  Sumatra,  kamen  
 zahlreiche  kleine  Inseln  in  Sicht,  meistens  hügelig  und  dicht  bewaldet. 
   Dieselben  gehören  sämtlich  zum  holländischen  Besitz  von  
 Insulinde  und  verteilen  sich  auf  drei Gruppen:  nördlich Riau, mitten  
 Lingga,  südlich  Bangka.  Der  R ia u -A r ch ip e l  umschließt  die  
 Südseite  des weiten Hafens  von  Singapur;  die malaiischen  und chinesischen  
 Bewohner  desselben  sind  größtenteils  Fischer;  der  T r e pang, 
   den  sie  in  großer Menge  auf  die  chinesischen Märkte  bringen, 
   ist  eine  gekochte  und  getrocknete  Seegurke  (Holothuria).  Als  
 wir  den  L in g g a -A r ch ip e l  passierten,  überschritt  ich  am  i 3.Oktober  
 abends  neun  Uhr)  zum  ersten  Male  den Ä quator;  abgesehen  
 von  einigen  harmlosen  Scherzen,  war  dieser  wichtige  Akt  von  keinen  
 besonderen  Feierlichkeiten begleitet. 
 Die  F ru ch tg arten stra ß e  (Orchard.  Road)  in  Singapur