
 
		Auf  der  Insel  Sumatra 177 
 Dasselbe  gilt  auch  von  den  Bewohnern  der  weiter  nördlich  gelegenen  
 Insel Nias,  von  denen Herr  Schild  uns  an  einem  Sonntagmorgen  
 ein  ganzes  Dutzend  vorführte.  Dieselben  waren  in  voller  
 Kriegsrüstung  erschienen  und  führten  in  der  Vorhalle  des  Hauses  
 ihren  wilden  Kriegstanz  auf.  In  der  rechten  Hand  schwangen  sie  
 den  langen  Speer,  mit  welchem  sie  nach  ihrem  Gegner  zu  stechen  
 versuchten;  in  der  linken  Hand  hielten  sie  den  großen  hölzernen  
 Schild, mit  dem  sie  sich  gegen  dessen  Stiche schützten.  Mit bunten  
 Bändern,  blauen  und  roten  Lappen  waren  Kopf  und Körper  phantastisch  
 verziert.  Lautes  Geschrei  begleitete  die  hohen  Sprünge,  in  
 denen  sie  sich  dem  Gegner  näherten  und wieder  zurückwichen.  Im  
 Beginne  des Kriegstanzes,  der mehrere  Stunden  dauerte,  traten  sich  
 die  einzelnen  Gegner  paarweise  gegenüber,  später  in  geschlossenen  
 Reihen,  geführt  von  ihren  Häuptlingen.  Die  Gewandtheit  und Unermüdlichkeit, 
  mit  der sie  ihre  leidenschaftlichen  Bewegungen  ausführten, 
   waren  bewunderungswürdig. 
 Einen  sehr  angenehmen  Zuwachs  unseres  geselligen  Kreises  bildete  
 einige  Wochen  später  die  Ankunft  meines  jungen  Kollegen  
 Professor  Anton  aus  Jena;  er  bereiste  mit  seiner  Gemahlin,  einer  
 geborenen  Holländerin,  Java  und  Sumatra  zum  Zwecke  nationalökonomischer  
 Studien.  Beide  fanden  in dem  geräumigen  Hause des  
 Konsul  Schild,  das  nur  wenige  Häuser  von Delprats W o h n u n g   entfernt  
 lag,  gastliche  Aufnahme.  Die  vielen  freundlichen  Dienste,  
 welche  mir  beide  während  meines  Krankenlagers  in  Padang  und  
 später  auf  unserer  gemeinsamen  Rückreise  über  Batavia  und  Pe-  
 nang  bis  Colombo  leisteten,  verpflichten  mich  zu  aufrichtigem  
 Danke. 
 Nachdem ich vier Wochen in Padang  still gelegen, war meine Gesundheit  
 so  weit  wiederhergestellt,  daß  ich  es  wagen  konnte,  die  
 letzte Woche  des  dortigen  Aufenthaltes  zu  mehreren  interessanten  
 Ausflügen  zu  benutzen;  der  erste,  am  2 3.  Februar,  galt  dem  Besuche  
 der  T ru s san -B a i,  einer  schönen,  von  Korallenbänken  umschlossenen  
 Bucht  der Westküste,  mehrere  Meilen  südlich  von  Padang. 
   Früh  um  6  Uhr  fuhren  wir  mit  der  Eisenbahn  nach  dem  
 Emmahafen,  wo  sich  außer  der  Familie  Delprat  noch  das  Ehepaar  
 Anton,  Konsul  Schild  und  einige  befreundete  Herren  unserer  Expedition  
 anschlossen.  Die  vierstündige  Fahrt  auf  dem  mir  vom  
 Gouverneur zur Verfügung gestellten Regierungsdampfer  „Condor“  
 führte  uns,  vom  schönsten Wetter  begünstigt,  längs  der bewaldeten  
 Küste  hin,  zwischen  zahlreichen  kleinen  Korallen-Inseln  hindurch,  
 die  wie  Blumenbuketts  auf  dem  blauen  Meere  schwammen.  Über  
 den  steil  aufsteigenden  Felsen  der  Küste  erhoben  sich  mehrere 
 H aeo kel,  Insulinde.  3. Aufl.