
 
		Gehen  hinderte.  Als  ich  gegen Weihnachten  wiederhergestellt war,  
 erschien  die  noch  disponible  Zeit  zu  kurz,  um  die  geplante  Molukkenreise  
 auszuführen.  Inzwischen  hatte  ich  eine  sehr  verführerische  
 Einladung  zum  Besuche  der  Westküste  von  Sumatra  erhalten, 
   wo mir  die  reichen  Korallenbänke  von  Padang  und  den  benachbarten  
 Inseln  den  besten  Ersatz  für  den  aufgegebenen  Besuch  
 von  Ambon  zu  bieten  schienen.  Nach  Abschluß  der  Gebirgsreise  
 durch  Java  fuhr  ich  also  direkt  von  Batavia  nach  Padang. 
 Diese  Beise  auf  dem  Königlich  Niederländischen  Postdampfer  
 dauert  nur  zwei  Tage  (44—52  Stunden  gewöhnlich);  sie  gehört  
 aber  zu  den  teuersten  Yergnügen  dieser  Art auf dem  ganzen  Erden-  
 runde.  Ein  Platz  in  der  ersten  Klasse  kostet  i 5o  Gulden  (—  260  
 Mark); macht pro Tag  i 3o Mark! —  Überhaupt sind die Fahrzeuge  
 der  holländischen  Dampfboote,  die  in  den  meisten  Teilen  des  malaiischen  
 Archipels  den  Vorzug  des  Monopols  haben,  sehr  hoch;  es  
 wird  darüber  allgemein  geklagt.  Die  Schiffe  sind  von  mittlerer  
 Größe,  aber  gut  eingerichtet.  Die  „Princeß  Amalia“ ,  auf  der  ich  
 von  Batavia  am  28. Januar  nach  Padang  fuhr,  war  eine Dame  von  
 etwas  vorgeschrittenen  Jahren  und  brauchte  für  diese  Strecke  bei  
 schönem Wetter  54 Stunden. 
 Nach  der  Abfahrt  von  Tandjong  Priok,  dem  neuen  Hafen  von  
 Batavia,  fuhren wir  zunächst  längs  der  Nordküste  von  Bantam  hin,  
 der  westlichen  Provinz  von  Java;  wir  passierten  viele  kleine,  meistens  
 mit  Wald  bedeckte  Inseln.  Dann  wendeten  wir  nach  Südwesten  
 und  traten  in  die  Sund a straß e  ein.  Zur  Bechten  erschien  
 bald  die  Südostspitze  von  Sumatra,  darüber  die  Kaiserspitze  im  
 Gebirge  von  Lampongs.  Zur  Linken  versperrten  die  Korangberge  
 von  Bantam,  südlich  die  Nikolasspitze,  den  Blick  nach  Süden.  Besondere  
 Aufmerksamkeit  erregte  bald  ein  spitzer  Vulkankegel,  der  
 sich mitten  aus  dem  südlichen  Teil  der  Sundastraße,  nördlich  von  
 der  Prinzeninsel,  erhebt;  es  ist  der  berühmte  Krakatau.  Die  
 furchtbare Eruption  dieses modernen  Vulkans  am  27. August  i 883  
 gehört zu  den großartigsten  vulkanischen Ausbrüchen,  von welchen  
 uns  die  Geschichte  berichtet;  sie  kostete  4oooo  Menschen  das  Leben  
 und bedrohte Westjava  und Südsumatra mit Vernichtung. 
 Der  Krakatau  liegt  in  der  Mitte  einer  langen  Erdspalte,  welche  
 sich  von  Südwest  nach  Nordost  gegen  die  Sundastraße  hinzieht.  
 Man  nimmt  an,  daß  die  Decke  dieser  Spalte  damals  teilweise  einstürzte, 
   und  daß  große Wassermengen  in  die  darunter  verborgene,  
 glutflüssige  Masse  eindrangen.  Der  ungeheure Druck  der  Dämpfe,  
 die dadurch  plötzlich entwickelt wurden,  sprengte  dann  den Krater,  
 der  seit  zweihundert  Jahren  ganz  ruhig  gewesen  war,  vollständig 
 in  die  Luft.  Schon  drei  Monate  zuvor,  im Mai,  strömten  Dampfwolken  
 aus  demselben  aus,  welche  11000  Meter  Höhe  erreichten.  
 Bei  der  großen  Eruption  selbst  stieg  diese  bis  zu  27000  Metern,  
 fünfmal  die Höhe  des Montblanc.  Nicht weniger  als  18  Kubikkilometer  
 Lava  und  Bimsstein  wurden  ausgeworfen.  Der  ungeheure  
 Aschenregen,  welcher  sich  dabei  über  Südsumatra  und  Westjava  
 ergoß,  erstreckte  sich bis  in  das Hochland  von  Preanger  und  hüllte  
 einen  Flächenraum  größer  als  Jrland  während  der  Mittagstunden  
 in  nächtliche  Finsternis.  Der  feinere Aschenregen  dehnte  sich über  
 ein  Gebiet  größer  als  Deutschland  aus.  Die  feinsten  Teilchen  der  
 ausgeworfenen  Massen  aber  erhoben  sich  in  die  höchsten Regionen  
 unserer  Atmosphäre  und  breiteten  sich  hier  rings  um  den  ganzen  
 Erdball  aus;  sie  veranlaßten  jenes wunderbare  rote  Farbenspiel  des  
 Abendhimmels,  welches  uns  im  Herbst  i 883  bei  Sonnenuntergang  
 mehrere  Monate  hindurch  in  Erstaunen  versetzte. 
 Das  gewaltige  Erdbeben  infolge  dieser  Krakatau-Explosion  erstreckte  
 sich  über  einen  Flächenraum,  dessen  Radius  der  Entfernung  
 zwischen  London  und  Konstantinopel  gleichkam.  Alles  Lebendige, 
   was  sich  im  Umkreise  von  fünf  geographischen  Meilen  
 von  der  Eruptionsstelle  befand,  war  dem  Tode  geweiht  und  wurde  
 teils  verbrannt,  teils  unter  der  Asche  begraben.  Das  furchtbarste  
 Unglück  jedoch  verursachte  eine  ungeheure  Meereswoge,  welche  
 sich  infolge  des  plötzlichen  Einsturzes  des  halben  Vulkans  erhob  
 und  die  benachbarten  Küsten  überflutete.  An  der  Westküste  von  
 Java  schwemmte  dieselbe  beim  Zurücktreten  zahlreiche  Dörfer  
 nebst  36 000  Einwohnern  mit  sich  fort  und  kehrte  Häuser  und  
 Vieh,  Bäume  und  Felsen  zugleich  mit  den  Menschen  in  den  Abgrund  
 des Meeres.  Ein  reicher,  fruchtbarer  Landstrich  von  5o Meilen  
 Länge  und  5ooo  Metern  Breite  wurde  mit  einem  Schlage  dadurch  
 in  eine  öde  Wüste  verwandelt.  An  der  gegenüberliegenden  
 Südspitze  von  Sumatra,  im  Golfe  von  Telok  Betong,  erhob  sich  
 die  furchtbare  Flutwelle bis  zu  2 4  Meter Höhe,  sie  Avarf  unter  anderem  
 ein  dort  ankerndes  Dampfschiff  auf  die  Mitte  eines  33oo  
 Meter  entfernten  chinesischen Marktplatzes.  Die  Masse  der  ausgeworfenen  
 weißen  Bimssteine  war  so  groß,  daß  sie  noch  mehrere  
 Jahre  lang  die  Oberfläche  des  Meeres  in  der  Sundastraße  und  weit  
 hinaus  in  den  Indischen  Ozean  bedeckten.  Noch  jetzt  begegneten  
 wir  an  einigen  Stellen  solchen  schwimmenden  Bimssteinbänken. 
 Aber  die  wunderbare  Zeugungskraft  der  Tropensonne  von  Insu-  
 linde  ist  so mächtig,  daß  sie  selbst  die  grauenhaften  Folgen  dieser  
 furchtbaren Krakatau-Eruption  bald wieder  vergessen machte.  Der  
 neue Kegelberg, welcher  sich  infolge  derselben  erhob,  bedeckte sich