
 
		Tropenstation“  in  obigem  Sinne  geblieben.  Es  ist  zu vermuten,  daß  
 sie  auch  dann,  wenn  andere  ähnliche  Stationen mit  ihr  in  Konkurrenz  
 treten,  hinsichtlich  ihrer  Ausdehnung  und  ihrer  Leistungen  
 die  erste  bleiben  wird.  Schon  die  Wahl  des  Qrtes  durch  Rein-  
 wardt  muß  als  ein  überaus  glücklicher  Griff  bezeichnet  werden.  
 Denn  die  Höhe  von  2 65  Meter  über  Meer,  der  Wechsel  des  reich  
 gegliederten  Terrains,  die  Überfülle  des  Regens  und  des  fließenden  
 Wassers,  das  feuchtwarme  und  doch  gesunde  Klima,  die  Nähe  
 von  Batavia,  andererseits  im  Süden  die  Nähe  der  mächtigen Vulkane, 
   welche  das  Klima  in  günstigster  Weise  beeinflussen,  ferner  
 der  hohe  landschaftliche  Reiz  der  Wechsel vollen  Umgebung:  diese  
 und noch andere,  oben  schon  erwähnte Verhältnisse vereinigt, geben  
 Buitenzorg  einen  Wert,  der  schwerlich  von  einer  anderen  botanischen  
 Tropenstation  in  ähnlicher Weise  erreicht werden  kann.  Dazu  
 kommt  nun  noch  der  große  Vorsprung,  den  dasselbe  durch  
 seine  glänzende  historische  Entwicklung  besitzt,  und  die  Ausstattung  
 mit allen wünschenswerten Hilfsmitteln, welche  es  der Munifi-  
 zenz  der Regierung und vieler reicher Privatleute sowohl in Holland  
 wie  in  Java  verdankt. 
 Obgleich Buitenzorg  nicht  im  eigentlichen  Äquatorialgürtel  liegt  
 (zwischen  3°  N.  und  3 0  S.  von  der  Linie),  sondern  südlich  6 V20  
 vom  Äquator  entfernt,  kann  man  doch  sein  Klima  als  ein  echt  
 äqu a to r ia le s   bezeichnen,  weil  eine  trockene  Jahreszeit  ganz  fehlt  
 und  die  mittlere  Jahrestemperatur  beständig  2 0°  C.  beträgt;  die  
 Mitteltemperatur  des  wärmsten  Monats,  September,  2 5,5°  C.,  diejenige  
 des  kältesten  Monats,  des  Februar,  2 4» 5 9.  Die Wärmeverteilung  
 ist  danach  so  außerordentlich  gleichmäßig,  daß  die  extremen  
 Unterschiede  der Monatsmittel  nur  einen  Grad  betragen.  Die  
 mittleren  Jahresextreme  betragen  3o ,i°   und  20,9°,  so  daß  die  
 absolute  Jahresschwankung  sich  nur  auf  9,2°  beläuft.  In  dem  
 gemäßigten  Klima  von  Mitteleuropa,  z. B.  von  Wien,  beträgt  die  
 letztere  48°  (zwischen  33,5°  und  —   i 4,5°).  Die Mitteltemperatur  
 des  heißesten  Monats  (Juli)  ist  in  Wien  20,5°,  in  Berlin  18,8°,  
 in  Singapur  26,7°  und  in  Buitenzorg  2 0,0°.  Noch  auffallender  ist  
 der  Unterschied  der  Temperaturmaxima  in  diesen  Orten;  dieselben  
 betragen  in  Wien  33,5°,  in  Berlin  33,o°,  in  Singapore  33,6a  und  
 in  Buitenzorg  3o, i°. 
 B u iten zo rg   hat  demnach,  was  den  Wechsel  der  Temperatur  
 betrifft,  eigentlich  gar  keine  Jahreszeiten,  sondern  ununterbrochenen  
 ewigen  Sommer.  Ebenso  durch  die  örtlichen  Verhältnisse  der  
 Lag e  bedingt,  fehlt  —  wie  schon  erwähnt  —   eine  eigentliche  
 trockene  Jahreszeit  ganz,  vielmehr  herrscht  das  ganze  Jahr  hindurch  
 ein  hoher  Grad  von  Feuchtigkeit.  Die  Gesamtmenge  der  
 atmosphärischen  Niederschläge  beträgt  im  Durchschnitt  jährlich  45o  Zentimeter;  was  das  bedeuten  will,  begreift man  bei  dem Vergleiche  
 mit Mitteleuropa, wo  die entsprechende Durchschnittsmenge  
 z.B.  für  unser  norddeutsches  Tiefland  auf  61  Zentimeter  berechnet  
 ist,  für  Süddeutschland  auf  82,  für  Österreich-Ungarn  auf  74  Zentimeter.  Das  schöne  Salzburg,  dessen  Regenreichtum  so  
 viele  Touristen  in  üblem  Andenken  haben,  bringt  es  nur  auf  
 116  Zentimeter:  in  Buitenzorg  regnet  es  viermal  so  viel.  Unser  
 immergrüner  Paradiesgarten  ist  demnach  einer  der  regenreichsten  
 Orte nicht nur  des malaiischen Archipels,  sondern  der  ganzen Erde.  
 Die  Gesamtzahl  der  Regentage  im  Monat  schwankt  durchschnittlich  
 zwischen  18  und  2 4;  während  des Westmonsuns  regnet  es  oft  
 mehrere  Wochen  hintereinander  täglich  und  zwar  tüchtig!  Ein  
 einziger  solcher  Guß  (wir  würden  bei  uns  „Wolkenbruch“  sagen)  
 liefert  bisweilen  in  wenigen  Stunden  eine  Niederschlagsmenge  von  
 4o  bis  100 Millimeter  und  darüber. 
 Daß  unter  diesen  außergewöhnlich  günstigen  Verhältnissen,  unter  
 dem  vereinigten  Einfluß  der  beständigen  Äquatorialwärme  und  
 des  Regenüberflusses,  die  Tropenvegetation  im  Bogorgarten  den  
 höchsten  Grad  üppigen  Wuchses  und  reicher  Entfaltung  in  jeder  
 Beziehung  entwickelt,  ist  begreiflich.  Das  „n a tü r lich e   T r e ib haus“ 
   zeigt  hier  seine  gewaltige  Triebkraft  in  äußerstem  Maße.  
 In  der  trockenen  Jahreszeit,  vormittags,  beträgt  die  relative  Luftfeuchtigkeit  
 80  bis  90  Prozent,  in  der  trockensten  Stunde, mittags  
 zwischen  12  bis  1  Uhr,  70  bis  80;  wenn  aber  nachmittags  der  
 übliche  Platzregen  gefallen  ist,  steigt  sie  rasch  auf  90 bis  97  Prozent  
 und  erhält  sich  auf  dieser  Höhe  die  ganze  Nacht  bis  7  Uhr  
 morgens,  d. h.  die  Luft  ist während  zwei Drittel  der  Tageszeit mit  
 Wasserdampf nahezu  gesättigt! 
 Während des  größten Teils  des  Jahres  läuft der  tägliche Wechsel  
 von Wärme  und  Feuchtigkeit  im  Äquatorialklima  von  Buitenzorg  
 mit  solcher  Regelmäßigkeit  ab,  wie  es  an  wenigen  anderen  Orten  
 der  Erde  der  Fall  ist.  Die  schönsten  Stunden  des  Tages  sind  die  
 vier  Morgenstunden  von  5  bis  9  Uhr;  das  Erwachen  des  jungen  
 Tages,  die  erfrischende  Kühle,  der  Glanz  der  glitzernden  Tautropfen  
 an  den  Blättern,  die  im  Licht  der  aufsteigenden  Sonne  zu  
 funkelnden Diamanten werden,  dazu  die Entfaltung  der zusammengelegten  
 Blätter,  das  Erwachen  der  schlafenden  Blumenkelche,  die  
 munteren  Stimmen  der  Vögel  und  Insekten  r-^  das  alles  zusammen  
 genommen  ist  unbeschreiblich  schön!  Die  Aquarellskizzen  und  
 Photogramme,  welche  ich  in  diesen  goldenen  Morgenstunden  teils