
 
		Im  Ga r t en  von  B u i t e n z o r g 
 Bu iten zorg  (sprich  „Beutenzorg“ ),  „Außer Sorge“ ,  das  „San s sou 
 c i“  von  Java  IBhatte  mir  seit  vielen  Jahren  als  ein  ideales  
 Reiseziel  vorgeschwebt.  Besteht  doch  hier  seit  dem  Jahre  1817  
 ein  b o tanischer   Ga rten,  der  durch  die  ungewöhnliche  Gunst  
 der Naturverhältnisse  und  die verdienstvolle Arbeit  trefflicher Männer  
 sich  zum  reichsten  und  größten  aller botanischen Tropengärten  
 entwickelt hat.  Neuerdings hat  derselbe nicht nur  die höchste praktische  
 Bedeutung  für  die.  vervollkommnete  Kultur  der  mannigfaltigsten  
 tropischen  Gewächse  gewonnen,  sondern  er  ist  auch  seit  
 zwei Dezennien  durch Errichtung  ausgezeichneter Laboratorien  und  
 Versuchsstationen  zu  einer  wissenschaftlichen  Anstalt  ersten  Ranges  
 geworden.  Alljährlich  wird  jetzt  dieses  ,,B otanische  Zentr 
 a lin s t itu t “ ,  wie  wir  es  wohl  nennen  dürfen,  von  einer  Anzahl  
 europäischer  Botaniker  auf gesucht,  welche  hier  die  Wunder  des  
 Pflanzenlebens  aus  erster  Quelle  und  in  reichster  Entfaltung  studieren  
 können;  sie  gewinnen  hier  im  Laufe  weniger  Monate  durch  
 eigene  lebendige  Anschauung  viel  mehr  für  das  währe Verständnis  
 des  Pflanzenlebens  nach  allen  Richtungen  hin,  als  sie  im  europäischen  
 Laboratorium  durch  vieljähriges  Studium  einer  sehr  umfangreichen  
 Literatur  und  durch  das  ungenügende  Surrogat  der  
 verkümmerten Tropenpflanzen  in unseren Gewächshäusern erlangen  
 können. 
 Der  geneigte Leser wird  vielleicht  verwundert  fragen, wie ich  als  
 Zo ologe  dazu  komme,  für mehrere  Monate mich  in  diesem Pflanzengarten  
 festzusetzen,  der  doch  eigentlich  nur  durch  Botaniker  
 von  Fach  seine  volle Würdigung  und  Verwertung  finden  kann. Die  
 bescheidene  Antwort  auf  diese  berechtigte  Frage  muß  meinen  hiesigen  
 Aufenthalt  in  mehrfacher  Beziehung  erklären. 
 In  der  Tat  war  ich  bereits  in  früher  Jugend  von  dem  lebhaftestem  
 Interesse  für  Betrachtung  und  Erforschung  der  Pflanzenformen  
 beseelt  und  bis  zu  meinem  zwanzigsten  Lebensjahre  von  
 dem Wunsche  durchdrungen,  die  B otanik  als  Lebensberuf  wählen  
 zu  dürfen.  Erst  als  ich  ( i 854)  unter  dem  mächtigen  Einflüsse  
 meines  großen  Lehrers  Johannes  Mü ller  in  Berlin  in  die  wunderbaren  
 Geheimnisse  des  Tierlebens  eindringen  lernte,  erschien 
 Im  Garten  von  Buitenzorg 45 
 mir  deren  Studium  so  viel  lehrreicher  —   und  namentlich  durch  
 die  Beziehung  zur  Anthropologie  so  viel  wichtiger  —   daß  allmählich  
 die  Botanik  dagegen  in  den  Hintergrund  trat.  Doch  blieb  ich  
 der  alten  Liebe  zur  „Scientia  amabilis“   stets  treu,  und  wenn  auf  
 den  zahlreichen  naturwissenschaftlichen  Reisen,  die  ich  später  ausführte, 
   die  zoologischen  Zwecke  stets  im  Vordergründe  standen, 
 Pavillon  im  G arten  von  B uitenzorg,  letzten  drei Monaten  des  neunzehnten wJealhcrhheunn ddeerrt s Vbeerwfaoshsnetre  in  den  
 behielten  doch  die  botanischen  Studien  daneben  noch  ihre  alte Anziehungskraft. 
   Wenn  nun  auch  die  letzteren  naturgemäß  nur  dilettantischen  
 Wert hatten,  so  haben  sie  doch  die  allgemeinen Ziele  der  
 ersteren  sehr  wesentlich  gefördert  und  ergänzt.  Auch  stand  mir  
 dabei  als  leuchtendes  Vorbild  stets  mein  großer  Meister  C harles  
 Darwin  vor  Augen.  Als  ich  ihn  1866  zum  ersten  Male  in  Down  
 besuchte  und  in  lehrreichster  Unterhaltung  mit  ihm  seinen  Ver-