
 
		durch  Betrachtung  zahlreicher  Photogramme,  Zeichnungen  und  
 Aquarellskizzen  anschaulich  illustriert wird.  Indessen  bleiben  auch  
 diese  bildlichen  Darstellungen,  selbst  wenn  sie  der  Hand  eines  
 wirklichen  Künstlers  entstammen  (und  nicht,  wie  bei  mir,  bloß  
 Dilettanten versuche  sind)  mehr  oder  weniger  unvollkommen.  Der  
 tropische  Urwald  gehört  ebenso  wie  die  tropische  Korallenbank  zu  
 jenen  großartigen  Wunderwerken  der  Natur,  welche  man  selbst  
 gesehen  haben  muß,  um  sie  zu  begreifen  und  zu  verstehen.  Die  
 bunte,  überreiche  Zusammendrängung  von  Hunderten  der  merkwürdigsten  
 Objekte  in  den  engen  Raum  eines  einzigen  Bildes,  das  
 verwegene  und  verwirrende  Durcheinanderwachsen  von  tausend  
 schönen  Einzelformen,  die  unglaublichen  Licht-  und  Farbeneffekte  
 der  Tropensonne  in  diesem  märchenhaften  Gestaltenchaos  —   das  
 muß  selbst  die Hand  des  genialsten  Künstlers  bei  dem  kühnen Versuche  
 ihrer  Wiedergabe  erlahmen  lassen. 
 Zunächst  sollte  man  von  der  P h o to g rap h ie   erwarten,  daß  sie  
 imstande  sein  müßte,  den  Charakter  des  tropischen  Urwaldes  vollkommen  
 objektiv  und exakt wiederzugeben.  Das  ist indessen durchaus  
 nicht  der  Fall,  wie  schon  Jean  Massart  hervorgehoben  hat.  
 Sie  reicht  höchstens  aus,  um  aus  weiterer  Entfernung  die Umrisse,  
 die  allgemeine  oberflächliche  Zusammensetzung  des  Urwaldbildes  
 getreu  wiederzugeben.  Ein  solches  Photogramm,  wie  es  z.B.  Se-  
 mon  auf  S.  456  seiner  australischen  Reise  gebracht  hat,  kann  bei  
 guter  Retouche  vieles  zeigen.  Sobald  man  dagegen  näher  tritt,  sobald  
 man  die  schönen  Einzelheiten  des  überreichen  Bildes  mittelst  
 der  Kamera  einigermaßen  groß  und  deutlich  zu  fixieren  versucht,  
 versagt  dieselbe.  In  dem  bunten  Wirrwarr  der  durcheinander  geflochtenen  
 Pflanzenmassen  sucht  das  Auge  vergebens  nach  einem  
 Ruhepunkte.  Entweder  ist  die  Beleuchtung  gedämpft,  und  dann  
 stören  die  Tausende  von  gekreuzten  Stamm-,  Ast-  und  Blattgestalten  
 —   noch  dazu mit  einem  Chaos  von  Epiphyten  belastet!  sich  
 gegenseitig.  Oder  das  Licht  der  hochstehenden  Sonne  scheint  von  
 oben  hell  durch  die  Lücken  der  hohen  Baumkronen  und  erzeugt  
 auf  den  spiegelnden  Flächen  der  lederartigen  Blätter  Tausende  von  
 grellen Reflex- und Glanzlichtern,  die  keinen  einheitlichen  Gesamteindruck  
 aufkommen  lassen.  Vollends  im  Innern  des Urwaldes  sind  
 die Beleuchtungsverhältnisse  ganz wunderbar  und mittelst  der Photographie 
 schlechterdings  nicht  wiederzugeben. 
 Ich besitze  zahlreiche Photogramme  des Urwaldes,  die,  technisch  
 betrachtet,  als  wohlgelungen  zu  bezeichnen  sind,  insbesondere  auch  
 sehr  gute  Bilder,  welche  der  treffliche  Photograph  Lang  (aus  Eßlingen) 
   in  Buitenzorg  und  Tjibodas  aufgenommen  hat.  Doch  ist 
 unter  diesen  und  vielen  anderen  Photogrammen  des  Urwaldes,  die  
 ich  gesehen,  kein  einziges,  welches  dem  damit  unbekannten  Beschauer  
 ein  richtiges  Bild  geben  könnte.  Zudem  fehlt  immer  der 
 eigentümliche  Reiz  der  Farbe, 
  insbesondere  der hundertfachen, 
   zarten  und  bunten  
 Abstufungen,  in  denen  die  
 vorherrschende  grüne  und  
 braune  Farbe  auf tritt  und  
 sich  mit  anderen  Tönen  verbindet. 
 Auch  durch  sorgfältige  
 Z eichnun g gelingt es immer  
 nur  teilweise,  den  Charakter  
 des  Urwaldes  richtig  wiederzugeben. 
   Zu  den  besten  derartigen  
 Darstellungen  gehören  
 die  „Vegetationsansichten“ 
   von  K it t lit z ,  die  derselbe  
 auf  seiner Weltreise  (in  
 den  ersten  Dezennien  des  
 19.  Jahrhunderts)  naturgetreu  
 entworfen  und dann mit  
 genialer  Künstlerhand  selbst  
 in  Erz  radiert  hat;  schon  
 Alexander von Humboldt  
 rühmt ihre  „unnachahmliche  
 Naturtreue“ .  Dagegen  sind  
 die  vielfachen  Bilder  des  Urwaldes, 
   die  neuerdings  in  
 modernen  Reisebeschreibun-  
 , gen  und  illustrierten  Zeitschriften  
 publiziert  werden,  
 zum  großen  Teil  wenig  getreu  
 und  geben,  zumeist  der  
 subjektiven  Phantasie  des  
 Zeichners  entsprungen,  oft  
 eine  falsche Vorstellung.  Die 
 Javanische  F ächerpalm e  oder  Ge-  
 bangpalme  (Corypha  Gebanga) 
 Bleistiftskizzen, durch welche 
 Haberlandt  seine  Beschreibung  illustriert  hat,  geben  zwar  die  
 charakteristischen Umrisse  von  einzelnen  Pflanzen  und  deren Teilen  
 getreu  wieder,  sind  aber  im  ganzen  doch  zu  dürftig:  nur  wer  diese