
 
		Am  7. Januar  machte  ich  noch  den  Versuch,  von  unten  her  in  
 der  tiefen,  waldigen  Schlucht  von  Tjibodas  weiter  hinaufzusteigen.  
 Allein  das  reißende Wildwasser  des Weißenbaches  war zu  stark  angeschwollen, 
   um  in  demselben  über  das  wüste Geröll  der angehäuften  
 Felsblöcke  Vordringen  zu  können.  Durch  das  Lianengewirr  in  
 dem  dichten  Urwalde,  der  die  beiden  steil  ansteigenden Wände  der  
 wilden  Schlucht  bedeckt,  sich  durchzuarbeiten,  war  ganz  unmöglich. 
   So  mußte  ich  mich  damit  begnügen,  in  einem  Aquarell  den  
 Charakter  dieser  großartigen  Szenerie  festzuhalten. 
 Am Nachmittage  desselben Tages  packten wir  unsere Sachen  und  
 Sammlungen  zusammen,  und  in  der  Frühe  des  8.  Januar  nahmen  
 wir  Abschied  von  dem  uns  so  lieb  gewordenen  Tjibodas.  Niemand  
 war  froher  als  unsere  Diener  und  Kulis  aus  Buitenzorg.  Sie  sind  
 nur  höchst  ungern  einige  Tage  hier  oben  in  dem  einsamén  Waldgebirge; 
   nicht  allein,  weil  sie  elend  frieren  und  keine Unterhaltung  
 finden,  sondern  namentlich,  weil  sie  sich  vor  den  bösen  Geistern  
 im  Urwalde  wie  Kinder  fürchten.  Gegen  sechs  Uhr  brach  unsere  
 kleine  Karawane  auf,  und  schon  nach  sieben  Uhr  waren  wir  unten  
 in  Sindanglaja.  Hier  trennten  sich  unsere  Wege;  Professor  Treub  
 und Dr.  Palla kehrten  nordwärts über  den Puntjakpaß nach Buitenzorg  
 zurück;  ich fuhr  südwärts nach  der Eisenbahnstation Tjandjur,  
 um  von  da meine Reise nach Mitteljava  anzutreten. 
 Du r c h   das  P r e a n g e r - L a n d 
 Die  Reise  durch  die  Preanger-Regentschaft  und, ostwärts  bis  
 Djokjakarta,  dann  zurück nach  Buitenzorg  umfaßte  nur  zwölf  
 Tage  (vom  8.  bis  19.  Januar).  Auch  sie  gehören  zu  jenen  kostbaren  
 Tagebuchblättern  in  der  mühseligen  „Reise  durchs  Leben“ ,  
 die  der  müde  Wanderer  nie  vergißt;  zu  jenen  Festtagen,  die  ihn  
 für  so  viele  harte  Erfahrungen  und  bittere  Enttäuschungen  reichlich  
 entschädigen.  In  der Tat vereinte  sich alles, um mir  diese kurze  
 Zeitspanne  zu  einem  besonders  reizvollen  Stück meiner  achtmonatlichen  
 Malaienfahrt  zu  gestalten:  schönes  Wetter,  Naturgenuß  
 ersten  Ranges,  glückliche  Begegnung  mit  freundlichen  Menschen,  
 ungestörte  und  erfolgreiche  Ausführung  des  zweckmäßigen  Reise-  
 Programms. 
 Seit  dem  Jahre  i 8g 5  ist  die  große,  zentrale  Eisenbahnlinie  vollendet, 
   welche  jetzt  ganz  Java  durchzieht,  von  Serang  im  Westen  
 bis  Probolingo  im  Osten.  Die  meistbenutzte  Strecke  ist  die  mittlere, 
   von  Batavia  bis  Surabaya,  der  zweiten  Hauptstadt  der  Insel.  
 Diese  lange  Strecke wird  in  zwei Tagen  zurückgelegt,  da Nachtzüge  
 nicht  existieren  und man  in  Maos,  halbwegs  zwischen beiden,  übernachten  
 muß.  Bei  der  Kürze  der  Zeit,  die  mir  noch  zu  Gebote  
 stand, mußte ich  auf  den  Besuch  von  Ost java  verzichten  und mich  
 auf  den  schönsten  Teil  von  Mittel java  beschränken.  Hier  zogen  
 mich vor  allem  anderen  zwei berühmte  und  vielbesuchte Punkte  an:  
 Garut  mit  seiner  großartigen  vulkanischen  Gebirgsnatur  und  
 D jo k ja k a r ta   mit  den  berühmten  Hindutempeln. 
 Nachdem  ich  mich  von  meinen  beiden  Reisegefährten  getrennt  
 hatte,  stattete  ich  dem  nahen  T jip an n a s   einen  kurzen  Besuch  ab,  
 dem  Lustschlosse  des  Generalgouverneurs,  das  in  einem  hübschen  
 Park  am  Fuße  des  mächtigen  Gedeh  gelegen  ist.  Der  Name  Tjipannas  
 bedeutet  „Warmbrunn“ ;  derselbe  kehrt  in  Java,  wo  so  viele  
 heiße  Quellen  von  den  zahlreichen  Vulkanen  gespeist werden,  häufig  
 wieder.  Unter  den  vielen  schönen  Blumen, mit  denen  der  Lustgarten  
 am  Schlosse  geschmückt  war,  fiel  mir  namentlich  eine  
 prächtige  Riesen-Orchide e  auf,  eine  der  größten  Arten  dieser  
 formenreichen  Familie  (Grammatophyllum  speciosum).  Unten  auf  
 dem  Stamme  eines  mächtigen  Baumes  saß  ein  gewaltiger  Busch