
 
		lichkeit  zu  schauen  ist.  Alles,  was  wir  seit  frühester  Jugend  in  
 unserer  kindlichen Phantasie  als  „Paradies“  uns  vorstellen,  ist  hier  
 in  dem  ,,Hortus  Bogoriensis“   (Bogör  ist  der  malaische  Name  des  
 Ortes  Buitenzorg)  verwirklicht:  ein  prächtiger  Garten,  voll  der  
 mächtigsten Bäume und der schönsten Blumen,  voll der köstlichsten  
 Früchte  und  der  herrlichsten  Waldpartien,  durchströmt  von  einer  
 Fülle  rauschender  Bäche,  geschmückt mit  anmutigen  Teichen,  auf  
 denen  Seerosen  schwimmen,  ebenso  reich  an  leuchtenden  Sonnenplätzen  
 wie  an  verschwiegenen  Schattengängen,  durchzogen  von  
 einem  Netze  der  bequemsten  Fahrstraßen  und  Fußwege,  mit  unvergleichlichen  
 Ausblicken  auf die üppigen Fruchtebenen  von Westjava  
 und  die  stolzen  Vulkankegel,  die  sich  im  Süden  über  ihnen  erheben, 
   und  das  alles  belebt  von  singenden  Vögeln  und  Scharen  
 bunter,  seltsamer  Insekten.  Dabei herrscht überall  Friede und Ruhe  
 (wenigstens  scheinbar);  das  Klima  ist  in  mancher  Beziehung  geradezu  
 ideal.  Selbst  die  eingeborene  Bevölkerung,  die  man  im  
 Garten  trifft,  der  stille,  sanfte  Malaie  mit  seinem  zurückhaltenden  
 Anstande,  paßt  zu  dem  Bilde. 
 Es  würde  mir  eine  Freude  sein,  wenn  ich  meinen  Lesern  nicht  
 allein  eine  allgemeine  Vorstellung  von  dem  wunderbaren  Reichtum  
 und der unerschöpflichen Mannigfaltigkeit des paradiesischen  „Bo-  
 g o rg a r ten s “  geben,  sondern  auch  eine  Auswahl  von  den  prächtigen  
 und großartigen Pflanzengestalten desselben  ihnen  im einzelnen  
 vorführen  könnte.  Das  wäre  aber  nur  möglich,  wenn  es  anginge,  
 meine  Beschreibung  durch  zahlreiche,  gute Abbildungen,  Aquarellskizzen  
 und  Photogramme,  zu  erläutern;  auch  würde  zum  vollen  
 Verständnis  ein  gewisses Maß  von  botanischen  Kenntnissen  vorauszusetzen  
 sein,  sowohl  in  der  Systematik  und  Morphologie  der  natürlichen  
 Pflanzenfamilien  als in  der Pflanzengeographie  und  -phy-  
 siognomik.  Da  ich  das  nicht ohne  weiteres  voraussetzen  darf, muß  
 ich  mich  auf  die  allgemeine  Wiedergabe  meiner  Eindrücke  beschränken, 
   mit  besonderer  Betonung  der  hohen  Bedeutung,  welche  
 die  ganze  Einrichtung  und  Verwertung  des  botanischen  Bogor-  
 instituts  neuerdings  gewonnen  hat. 
 Übrigens  existiert  bereits  eine  ausgedehnte  und  wertvolle  Literatur  
 über  den  Garten  von  Buitenzorg.  Die  eingehendste  Darstellung  
 —   populär  und  wissenschaftlich  zugleich  —  hat  Dr. G. Ha-  
 b erland t  (Professor  der  Botanik  in  Graz)  gegeben.  Seine  „Botanische  
 Tropenreise“  (Leipzig  i 8g3)  enthält  nicht  allein  lebendige  
 und  naturgetreue  „indomalaiische  Vegetationsbilder  und  Reiseskizzen“ 
 ,  sondern  auch  eine  Fülle  von  trefflichen  botanischen  Bemerkungen, 
   welche  selbst  dem  Laien  die  Entstehung  und  Bedeutung  
 zahlreicher  bionomischer  Einrichtungen  klarmachen.  Eine  
 kleinere,  recht  lebendige  und  anschauliche  Schilderung  in  französischer  
 Sprache  gibt  der  belgische  Botaniker  Jean  Massar t  aus  
 Brüssel:  „Un  Botaniste  en  Malaisie“   (Gand  1895),  mit  vielen  
 Photogrammen).  Aber  auch  in  mehreren  neueren  Reisewerken  botanischen  
 und  zoologischen  Inhalts  sind  Darstellungen  des  Bogor-  
 gartens  enthalten,  alle  darin  übereinstimmend,  daß  dieses  großartigste  
 botanische  Institut  nicht  nur  für  alle  Teile  der  Pflanzenkunde, 
   sondern  auch  für  andere  Wissenschaften  von  höchstem  
 Wert  und  in  jeder  Beziehung  ausgezeichnet  organisiert  ist. 
 Am  18.  Mai  1892  beging  das  „Lands-Plantentuin“   (wie  der  
 offizielle  Name  des  „botanischen  Landesinstitutes“  zu  Buitenzorg  
 lautet)  unter  großer  Teilnahme  die  Feier  seines  fünfundsiebzig-  
 jährigen  Bestehens.  Bei  ,  dieser  Gelegenheit  veröffentlichte  der  
 Direktor  Dr. Treub  eine  offizielle  Festschrift,  die  auch  in  deutscher  
 Übersetzung  erschien  (Leipzig  1893).  Sie  enthält  aus  der  
 Feder  des Herausgebers  die  Festrede  über  „Die  Bedeutung  der  tropischen  
 botanischen  Gärten“ ,  und  ferner  eine  sehr  interessante  
 „Kurze Geschichte  des botanischen  Gartens“ .  Dann  folgt  ein praktischer  
 Führer:  „Spaziergänge  durch  den  botanischen  Garten“ ,  von  
 Dr. Burck,. und  von  demselben  eine  Schilderung  des  Herbariums  
 und Museums;  von Dr.  Janse  eine Aufzählung der sehr  zahlreichen  
 „Wissenschaftlichen Untersuchungen  aus  dem botanischen Garten“ ,  
 und  endlich  noch  eine  Anzahl  kleinerer Mitteilungen. 
 Über  den  gegenwärtigen  Zustand,  die  Zusammensetzung  und  
 Wirksamkeit  des  botanischen  Bogorinstituts  werden  von  Dr. Treub  
 neuerdings  regelmäßige  Bulletins  (in  französischer)  und  Verslags  
 (in  holländischer  Sprache)  herausgegeben.  Der  soeben  erschienene  
 ,,Verslag  omirent  den  Staat  van  ’s  Lands-Plantentuin  over  het  jaar  
 1899“   ist  ein  stattlicher  Band  von  242  Seiten.  Besonders  interessant  
 aber ist die kurze „Notice sur  l’état actuel de l’Institut“ ,welche  
 Nr.  1  des  neuen  Bulletins  von  1898  bildet.  Hier  findet  namentlich  
 der europäische Naturforscher,  der  die Herrlichkeiten  des  Paradiesgartens  
 mit  eigenen  Augen  schauen  und  seine  botanische  Bildung  
 auf  eine  höhere  Stufe  erheben  will,  das  Nötigste  über  das  Institut  
 und  die  von  diesem  gebotenen  Hilfsmittel,  auch  sehr  nützliche  
 Winke  betreffs  der  Herreise,  ihrer  Kosten,  des  Verhaltens  im  hiesigen  
 Klima  usw.  Wer  aber  noch  Näheres  über  diese  und  andere  
 Verhältnisse  von  Buitenzorg  erfahren  will,  muß  die  zahlreichen  
 einzelnen  Abhandlungen  konsultieren,  die  bereits  eine  stattliche  
 Zahl  von  Bänden  füllen. 
 Wenn  ich  nun  versuche,  meinen  Lesern  ein  allgemeines Bild von 
 H aeck el,  Insulinde.  3. Aufl.