
 
		Diese  Urpflänzchen,  deren  getäfelte  Zelluloseschale  die  seltsamsten  
 Formen  annimmt,  bewegen  sich mittelst  einer  schwingenden Geißel  
 und wurden  daher  früher  für  Infusionstierchen  gehalten;  allein  die  
 grünen,  gelben und roten Körner  in ihrem plasmodomen  Zellenleibe  
 beweisen  deutlich,  daß  sie  ihrem  Stoffwechsel  nach  zum  Pflanzenreiche  
 gehören.  Sie  vermögen  durch  Synthese von Wasser,  Kohlensäure  
 und Ammoniak  Kohlenhydrate  und  Eiweißkörper  zu  bilden;  
 und  da  diese  „Kohlenstoffassimilation“  vermöge  ihrer  massenhaften  
 Entwicklung  (fortgesetzte  rasche  Teilung  der  Zellen)  in  größtem  
 Maßstabe  geschieht,  liefern  die  Peridineen,  ebenso wie  die  verwandten  
 Diatomeen,  große  Mengen  von  „Urnahrung“  für  die  niederen  
 Seetiere.  Eine  andere Gruppe  von  einfachsten  Urpflänzchen,  
 welche  in  dieser  Beziehung  hohe  Bedeutung  besitzen,  sind  die  
 Chromaceen;  sie  bilden  gelbliche  oder  rötliche  Flocken,  die  aus  
 Fäden  bestehen,  zusammengesetzt  aus  einfachen  Ketten  kernloser  
 Zellen.  Massenhaft  angehäuft,  können  zu  anderen  Zeiten  gewisse  
 Chromaceen,  so  namentlich  Trichodesmium  erythraeum,  ebenfalls  
 dem  „Roten  Meere“  eine  gelbliche  ödey  rötliche  Farbe  verleihen.  
 Auf  der Rückreise  sah  ich  so  (am  io.  März  1901)  das  Meer  in  der  
 Malakkastraße  auf weite  Strecken hin  rot gefärbt. 
 Im  südlichen Teile  des Roten  Meeres  fuhren  wir  am Nachmittag  
 des  13.  September  nahe  dem  Z e b a y r -A r ch ip e l  oder  der  Inselgruppe  
 der  „Zwölf  Apostel“  vorbei;  es  sind  das  völlig  nackte  und  
 unbewohnte  vulkanische  Inseln,  ausgezeichnet  durch  phantastische  
 Formen  und  bunte  Farben.  Ihre  Tuffwände,  auf  das  lebhafteste  
 gelb  und  rot  getönt,  stechen  grell  ab  gegen  braune  und  schwarze  
 Lavafelder.  Im  blauen  Meere  machten  sich  von  Zeit  zu  Zeit  helle  
 Flecke  bemerkbar,  aus  denen Tausende  von größeren  und kleineren  
 Fischen  zum  Vorschein  kamen;  zahlreiche  Möwen,  Taucher,  Kor-  
 morane  und  andere Wasservögel  ließen  sich  auf  diesen  natürlichen  
 Futterplätzen  nieder  und  machten  sich  unter  entrüstetem  Schreien  
 und  Flügelschlagen  die  reiche  Nahrung  streitig. 
 Am  Morgen  des  1  September  hatten  wir  bereits  das  „Tränentor“ 
   (Bab  el Mandeb)  passiert  und wurden  bei  unserem  Eintritt  in  
 den  Indischen  Ozean  von  der  sehnlichst  erwarteten  erfrischenden  
 Brise begrüßt;  auch  in  den  folgenden Tagen begleitete  uns  der Südwestmonsun  
 mit  angenehmer  Kühlung.  Das  Meer  war  nur  mäßig  
 bewegt,  der  Himmel  zeitweise  ganz  klar,  dann  wieder  mit  langen  
 Zügen  von mannigfaltig  gestalteten Monsunwolken  bedeckt,  die  bei  
 Sonnenuntergang  in den  zartesten  und prächtigsten  Farben  glühten.  
 Spät  am  Abend  unterhielt  uns  lange  noch  unter  einem  strahlenden 
 Sternenhimmel  das  wunderbare  Schauspiel,  welches  die  Leuchttiere  
 an  der  Oberfläche  des Meeres  bereiteten. 
 Das  „Mee rleu ch ten “  zeigte  sich  auf  dieser  Reise  in  zwei  verschiedenen  
 Formen.  An  einigen  Abenden  erschienen  Tausende  von  
 größeren  „Leuchtkugeln“ ,  meistens  Medusen  (Pelagia,  Rhizosloma  
 u. a.),  geisterhaft  aus  der  dunkeln  Flut  auf tauchend  und  wieder  
 verschwindend.  In weiterer Entfernung sah man nur schwach ihren  
 unbestimmten  Lichtschein;  in  der  Nähe  des  Schiffes  wurde  ihre  
 runde  Glockenform  erkennbar,  ähnlich  den  elektrischen Lampen  in  
 den  Schiffskabinen.  Von  einer  stärkeren  Welle  erfaßt,  leuchteten  
 sie  plötzlich  heller  auf  und  blieben  dann  hinter dem schnell  laufenden  
 Schiff im Kielwasser noch  eine Strecke weit sichtbar.  Mit Hilfe  
 eines  herabgelassenen Eimers  gelang  es  einmal,  aus  dem  Kielwasser  
 einige  leuchtende  Medusen  heraufzuziehen.  Eine  davon  gehörte  zu  
 der Acraspeden-GattungPeZagua, die  andere  zu derCraspedoteri-  
 Gattung  Zygocannula.  Diese  letztere,  zur  Familie  der  Äquoriden-  
 gehörig,  zeichnet  sich  durch  die  ungewöhnlich  hohe  Glockenform  
 des  Gallertschirms  (der  zum  Schwimmen  dienenden Umhrella)  aus,  
 sowie  durch  die  große  Zahl  der bandförmigen Mundlappen  (unten)  
 und  der  gabelspaltigen  Strahlkanäle,  die  vom  zentralen  Magen  abgehen  
 und  an  der  Gabel  je  zwei  Eierschnüre  tragen. 
 Viel intensiver und ausgedehnter war die zweite Form des Meeresleuchtens, 
   welche  durch Milliarden  von  kleinen,  großenteils mikroskopischen  
 Tierchen  hervorgebracht  wurde.  Sie  war  am  schönsten  
 in  dem  „Kühlwasser“  der  Maschine  sichtbar,  das  durch  eine  seitliche  
 Öffnung  an  der  (rechten)  Steuerbordseite,  in  der  Mitte  des  
 Schiffes,  beständig  ausgestoßen  wird.  Dieses  zur  Abkühlung  dienende  
 Seewasser wird  in den untersten Schiffsraum ununterbrochen  
 eingepumpt  und  durchströmt  den  Raum,  in  welchem  die  heißen,  
 dampferfülllen  Röhren  der Maschine verlaufen.  Letztere  geben  dabei  
 einen  beträchtlichen  Teil  ihrer  hohen  Temperatur  an  das  umspülende  
 Kühlwasser  ab  und  erhitzen  dasselbe auf  $o— 5o°  C.  Die  
 starke  Erwärmung  einerseits,  anderseits  der  heftige  Stoß,  mit  dem  
 dieser Wasser ström  seitlich  ausgeschleudert wird,  sind wahrscheinlich  
 die  Ursachen,  welche  die  darin  enthaltenen  Tiere  besonders  
 reizen  und  zu  starker  Lichtentwicklung  veranlassen.  In  jeder  Sekunde  
 wurden Tausende  von  ihnen,  bisweilen  in  so  dichtgedrängten  
 Massen  ausgestoßen,  daß  die  Lichtgarbe,  einer  Rakete  oder  einem  
 Schwärmer  gleich,  sich  in  viele  kleine F unken  auf löste.  Die mikroskopische  
 Untersuchung  ergab,  daß  die  meisten  leuchtenden  Körper  
 kleine  K reb s tie re   waren,  Crustaceen  aus  den  beiden  Ordnungen  
 der  Ruderkrebse  (Copepoda)  und  der  Muschelkrebse  (Oslra