
 
		derselben;  denn  im  ganzen  kümmern  sich  die  Malaien  sehr  wenig  
 um  die  Vorschriften  ihres  Koran;  und  andererseits  gibt  es  wieder  
 im  Orient,  in  Arabien,  Syrien  usw.  viele  orthodoxe  Islambekenner,  
 welche  gar  nicht  an  Waschen  und  Baden  denken  oder  dasselbe  
 höchstens  symbolisch  ausüben,  indem  sie  die  Finger  ins  Wasser  
 tauchen  und  damit Stirn  oder Brust berühren.  Ich glaube  vielmehr,  
 daß  die  auffallende  Wasserliebe  der  malaiischen  Rasse  auf  ihrer  
 uralten  insularen  Lebensweise  beruht,  auf  einer  hydrophilen  Anpassung, 
   die  im  Laufe  der  Jahrtausende  erblich  geworden  ist. 
 Übrigens  sorgen  auch  die  Holländer  in  Insulinde  dafür,  daß  
 sich  überall  Badegelegenheit  findet:  in  jedem  Hotel,  auf  jedem  
 Dampfschiff, in  jedem Privathause.  Es wäre sehr zu wünschen, daß  
 wir  Deutschen  —  und  ebenso  viele  andere  Kontinentalvölker!  —   
 uns  daran  ein  gutes  Beispiel  nähmen  und  schon  von  Jugend  an  
 unsere  Kinder  daran  gewöhnten,  täglich  wenigstens  einmal  zu  baden, 
   am  besten  gleich  früh  nach  dem  Auf stehen.  Diese  Sitte  erfordert  
 weder  besondere  Kosten  noch  Umstände;  eine'  Sitzbadewanne, 
   ein  Eimer Wasser  und  ein  Schöpftopf genügen. 
 Überhaupt  können  wir  weißen  und  weisen  Europäer  von  den  
 braunen  und  ungelehrten  Malaien  noch  vielerlei  lernen.  In  allen  
 Bewegungen,  wie  im  Sprechen,  Essen  und  Trinken,  halten  die  Malaien  
 im  allgemeinen,  ganz  besonders  aber  die  Javanen,  als  ihr  
 höchstentwickelter  und  bestkultivierter  Stamm,  auf  Maß  und  Anstand. 
   Niemals  habe  ich  in  Java  und  Sumatra  einen  betrunkenen  
 oder  schimpfenden  Malaien  gesehen,  niemals  solche  gemeine  Roheiten, 
   wie  man  sie  in  Europa  alltäglich  erleben  kann,  leider  besonders  
 in  den  germanischen,  an  Alkoholmißbrauch  gewöhnten  
 Ländern.  Im  persönlichen  Verkehr  befleißigen  sich  alle  Malaien  
 einer  großen  Zurückhaltung  und  Bescheidenheit,  die  Untergebenen  
 gegen  ihre Vorgesetzten  der  größten  Höflichkeit  und Ehrerbietung. 
   Im  Innern  von  Java  ist  der  Respekt  vor  den  Europäern  auf  
 dem  Lande  noch  so  groß,  daß  beim  Vorübergehen  oder  -fahren  
 derselben  die  Malaien  stehenbleiben  und  ihnen  den  Rücken  zukehren  
 oder  selbst  niederknien.  Zum  Teil  ist  das  noch  die  Folge  der  
 uralten  Feudalverhältnisse,  die  erst  von  den  Holländern  nach  und  
 nach  reformiert  wurden.  Als  Diener  sind  die  Malaien  höchst  aufmerksam  
 und  dienstbeflissen  und werden  von  vielen  Europäern mit  
 Recht  als  unübertrefflich  gepriesen.  Nur  darf  man  keinen  hervorragenden  
 Intellekt,  keine  Initiative  von  ihnen  erwarten.  Aber  die  
 gewohnten  täglichen  Dienste  versehen  sie  meistens  sehr  geschickt  
 und  gewissenhaft,  trotz  der  großen  Trägheit  und  Arbeitsscheu,  die  
 sie  mit  den  meisten  Naturvölkern  teilen. 
 Über  die  körperlichen  und  seelischen  Eigenschaften  der  m a la iischen  
 Rasse  ist  so  viel  geschrieben  worden,  daß  ich  hier  nicht  
 weiter  darauf  eingehen  will;  ich  habe  aus  eigener  Erfahrung  und  
 aus  den  Mitteilungen  vieler  genauer  Kenner  von  Land  und  Volk  
 den  Eindruck  gewonnen,  daß  sie  im  ganzen  besser  ist  als  ihr  Ruf.  
 Die  Malaien  gelten  als  träge,  falsch,  lügenhaft,  grausam,  diebisch,  
 lasterhaft  usw.  Allein  oft  sind  diese  Vorwürfe  nur  auf  üble  Erfahrungen  
 gegründet,  welche Europäer mit  einzelnen  Dienern,  oder  
 Aufseher  mit  arbeitsscheuen  Arbeitern  gemacht  haben;  und  jedenfalls  
 steht  jenen  Schattenseiten  ihres  Charakters  auch  eine  gute  
 Zahl  von  Lichtseiten  gegenüber;  sie  sind  durchgängig  von  einem  
 feinen  Gefühl  für  Anstand,  Ehre  und  Sitte  beseelt,  wodurch  sie  
 von  vielen  Vergehungen  abgehalten  werden.  Der  ernste,  schweigsame  
 und  verschlossene  Charakter  ist mit  einem  cholerischen Temperament  
 gepaart;  leidenschaftliche Ausbrüche  sind  selten.  Bei  der  
 ausgesprochenen Neigung  zu weiten Wanderungen  und kühnen Seefahrten  
 offenbaren  sie  viel  Mut  und  Unternehmungslust;  ebenso  
 auf  der  Jagd  und  im Kriege.  Persönliche Gegner  schaffen  sie  gern  
 durch  Dolch  oder  Gift  aus  dem Wege,  besonders  wenn  Eifersucht  
 oder  beleidigtes  Ehrgefühl  das  Motiv  ist. 
 Während meiner  mehrmonatlichen  Arbeiten  im  botanischen  Institute  
 von  Buitenzorg  hatte  ich  täglich  Veranlassung,  mich  mit  
 malaiischen Dienern  und  Beamten  desselben  zu  beschäftigen;  ebenso  
 mit  Kindern,  welche  mir  ,neues  Material  für  meine  Sammlung  
 brachten:  Schlangen  und  Eidechsen,  Eier  und  Embryonen  von  diesen  
 Reptilien,  Fische  und  Krebse,  Skorpione  und  Spinnen,  besonders  
 aber  jene  wundervollen  mannigfaltigen  Insekten,  an  denen  
 Java  so  reich  ist.  Hierbei hatte  ich  täglich Gelegenheit,  den Scharfblick  
 und  den  lebendigen  Natursinn  der  Malaien  zu  bewundern,  
 sowie  die  Geschicklichkeit,  mit  der-  sie  giftige  und  gefährliche  
 Tiere,  z. B.  Giftschlangen  und  Skorpione,  zu  fangen  und  zu  fesseln  
 wissen.  Auch  in  technischer  Beziehung  sind  sie  sehr  geschickt  und  
 erfinderisch,  oft  mit  schönem  Zeichentalent  begabt.  Im  Institut  
 arbeitete  damals  ein  junger  eingeborener  Maler,  der  die  schönen  
 Zeichnungen  und bunten Farben  von  Blumen,  Schmetterlingen  und  
 anderen  Insekten  mit  unübertrefflicher  Treue  in  Aquarellbildern  
 wiedergab.  Im  Handel  mit  den  gesammelten  Insekten  fand  ich  
 meine malaiischen  Sammler  meistens  bescheiden  und  anständig. 
 Auch  für  Musik  und  Tanz  haben  die  Malaien  viel  Neigung.  
 Abends  lauschte  ich  oft mit Vergnügen  den  elegischen Klängen  des  
 Gamelang,  jenes  javanischen  Orchesters,  bei  welchem  eine  Art  
 Glockenspiel,  eine Klaviatur von Holzbrettchen und Metallplättchen,