
 
		Aufenthaltes  gefeiert wurde,  fand  in  Padang  Anfang  Februar  statt,  
 bei Gelegenheit  der  Vermählung  der  Königin Wilhelmine  von  Holland. 
   Festessen,  Illuminationen,  Feuerwerke,  Musik  und  Tanzbelustigungen  
 hielten  mehrere  Tage  lang  die  ganze  Bevölkerung  auf  
 den  Beinen.  Das  großartigste  Schauspiel war  jedoch  ein  kolossaler  
 Festzug,  dessen  Entwicklung  einen  ganzen  Vormittag  in  Anspruch  
 nahm.  Von  den  33ooo  Einwohnern  der  Stadt  Padang  und mehreren  
 tausend Landbewohnern, welche  zu Fuß  in  die Stadt gekommen  
 waren,  beteiligten  sich  mindestens  20000  daran.  Den  Kopf  desselben  
 bildete  das  holländische  Militär,  Landtruppen  und  Marine;  
 dann  die  verschiedenen  Vereine  und  Innungen  der  Europäer,  deren  
 Gesamtzahl  in  der  Hauptstadt  noch  nicht  ganz  2000  beträgt.  Die  
 eingeborenen  Malaien  (im  ganzen  26000)  marschierten  in  verschiedenen, 
  langen Abteilungen;  ihnen  folgten  die Chinesen  (4ooo),  
 Araber  und  Inder  (zusammen  etwa  1000).  Eine  der kleinsten,  aber  
 interessantesten  Gruppen  des  Festzuges  bildeten  die  wilden  Eingeborenen  
 der  Insel Nias,  von  denen  viele  als  fleißige Gärtner,  Diener  
 und  Kulis  in  Padang  geschätzt  sind.  Unter  den mancherlei  höchst  
 phantastisch  aufgeputzten  Fabeltieren,  welche  zur  Dekoration  des  
 Zuges  dienten,  fiel besonders  ein ungeheurer Drache  auf,  der  gleich  
 einer  Riesenschlange  sich  wand,  bewegt  durch  zahlreiche  Männer,  
 welche  unter  dem  Schuppendach  des  Leibes  geschickt  versteckt  
 waren. 
 Ein  anderes,  sehr  interessantes  Fest,  das  ich  am Abend  vor meiner  
 Abreise  von  Padang  mit  ansehen  konnte,  war  die  N eu jah r s fe 
 ie r   der  Chinesen,  die,  wie  überall  in  Hinterindien,  so  auch  in  
 Sumatra  einen  sehr  wichtigen  und  vielfach  sehr  hochgeschätzten  
 Bestandteil  der  handeltreibenden  Bevölkerung  bilden;  nicht  wenige  
 der  bedeutendsten  Geschäfte  sind  in  ihren  Händen.  Der  „Kapitän  
 der  Chinesen“ ,  welcher  die  Familie Delprat  und mich  in  sein  Haus  
 eingeladen  hatte, war  ein  sehr  intelligenter  und  gebildeter Mann;  er  
 sprach  geläufig  Holländisch  und  Englisch,  unterhielt  sich  mit  uns  
 mehrere  Stunden  über  die  verschiedensten  Verhältnisse  und  offenbarte  
 dabei  so  vielseitige  Kenntnisse  und  ein  so  gesundes  Urteil,  
 auch  so  viel  gesellschaftlichen  Takt  und  vornehmen  Anstand,  daß  
 er  sich  in  jeder  feineren  europäischen  Gesellschaft  ohne  Bedenken  
 hätte  sehen  lassen  können. 
 Haus  und  Garten  des  Kapitäns  waren  festlich  beleuchtet.  Der  
 Festzug  bestand  aus  einer  Reihe  von  Wagen,  auf  deren  hohem  
 Thronsessel  hübsche,  fürstlich  geschmückte  Kinder  von  sechs  bis  
 zwölf  Jahren  saßen.  Ältere  Kinder,  mit  blitzendem  Edelsteinschmuck, 
   ritten  auf  den  Pferden,  welche  den  Wagen  zogen,  und 
 zahlreiche  Erwachsene,  mit  bunten  Lampions  und  Fackeln  in  den  
 Händen, gingen zu beiden  Seiten  der Wagenreihe.  Auch hier wieder  
 erregten  phantastische  Drachen  und  andere  Fabelwesen  besonderes  
 Aufsehen.  Alles  war  prächtig  dekoriert,  Menschen  und  Pferde,  
 Drachen  und Wagen  überladen  mit  bunten  Decken,  schönen  Blu-  
 men-Girlanden,  glitzerndem  Gold-  und  Silberzierat.  Dazu  warf  
 noch  von  oben  der  Vollmond  seinen  vollen Glanz  auf  die märchenhafte  
 Szene.  Nachdem  der  lange  Festzug  unter  Musikbegleitung  
 seinen  Weg  durch  das  ganze  Chinesenviertel  vollendet  hatte,  gab  
 es  noch  Tänze  und  Festspiele,  und  zuletzt  wurde  ein  großartiges  
 Feuerwerk  abgebrannt. 
 Mit  Vergnügen  folgten  wir  sodann  der  Einladung  des  Kapitäns  
 in  den  oberen  Stock  seines  stattlichen Wohnhauses.  Die  eleganten  
 Möbel  in  den  geräumigen,  offenen  Zimmern  waren  reich mit Gold  
 verziert;  prächtige  seidene  Vorhänge  an  Fenstern  und  Türen.  Die  
 zahlreichen Gemälde an den Wänden zeigten  eine seltsame Mischung  
 von  verschiedenen  Kunstformen:  reizende  japanische  Blumenstöcke  
 und  barocke  chinesische  Genrebilder,  auch  französische  Kupferstiche  
 (meistens  dramatische  Szenen)  und  deutsche  und  italienische  
 Landschaften  (Heidelberg  und  Neapel).  Das  interessanteste  Objekt  
 war  aber  der bunte,  goldgeschmückte Hausaltar,  der  in  keinem  
 größeren  chinesischen  Hause  fehlen  darf:  über  demselben  groteske  
 Götzenbilder,  Drachen  usw.  Mit  besonderem  Stolze  zeigte  uns  der  
 Kapitän  zwei-große,  wohlgelungene  Ölbilder,  die  Porträts  seines  
 Vaters  und  Großvaters;  auch  andere  Reliqüien  bezogen  sich  auf  
 frommen Ahnenkultus.  Auf dem Altar selbst standen als Opfer zwei  
 große  Schüsseln  mit  Früchten  und  anderen  Leckereien.  Auf  eine  
 neugierige,  etwas  indiskrete  Frage,  ob  und  wieviel  von  diesen Delikatessen  
 sich  die lebensgroßen Götterbilder über  dem Altar schmek-  
 ken  ließen,  antwortete  der  Kapitän  mit  heiterem  Lächeln,  daß  die  
 Speisen  zwar  täglich  erneut,  aber  unberührt weggetragen  und  dann  
 von  seinen  Leuten  mit  Appetit  gegessen  würden;  diese  seien  der  
 Überzeugung,  daß  sie  nur  die  „rohe Materie“  verzehrten,  nachdem  
 der  „wahre  Geist“  der  Speisen  von  den  Göttern  genossen  sei.  Wie  
 werden  sich  unsere  akademischen  Metaphysiker  über  diesen  „ k r i tischen“ 
   Dualismus  freuen!  Dahingegen  erklärte  der  Kapitän,  
 er  selbst  sei anderer  Ansicht,  er  glaube überhaupt nicht,  daß  Götter  
 Menschengestalt  annähmen  und  Speisen  brauchten;  auch  sei  er  
 überzeugt,  daß  in  diesen  Opfergaben  wie  in  allen  anderen  Dingen  
 „Kraft  und  Stoff“  (matter  and  force)  untrennbar  verbunden  seien.  
 Der  arme  Mann  schien  mir  schon  von  der  bösen  „m onistischen   
 P h ilo so p h ie “  angesteckt  zu  sein,  die  neuerdings  in  dem  berüch