
 
		Zu  i 5o den  Hindutempeln  von  Djokja 
 Dr.  Ugdaki,  bekannt  durch  die  großen  Verdienste,  die  er  sich  
 1894,  gelegentlich  der  verräterischen  Niedermetzelung  der  holländischen  
 Armee  in  Lombok,  erworben  hat.  Beide  Herren  fuhren  
 dann  mit mir  zu  Dr.  Groneman,  dem  früheren  Militärärzte,  der  
 durch  seine  ausgezeichneten  Untersuchungen  über  die  alten  Hindutempel  
 in  Boro-Budur  und  Brambanan  sich  einen  Namen  gemacht  
 hat.  Das  freundliche  Anerbieten  dieses  gründlichsten  Kenners  der  
 Tempel,  mich  selbst  in  den  nächsten  Tagen  dorthin  zu  begleiten,  
 nahm  ich  mit Dank  an. 
 Das bunte  Straßenleben  in  Djokja wurde  am Abend  dieses Tages  
 noch  besonders  interessant  durch  ein  großes  Fest,  bei welchem  der  
 Sultan mehrere hundert Gäste  öffentlich bewirtete.  Auch  den feierlichen  
 Aufzug  eines  vornehmen  Hochzeitspaares  konnte  ich  mit  
 ansehen.  Die  kleinen,  noch  sehr  jungen  Eheleute  glichen  Kindern,  
 welche  für  eine  Kinderkomödie  festlich  aufgeputzt  sind.  Sowohl  
 der helmartige Kopfputz als  das  Mieder,  der Sarong  und  der Gürtel  
 waren  reich  geschmückt mit  Edelsteinen,  Gold-  und  Silberputz. 
 Der folgende Tag,  14- Januar, war dem  Besuche von Boro-Budur  
 gewidmet,  der  größten  und merkwürdigsten  unter  den  zahlreichen  
 Tempelruinen,  welche  aus  der  Zeit  der  Hindu-Invasion,  aus  dem  
 achten  und  neunten  Jahrhundert  n. Chr.,  übriggeblieben  sind;  sie  
 liegen  vier  Meilen  nordwestlich  von  Djokja  entfernt,  in  der  Nähe  
 der Stadt Magelang.  Morgens  um  6 Uhr fuhren wir, Dr.  Groneman  
 und  ich,  in  leichtem,  vierspännigen  Wagen  ab  und  hatten  um  
 10  Uhr  unser  Ziel  erreicht.  Der  Weg  führt  anfänglich  durch  das  
 reichbebaute  Gebiet  des  Sultanats  Djokja,  überschreitet  auf  hohen  
 Brücken  mehrere  malerische  Flußtäler  und  tritt  dann  in  das  Gebiet  
 der  Provinz  Kedu  über,  deren  Hauptstadt  das  liebliche Magelang  
 ist.  Dièse  blühende,  reich  bevölkerte  und  gut  bebaute  Gegend, 
   vielfach  als  „der  Garten  von  Java“  bezeichnet,  wird  im  
 Hintergründe  von  hohen  Gebirgen  eingerahmt,  westlich  von  einer  
 langen  Kette  vielzackiger Kalkberge,  die  sich  vom  Vulkan  Sumbing  
 an,  längs  des  Pragaflusses,  nach  Süden  ziehen,  östlich  von  zwei  
 gewaltigen,  nebeneinander  auf steigenden  Vulkanen.  Der  südliche  
 von beiden  Feuerbergen,  dem eine lang  hinziehende Rauchsäule entsteigt, 
   ist der Merapi;  seine  letzte  große Eruption  fand  18g 4  statt.  
 Nördlich  schließt  sich  an  ihn  der  Merbabu  an. 
 Der  berühmte  Tempel  von  B o ro -Bu d u r   liegt  auf  dem  Gipfel  
 eines Hügels,  der  sich  etwa  5o  Meter  über  die  blühende  Ebene  erhebt; 
   er  sieht  von  ferne  wie  eine  trotzige  alte  Festung  mit  hohen  
 krenelierten  Mauern  und  zahlreichen  Türmchen  aus,  gekrönt  von  
 einer  glockenförmigen  Zitadelle.  Näherkommend  erkennen  wir, 
 das  ungeheure  Bauwerk  die  Gestalt  einer  flachen,  vierseitigen  
 Pyramide  hat.  Die  Seitenlänge  ihrer  quadratischen  Grundfläche  
 mißt  i 5o  Meter,  ihre  Höhe  3o—35  Meter.  Verglichen  mit  den  
 hohen  ägyptischen  Pyramiden,  erscheint  sie  flach  und  niedrig; 
 während  aber  die  vier  Seitenwände  der  letzteren  eben  oder mit  einfachen  
 Stufen  bedeckt  sind,  erscheinen  sie  hier  in  sieben  Terrassen  
 gegliedert  und  mit  einer  erstaunlichen  Fülle  von  Steinbildwerken  
 geschmückt.  Den  soliden  Kern  des  Bauwerks  bildet  ein  pyramidaler  
 Erdhügel,  der  sich  4o  Meter  über  die  untenliegenden  größeren  
 Hügel  erhebt.  Die  beiden  unteren  Terrassen  sind  einfacher  gedaß