
 
		dessen  unmittelbaren  Befehl  gestellt.  Tatsächlich  blieb  nun  der  
 botanische  Garten  dreißig  Jahre  hindurch  unter  militärischem  
 Oberbefehl 1  Viele  ähnliche  Wunderlichkeiten  hat  auch  die  Geschichte  
 wissenschaftlicher  Institute  in  Deutschland  zu  verzeichnen  
 —   in  neuerer  Zeit  nur  mit  dem Unterschiede,  daß  man  zur  „sachverständigen“ 
   Leitung  den  Offizieren  die  Juristen  vorzieht,  deren  
 hohe formale  Bildung  ihnen  nicht  gestattet,  die  nötigen  materiellen  
 Kenntnisse  zu  erwerben. 
 Waren  die  hochgestellten  Gegner  im  Gouvernementspalais  dem  
 Bogorgarten  schon  gefährlich,  so  erwuchsen  ihm  noch  schlimmere  
 Feinde  daheim  in  Holland;  das  waren  die  Professoren  der  Botanik  
 und  die  Direktoren  des  großen  Reichsherbariums  in  Leiden.  
 Diese  wollten  den  Buitenzorger  Garten  lediglich  als  eine  untergeordnete  
 Nebenabteilung  des  letzteren  betrachtet  wissen  und  alle  Ergebnisse  
 seiner  Tätigkeit  nur  in  ihren  Besitz  fließen  lassen;  alle  
 Verbindungen  des  Bogorgartens  mit  anderen  botanischen  Gärten  
 und  Instituten  sollten  aufgehoben,  jegliche  Selbständigkeit  vernichtet  
 werden.  Merkwürdigerweise  war  es  der  frühere  Direktor  
 des  Gartens,  B lume ,  welcher  mit  diesen  Angriffen  energisch  begann; 
   sein wissenschaftlicher Gegner,  Professor  de  Vriese  in  Leiden, 
   setzte  sie  später  in  gleicher  Weise  anhaltend  fort. 
 Unter  diesen  schwierigen  Verhältnissen  war  es  allein  dem  Charakter  
 eines  einzigen  Mannes  von  untergeordneter  Stellung  zu  verdanken, 
   daß  der  Bogorgarten  nicht  allein  am  Leben  blieb,  sondern  
 sogar  im  stillen wuchs  und  sich  günstig weiter  entwickelte.  Dieser  
 merkwürdige  und  höchst  verdienstvolle  Mann  war  J.  E.  T e ijs -   
 mann,  ein  einfacher  Gärtnergehilfe,  den  der  Generalgouverneur  
 mit nach Java  gebracht und  i 83i  zum  „Hortulanus“  ernannt hatte.  
 Er  besaß  nur  sehr  geringe  allgemeine  und  botanische  Bildung,  dafür  
 aber  das  größte  Interesse  für  das  Gedeihen  des Gartens,  dessen  
 Leitung  ihm  anvertraut wurde,  ferner  eine  unverwüstliche Gesundheit  
 und  Arbeitskraft  und  rücksichtslose  Energie  in  der  beständigen  
 Verfolgung  des  hohen  Zieles,  das  er  sich  gesteckt hatte.  Nachdem  
 er  sich  sechs  Jahre  lang  in  aller  Stille  um  die  Reorganisation  
 des  Gartens  bemüht  hatte,  wurde  ihm  1837  als  „Assistent“  der  
 treffliche  Botaniker  Dr.  J.  K.  Haß ka r l  beigegeben,  von  dessen  
 reichen  Kenntnissen  er  täglich  zu  lernen  bestrebt  war;  und  im  
 Verein mit ihm begann  er  sofort  die von ihm angeregte Neuordnung  
 der  Pflanzen  nach  den  natürlichen  Familien,  eine  Einrichtung,  die  
 sich bald  als höchst  fruchtbar  erwies.  Natürlich mußte  dieser Umpflanzung  
 eine  große  Anzahl  schöner  alter  Bäume  zum  Opfer  fallen, 
   zum  größten  Verdrusse  des  Generalgouverneurs.  Da  T e ijs - 
 mann  trotz  seines wiederholten Gegenbefehls mit dem notwendigen  
 Fällen  vieler  Bäume  fortfuhr,  fragte  er  ihn  eines  Tages:  „Wer  hat  
 hier  zu  befehlen,  ich  oder  Sie?“  Prompt  antwortete  der  Hortulanus: 
   „Ich,  Eure  Exzellenz,  solange  Sie  mich  nicht  meines  Amtes  
 enthoben  haben!“  Und  er  blieb  im  Amte  und  führte  die  begonnene  
 Umgestaltung  des Gartens  glücklich  zu Ende,  setzte  auch mit zäher  
 Beharrlichkeit  und  Geduld  eine  Menge  von  wichtigen  Verbesserungen  
 durch,  die  für  „unmöglich“  galten. 
 Sehr  bezeichnend  für  den  vortrefflichen  Charakter  von  T e ijs -   
 rnann  und  für  die  selbstlose  Hingabe  an  den  Garten,  in  dessen  
 Dienste  er  ein  volles  halbes  Jahrhundert wirkte,  ist auch  die  energische  
 Art,  mit  der  er  sich  gegen  die  übermütigen  Angriffe  der  
 egoistischen  Professoren  in  Leiden,  besonders  Blumes  und  de  
 Vrieses,  zur Wehr  setzte.  Als  der  letztere  verlangt hatte,  daß  eine  
 Anzahl  leerer  Wardscher  Kisten,  die  er  nach  Buitenzorg  schicken  
 wollte,mitPflanzengefülltzurückkommen sollten,antworteteTei j s -   
 mann,  „er werde  alles  aufbieten,  um  ihm  seine Kisten  leer  zurückzusenden“ 
 .  Und  als  de  Vriese  gar  das  Verbot betrieb,  fremde  Kulturpflanzen  
 aus  anderen Erdteilen  in Buitenzorg  einzuführen,  replizierte  
 Teijsmann:  „Es  erübrigte  sich  nur  noch,  zu  befehlen,  daß  
 alle  früher  bereits  eingeführten  Kulturpflanzen,  und  wäre  es  auch  
 nur  der  Kaffee,  der  dem  Gouvernement  jetzt  Millionen  einbringt,  
 wieder  ausgerottet  würden!“ 
 Mit  unermüdlichem  Eifer  setzte  T eijsmann   länger  als  dreißig  
 Jahre  hindurch  in  zahlreichen  Berichten  die  Maßregeln  auseinander, 
   welche  er  zur  vollständigen  Reorganisation  des  Gartens  für  
 notwendig  hielt;  und  endlich  hatte  er  die  Genehmigung,  seine  unausgesetzten  
 Bemühungen  mit  Erfolg  gekrönt  zu  sehen.  Nachdem  
 auch  der  verdiente  Botaniker Miquel  in  Utrecht  seine  Pläne kräftig  
 unterstützt  hatte,  wurde  1868  dessen  Schüler  Dr.  R.  H.  C.  C.  
 S ch e f fe r   zum  neuen  Direktor  des  Gartens  ernannt,  und  diesem  
 zugleich  seine  volle  finanzielle  und  administrative  Selbständigkeit  
 zurückgegeben. 
 In  den  zwölf  Jahren,  in  denen  S c h e f fe r ,  anfangs  noch  unter  
 der  wertvollen  Mitwirkung  von  Teijsmann,  die  Direktion  des  Bogorgartens  
 führte, geschah sehr viel für dessen allseitige Entwicklung,  
 sowohl  in  wissenschaftlicher  als  auch  in  praktischer  Beziehung.  
 Das  Terrain  des  Gartens  wurde  erheblich  erweitert  und  verbessert,  
 die  Zahl  der  europäischen  Beamten  und  der  eingeborenen  Arbeiter  
 vermehrt,  und  neue  Gebäude  wurden  errichtet.  Zur  besseren  Aufstellung  
 der  Sammlungen  und  der  stattlichen  Bibliothek  stellte  die  
 Regierung  das  Gebäude  des  Bergwesens  zur  Verfügung,  das  noch