
 
		die  schöne,  braune  Hautfarbe,  nur  selten  das  helle  „Erbsengelb“ ,  
 das  gewöhnlich  als  Charakterfarbe  der  „gelben“  mongolischen  
 Rasse  angegeben  wird,  vielmehr  meistens  ein  schönes  tiefes  Rotgelb  
 oder  Braungelb,  bald  mehr  in  Orange  oder  Zimtfarbe,  bald  
 in  ein  helles  Braunrot  oder  Kupferrot  übergehend.  Viele  jüngere  
 Rikschaleute,  zwischen  sechzehn  und  vierundzwanzig  Jahren,  zeigen  
 außerdem  eine  recht  hübsche  Gesichtsbildung  und  machen  
 eine  so  heitere,  freundliche  Miene,  daß  man  sie  wirklich  für  zufriedene  
 „Glückliche“  halten  muß. 
 Viele Europäer freilich,  besonders neu Angekommene, lassen  sich  
 nur  ungern  von  Rikschas  fahren,  empfinden  gegen  diese  „menschlichen  
 Zugtiere“  eine  gewisse Abneigung  oder finden  es  sogar  „entwürdigend“ 
 ,  sich  von  „Mitmenschen“  ziehen  zu  lassen.  Ich  muß  
 bekennen,  daß  ich  diese  Empfindung  nicht  teile;  ich  bin  auch  
 überzeugt,  daß  das  Los  dieser  Rikschas  weit  besser  ist,  als  man  
 gewöhnlich  annimmt,  ungleich  angenehmer  als  dasjenige  vieler  
 Fabrik-  und Hüttenarbeiter  in Europa,  vieler Bergleute, welche,  um  
 zu  leben,  ihre  Gesundheit  opfern  und dabei  ihr  angestrengtes Tagewerk  
 unter  den  härtesten  Bedingungen  leisten müssen. Der Rikschakuli  
 hat  eigentlich  nur  einen  Dauerlauf  auszuführen,  der,  wenn  er  
 anstrengend  ist,  doch  seinen  nackten  Körper  in  freier  Luft  und  
 Sonne  mächtig  stählt;  er  hat  keine  Sorgen  für  den  folgenden  Tag  
 und begnügt sich mit seinem  täglichen Erwerb,  der immer reichlich  
 genügt,  um  ihm  nicht  allein  die  nötige  Nahrungsmenge  an  Reis  
 und  trockenem  Fisch  zu  verschaffen,  sondern  auch  noch  das  Vergnügen, 
   nach  getaner  Arbeit mit  seinen  Genossen  zu  spielen  und zu  
 plaudern.  Allerdings  findet  auch  hier  künstliche  Auslese  oder  Selektion  
 statt.  Ein  Teil  der  schwächeren  Kulis  erliegt  früher  oder  
 später;  die  kräftigeren  dagegen  erfreuen  sich  desto  vollkommenerer  
 Körperentwicklung.  Übrigens  werden  die  Riks'chas  als  praktische  
 Fahrgelegenheit nicht  nur  von  Europäern  allgemein  benutzt,  
 sondern  auch  von  ihren  eigenen  chinesischen  Landsleuten,  von  Malaien, 
   Hindus  und  anderen  Farbigen. 
 Gleich  den  chinesischen  Kulis  verschmähen  auch  die  meisten  
 anderen  Arbeiter  in  den  Straßen  und Gärten  von  Singapur  die volle  
 Bekleidung  und  begnügen  sich  mit  einem  Strohhut  oder  Turban  
 zum  Schutze  des  Kopfes,  einem  blauen,  roten  oder  weißen  Tuche  
 (gleich  einer  Schwimmhose)  zur  Umhüllung  der  Lenden.  So  hat  
 man  denn  hier  Gelegenheit,  die  schönsten  anthropologischen  und  
 morphologischen  Studien  an  verschiedenen  Menschenrassen  auf  
 offener  Straße  anzustellen:  schwarze  Tamilen  aus  Vorderindien,  
 Vertreter der Dravida-Rasse,  vorzugsweise  als  Straßenarbeiter, beim 
 Wege-  und Wasserbau  beschäftigt;  dunkelbraune  Hindus  als  Kutscher, 
   Pferdeknechte,  Gärtner  und  Diener  tätig;  hellbraune  Malaien  
 als  Fischer,  Boots-  und  Fuhrleute  usw.  Zwischen  diesen  
 Vertretern  von  drei  oder  vier  vorherrschenden  schlichthaarigen  
 Menschenrassen  sieht  man  dann  nach  einzelne  Repräsentanten  der  
 wollhaarigen  Rassen;  hier  und  da  einen  afrikanischen  Neger,  einen  
 Papua  aus  Neu-Guinea  oder  Celebes,  einen  Negrito  aus  den  Philippinen  
 oder  aus  dem  Innern  von  Malakka.  Inmitten  dieses  Gewimmels  
 von  nackten  Menschen  aller  Farben  bilden  die  vollständig  
 bekleideten  Europäer  und  vornehmeren  Chinesen  nur  einen  kleinen  
 Bruchteil. 
 Durch  den  beständigen  Anblick  der  nackten  Körperformen,  in  
 den  verschiedensten  Zuständen  der  Ruhe  und  der  Bewegung,  muß  
 nach  den  Anschauungen  vieler  Kulturmenschen  „das  Schamgefühl  
 gröblich  verletzt werden“ ;  so  müssen  wenigstens  die  braven Volksvertreter  
 denken,  welche  noch  im  Jahre  1900  die  wunderlichsten  
 Reden  im  Deutschen  Reichstage  über  die  sogenannte  „lex  Heinze“  
 hielten  (—   ein  bedauerliches  Zeichen  für  den  Bildungsgrad  der  
 deutschen  Volksvertretung!  — ).  Sollte  dieses  Gesetz  in  Singapur  
 und  in  andern  Tropenstädten  zur  Anwendung  kommen,  so  müßte  
 die  große Mehrzahl  des  dortigen  Volkes  sich  selbst  verurteilen  und  
 einsperren  —   „wegen  gröblicher  Verletzung  des  Schamgefühls!“  
 Die  frommen  Herren  des  katholischen  Zentrums  aber  dürften  nur  
 bei  Nacht  oder  mit  verbundenen  Augen  sich  durch  die  Straßen  
 fahren  lassen.  Solche  und  ähnliche  Betrachtungen  wurden  auf  
 unserem  Dampfer  zwischen  Ceylon  und  Singapur  vielfach  angestellt, 
   nachdem  viele  Passagiere  zum  ersten  Male  eine  größere  Anzahl  
 dunkelfarbiger  Eingeborenen  im  Naturzustände  beobachtet  
 hatten. 
 Da  die  Chinesen  in  Singapur  an  Zahl  und  Bedeutung  die  anderen  
 Rassen weit  übertreffen,  und  da  uns  diese merkwürdigen  Zopfträger  
 hier  alle  Seiten  ihres  eigentümlichen  Kulturlebens  offenbaren, 
   so  war  deren  Bekanntschaft  mir  gerade  jetzt,  wo  die  „chinesische  
 Frage“  plötzlich  zu  einer  der  größten  politischen  und  historischen  
 Weltfragen  geworden  ist,  von  höchstem  Interesse.  Es  kann  
 nicht  genug  darauf  hingewiesen  werden,  wie  grundfalsch  die Vorstellungen  
 sind,  welche  noch  heute  in weiten  Kreisen  von  Deutschland  
 und  vom  übrigen  Europa  über  C hina  und  seine  Bewohner  
 herrschen.  Die  Vorzüge  des  chinesischen  Rassencharakters  sind  
 unermüdlicher  Fleiß  und  technisches  Geschick,  zähe Ausdauer  und  
 große  Genügsamkeit  in  der  Lebensweise,  dabei  umsichtige  Berechnung  
 aller  Verhältnisse,  —-  kurz  ausgezeichnet  praktischer