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 diseocarpen  Apothecien,  ferner  dass  jene  Spermatien  in  den  Apothecien  
 ihre Gestalt ändern.“  Alle  solche  Gründe  befestigten  meine Ansicht,  namentlich  
 in  Betreff  von  Leptogium  myoehroum. 
 Es  ist  unzweifelhaft,  dass  das  Auftreten  der  Spermatien  in  den  Apothecien  
 kein  zufälliges,  etwa  gar  durch  Einwanderung  von  aussen  erfolgtes,  
 sondern  nur  ein  zweckmässiges  sein  kann,  da  dieselben  die  ganze  Zeit  der  
 Entwickelung  des  Apothecium  aus  dem  Spermogonium  überdauern  sogar  
 bis  zur  Reife  der  Sporen,  so  dass  das  Bestehen  eines  Connexes  mit  den  
 letzteren  in  der  berührten  zwiefachen  Weise  grosse  Wahrscheinlichkeit  
 gewinnt.  Von  den  beiden  Mogliclikeiten  bezweifelte  ich  stets  diejenige,  
 dass  die  Spore  als  solche  entweder  in  dem  Apothecium  oder  ausserhalb  
 desselben  befruchtet  werde,  da  die  Thatsache,  dass  die  Sporenkeimung  
 ohne  solchen  vorangegangeneii  Akt  erfolgt,  durchaus  zweifellos  dasteht.  
 Somit  konnte  der  befruchtende  Einfluss  der  Spermatien  sich  nur auf spätere  
 Producte  der  Sporen  erstrecken,  falls  sich  nicht  ein  der  Spermogonien-  
 bildung  vorangehender  Geschlechtsakt  feststellen  lie ss,  in  welchem  Falle  
 aber  wieder  die  Frage  nach  dem  Zwecke  der  Spermatien  offen  blieb.  Ist  
 es  bei  allen  diesen  Erwägungen  noch  auffallend,  dass  ich  trotzdem  an  einen  
 morphologischen  Connex  zwischen  Spore  und  Spermatium  glaubte?  Und  
 dass  dieses  Verhältniss  kein  geschlechtliches  se i,  dass  vielleicht  überhaupt  
 oder  wenigstens  im  Bereiche  des  Apothecium  den  Lichenen  eine  Befruchtung  
 fehle,  dafür  lieferten  mir,  ehe  ich  in  die Lage  versetzt war,  die  unten  
 geschilderten  Thatsachen  mit  ihrer  erschütternden  üeberzeugungskraft  zu  
 Tage  zu  fördern,  mehrere  gleichfalls  wenig  oder  gar  nicht  beachtete  Erscheinungen  
 die  genügenden  Anhaltspunkte. 
 Zunächst  ist  es  die  Fähigkeit  der  Apothecien  mehrerer  Arten  zu  
 sprossen,  d.  h.  aus  dem  ersten  Apothecium  ein  zweites  und  aus  diesem  
 sogar  ein  drittes  zu  erzeugen,  welche Erscheinung  allerdings  den Lichenen  
 nicht  ausschliesslich  zukommt,  hier  aber  unter  merkwürdigen  Gestalten  
 auftritt,  wie  z. B.  in  der Erzeugung mehrerer meist  verkümmerter Apothecien  
 aus  dem  Hypothecium  eines  durch  Alter  vergehenden.  Allein  diese  Fähigkeit  
 des  Sprossens  äussert  sich  auch  dadurch,  dass  der Discus  Spermogonien  
 hervorbringt,  in welcher Thatsache man  einen  Parasitismus  fremder Pflanzen  
 annehmen  zu  müssen  geglaubt  hat,  während  es  doch  viel  näher  la g ,  in  
 diesem  Zusammentreffen  einen  Hinweis  auf  eine  enge  morphologische Verknüpfung  
 beider  Gebilde  zu  erblicken.  Zwei  andere  Thatsachen  ferner  
 werfen  auf  die  in  Rede  stehende  Frage,  aber  auch  auf  das  Wesen  der  
 Fruchtsphmre  ein  ungemein  helles Licht.  Ausser  dem  schon  durch Li nd s a y   
 festgestellten  Auftreten  von  Clinosporangien  im  Apothecium  ist  es  die  von 
 mir  sehr  häufig  gemachte  Beobachtung  von  Gouotrophien  auf  dem  Discus  
 meist  der  höheren  Lichenen.  Diese  Gouotrophien  wiederholen  dieselbe  
 Gestalt,  welche  die  von  dem  Thallus  hervorgeheiiden  haben,  aber  auch  
 den  hauptsächlichen  Entwickelungsgang.  Daher  findet  man  die  Scheibenfläche  
 grösser  Scutellen  nicht  selten  ausser  mit  mehr  oder  weniger  zahlreichen  
 Gouotrophien  auch  mit  winzigen  halbkugeligen  oder  fast  kugelförmigen  
 Thallomen  bedeckt. 
 Die  Beobachtungen  S t ab l ’s  und  die  aus  denselben  hergelciteten  
 Schlüsse  einer Beleuchtung  zu  unterziehen  schon  vor  der Darstellung meiner  
 in  j e d e r   Hinsicht  widersprechenden  Thatsachen  und  der  auf diese  gegründeten  
 Morphologie  des  Apothecium  und  der  Spore  ist  schwer  zu  unterlassen, 
  da dieselben mehrfache mehr oder minder bedeutende Blossen darbieten.  
 Durchaus  objectiv  soll  diese Beleuchtung  ausgeführt werden,  ja  sogar meine  
 zuvor  dargestellten  Aufschlüsse  über  das  lichenische  Wesen  will  ich  verg 
 e ssen ,  fällt  dann  trotzdem  die  Kritik  ungenehm  aus,  so  hoffe  ich ,  dass  
 mich  nicht  der  Vorwurf  der  Subjeotivität  treffe.  S t a h l   hält  die  Lehre  
 S c h  w e n d e n e r ’s  für  ein  Dogma,  das  der  Beweise  überhaupt  nicht mehr  
 bedürfe,  das  er  aber  doch noch zn vertheidigen sich getrieben fühlt, offenbar  in  
 dem  peinlichen  Bewusstsein,  gerade  die Lichenologen  als  eine  geschlossene  
 Gegnerzahl  sich gegenüber  stehend  zu  sehen.  Mit  einem Gesinnungsgenossen,  
 nämlich  Wi n t e r ,   hat  er  es  übernommen,  die  Lichenologen  endlich  zur  
 Annahme  des  von  den  Physiologen  vorgeschriebenen  Dogma  zu  bewegen,  
 was  ja  mit  einer  wunderlichen  Sicherheit  als  eintretend  von  S a c h s   vorausgesagt  
 wurde.  Beide  Genossen  bemühen  sich  daher,  die  lichenologisohe  
 Terminologie  auszurotten  und  durch  die mycologische  zu  ersetzen.  Die Achtung  
 ihres Meisters  vor  der Geschichte der Lichenologie scheinen beide Jünger  
 nicht  zu  theilen.  S t a h l   hofft auch  in  seinen  veröffentlichten Untersuchungen  
 Beweise  für  die  Wahrheit  dieser  Lehre  vorgeführt  zu  haben,  welche  aber  
 auch  so  schwerwiegend  sein  sollen,  dass  sie  die  letzten  noch  bei  den  
 Lichenologen  vorhandenen  Bedenken  wegzuräumen  im  Stande  sind.  Was  
 S t a h l   aber  vollkommen  entgangen  ist,  er  ist mit  seiner Beweisführung  auf  
 das  eigentliche  Gebiet  der  Flechtenmorphologie  gerathen,  so  dass  seine  
 Theorie  der  Befruchtung  bei  den  Lichenen  sich  als  die  erste  praktische  
 Anwendung  der  Grundsätze  dieser Lehre  darstellt,  welche  berufen  ist,  den  
 wahren  Kern  der  letzteren  der  botanischen  Welt  aufzudecken.  Das  
 mächtige  Vorurtheil  von  der  Wahrheit  der  Lehre  S c h w e n d e n e r ’s  verhinderte  
 S t a h l ,   eine  der  ersten  Regeln  der  Naturforschung  zn  erfüllen,  
 d e n   L i c h e n   in  s i c h   s e l b s t   zu  e r f o r s c h e n ,   aus   s i ch   s e l b s t   zu  
 e r k l ä r e n .   Er  war  so  sehr  beeinflusst,  dass  er  die  Resultate  der  M y c olo  
 g i e   zur  Richtschnur  seiner  Forschungen  auf  dem  Gebiete  des  Frucht- 
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