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Die Oberfläche des imbrieaten Lagers zeigte jene wasserhellen oder
gefärbten zarten Zellohen, welche entweder das Niveau bald mehr, bald
weniger überragen oder der Thaltussubstanz gänzlich eingesenkt sind.
An diesen Zellen bemerkt man auf geeigneten Lagerblättohen ziemlich
auffällige Unterschiede. Ausser der bald gelben, bald bräuuliohgelben,
bald mattbraunen Farbe, welche gewissen eigenthümlich ist, fesselt das
Auge eine andere Besonderheit. Während nämlich die einen eine glatte
zarte Wandung zeigen, haben die anderen eine rauhe Oberfläche, durch
welche sie, selbst wenn die Farbe fast verschwindet, viel leichter bemerkbar
werden (Taf. III, Fig. 13). Da ich mich auf bekannte ähnliche
Eischeinungen beziehen darf, so kann ich mich kurz dahin fassen, dass
die rauhe Aiissenseite durch eine Hyphema-Kapsel hervorgerufen wird.
Taiisende solcher eiiigekapselten Zellen bedecken die Oberfläche eines
Lagerblättchens, und kennzeichnen sich eben durch ihre Kapsel als zur
Blastesis bestimmte Zellen. Diese Hyphemazelleu sind befähigt, auf einem
zwiefachen Wege die Blastesis zu vollbringen. Welcher von beiden der
häufigere ist, bleibt eine oifene, schwer zu beantwortende Frage, soviel
wenigstens steht fest, dass beide Bildungsgänge nebeneinander Vorkommen,
was nicht schwer zu erklären sein möchte. Vergegenwärtigt man sieh
die ungeheure Entfaltung von Lebenskraft, welche sich im Kleinen an
dem imbrieaten Lager oflfenbarte, den massenhaften sich überstürzenden
Bildungstrieb, welcher dem Lager selbst zum Nutzen gereicht, so erscheint
es fast selbstverständlich, dass die Fülle von Lebenskraft sich auch über
die nach demselben Typus angelegte Sprossung ausdehnen muss. Die
ruhiger und gemessener sieh ausbildende Blastemzelle ist zu einer Vermehrung
durch Theilung befähigt, das gegentheilige Verhalten unterdrückt
diese Thätigkeit. Die Theilung wiederholt sich nur dreimal, selten viermal,
und die durch Theilung entstandenen Zellen wiederholen alle Charaktere
der anfänglichen Mutterzelle. Die Hyphemkapsel begleitet harmonisch
diese Thätigkeit, daher man alle Stadien von einer Kapsel ein-
gesohlossen findet (Taf. III, Fig. 13), welche den Einblick in die intracellularen
Vorgänge sehr erschwert. Da die Thatsache feststeht, dass alle Blastemzellen
Bestandtheile des Hyphema sind, so lässt sich auch annehmen, dass
diese sich vergrüssernden Zellen dieselbe Bestimmung, wie die oben
geschilderten dieses Gewebes, haben, nämlich als Metrogonidien zu dienen.
Nachdem die Vermehrung der Blastemzellen abgesohlossen ist, beginnt
mit der Ausbildung des Inhaltes zu Gonidien ein geringes Waohsthum
der Zellen, welche sich schliesslich zu einer Gallerte auflösen. Das so
entstandene, in Gallerte eingebettete Gonidema wird von dem Hyphema
durchzogen. Es ist diese Angabe keinesweges der Phantasie entsprungen,
sondern eine ebenso vielfache Thatsache, als Blasteme vorhanden sind.
Das Blastema ist aber ein zusammengesetztes Gebilde, da soviel gonidien-
haltige Gallerteabschnitto vorhanden sind, als Zellen zuvor ausgebildet
waren. Noch im späteren AVachsthume erkennt man an den mehr knorrigen
Prolifioationen die ursprüngliche Anlage. Tritt die Vermehrung der
ursprünglichen Blastemzelle nicht ein, so kann diese eine Zolle dasselbe
Maass an Bilduugskraft entfalten, welches im vorigen Falle auf mehrere
Zellen vertheilt ist. Die Blastemzelle wächst dann nämlich zu einer
ebenso grossen Zelle heran, wie der ganze Umfang jenes mehrzelligen
Sprosses beträgt. Gleichzeitig wächst das Hyphemnetz mit, so dass auch
hier das gonidienhaltige Gallertekügelchen von demselben dicht umsponnen
ist. Zuletzt tritt die Vereinigung beider Gewebe zu einem vollkommenen
Fleohtenkörper ein. Gerade bei dieser letzteren Modification oifenbart
sich der üppige Bildungstrieb in noch anderer auffallender Weise. Wie
in dem Lagersohüppchen, während die gonidienhaltigen Gallerteabsohnitte
zerfliessend in dem Ganzen aufgehon, das Hyphema alsbald Uber ihrer
Oberfläche neue Metrogonidien bildet, so findet im Gebiete der eigentlichen
Blastesis eine Wiederholung des gleichen Vorganges statt. Daher
findet man nicht allein an der Oberfläche eines mit seiner Ausbildung
fertigen Sprosses eine oder mehrere Blastemzellen in verschiedener Grösse,
welche wieder eine neue Zelle auf sich tragen (Taf. II, Fig. 3),') sondern
bereits an der kaum ausgewachsenen primären Blastemzelle, in welcher
noch gar nicht die Ausbildung des Inhaltes begonnen hat, mehrere neue
Blastemzellen auf verschiedenen Stufen, welchen die Hyphemkapsel als
Matrix diente (Taf. H, Fig. 2). Die Übergrosse Fülle aller nur denkbaren
Entwiokelungszustände legt es aber auch als unzweifelhafte Thatsache dar,
dass hier keine Zellenvermehrung mittelst Ausstülpung statthat.
Berücksichtigt man die schwache Insertion dieser Gebilde iu allen
Altersstufen, so wird man es erklärlich finden, dass höchst unbedeutende
Einflüsse ein solches Blastem von seinem Mutterboden zu lösen vennögen.
Allein dies gilt nur für einen Theil der Blasteme. Es leuchtet ein, dass
das Hyphema vielleicht ausschliesslich oder doch vorwiegend für die
Befestigung der Blastemzellen sorgt, noch mehr aber, dass der Akt der
frühzeitigen Einkapselung höchst wahrscheinlich erst die Ausbildung zu
einem Sprosse veranlasst, welcher Schluss sich dem Forscher bei der
Betrachtung der zahlreichen sowohl nackten, als auch umsponnenen Zellen
in verschiedener Grösse au der Oberfläche des Lagers fast aufdrängt, denn
*) Die Darstellung ist ein Schema, um die aufeinander folgenden Sprossungen
anschaulich zu machen.
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