berechtigt gewesen, den in Rede stehenden Körper mit einem neuen
Namen zu belegen, allein ich zog es vor, den alten Namen für die neue
von mir geschaffene Begrenzung anzuwenden.
Dass aus dem Soredium sich wieder ein vollständiges Flechtenlager
entwickelt, ist eine alte Beobachtung, fast ebenso alt aber ist auch diejenige,
dass ein Soredium sich schon an seiner Geburtsstätte zn einem
neuen Lager entwickelt. Sclion Wa l l r o t h hebt nachdrücklich hervor,
dass die Epiblastesis auf sich selbst stattfinden könne (1. c. I, p. 603).
Allein es kommt auch ausserordentlich häufig vor, dass das Soredium auf
seinem eigenen Mutterthallus fern von dem Soreuma sich zum Thallus entwickelt.
Von S c h w e n d e n e r wurde festgestellt, dass die sogenannten
Adventiv- und die Soredialäste bei Usnea in gleicher Weise in das mütterliche
Lagergewebe eindringen, und dass die ersteren sieh auch aussen als
mit demselben zusammenfliessend offenbaren, die letzteren dagegen durch
eine sichtbare Einkerbung gesondert bleiben. Diese beiden Bildungen
sind aber vom morphologischen Standpunkte aus in gewisser Hinsicht zu
vereinigen. Schon das Studium der von S c h w e n d e n e r gelieferten Entwickelungsgeschichte
der Adventiväste von Usnea legte mir den Gedanken
nahe, ^dass es eine besondere, vielleicht gar ausserhalb des Thallus befindliche
ürsprungsstätte derselben gäbe in gleicher Weise, wie eine solche
für die Soredialäste offenkundig dalag. Da erst an anderer Stelle die morphologische
Betrachtung über die betreffenden Bildungen geliefert werden
soll, so will ich nur Folgendes kurz hervorheben. Auf der gleichen Stufe,
wie der Adventivast, stehen das phylloide Blastema der blattartigen Lager,
das Stauroma, welches nicht allein den krustigen, sondern auch den blattartigen,
sogar den staudigen Lagern eigenthümlich ist, und endlich abgesondert
von allen diesen das Soreuma. In den Bereich der ersteren
Erscheinungen der Epiblastesis Wallr. gehört als eine der merkwürdigsten
das Podetium der Gattungen Cladonia und Bceomyoes s. Nyl. Keinesweges
entsteht dieses Gebilde in dem Marke des phylloiden oder krustigen Lagers,
wie S c h w e n d e n e r nach zu weit vorgeschrittenen Stadien annehmen zu
müssen glaubte. Der Flechtenköi'per is t, wie man immer mehr einsehen
wird, unfähig, auf solche Weise einen so sehr abweichenden Spross zu
bilden. Ob Adventivast oder Podetium, ändert nichts an der Verfolgung
desselben T yp u s, denn für beide ist die vorhergehende Erzeugung eines
besonderen corticalen Organes nöthig, welches die Grundlage für das
Gonidema liefert und sodann durchwuchert von dem Hyphema mit der
Ihallusmasse zusammenfiiesst. Das sich alsdann ausbildende Gonohyphem
sendet seine Fäden in das Thallusgewebe, um endlich selbst der anatomischen
Untersuchung ein Ganzes vorzutäuschen. Gerade die an die
' ih,
Morphologie des Podetium geknüpften Thatsachen, welche in späteren
Abhandlungen in eingehender Weise hertloksiohtigt werden sollen, nehmen
vorwiegend Theil an dem Gnmdbaue einer Lehre, welche, wenn auch
nicht gänzlich neu, bisher aber nur in den schwächsten Umrissen angedeutet
vorliegend, nicht als ein Eigenthum der AVissenschaft betrachtet
werden konnte, nämlich der L e h r e v on de r S p r o s s f o l g e im F l e c h t
e n k ö r p e r , welche ich in ihren ersten Grundzügen hier zu veröffentlichen
gedenke.
Einem abgesonderten Bildungsgänge des Gonotrophium gehört ein
Gebilde an, welches seit A o h a r i u s schon vielfache Discussionen veranlasste,
und Uber dessen Wesen noch bis zur Stunde keine Entscheidung
gefallen ist, da sich zwei Vertreter gänzlich entgegengesetzter Anschauungen,
N y l a n d e r und Th. F r i e s , gegenüberstehen, ich meine das sogenannte
C ep h a l o d i u m . Während N y l a n d e r im ganzen nur die Ansichten von
A c h a r i u s , welcher diese Organe als Apotheoia secundaria auffasste,
wiederholte, sie also für der Flechte eigenthümlich hä lt, glaubt T h .
F r i e s in denselben durch parasitäre Einflüsse erzeugte, also fremdartige,
krankhafte Producte erblicken zu müssen. Die in den Cephalodien auftretenden,
von denen der betreffenden Art oft bedeutend abweichenden,
Gonidienhildungen unterstützen wohl zumeist die letztere Ansicht. Allerdings
steht T h . F r i e s bei diesen so bedeutenden Unterschieden vor der
Alternative, entweder die Anschauung von Gonidientypen, damit aber auch
sein neues Flechtensystem fallen zu lassen, oder diese Anschauung noch
weiter zu pflegen, während N y l an d e r sich der Folgen einer Durchführung
seiner Auffassung nicht recht bewusst geworden zu sein scheint. T h. F r i e s
lieferte durch die Unterstützung seiner Ansichten über das Cephalodium
ungemein bedeutendes Beweismateriale für die AVahrheit der Lehre S c h w e n d
e n e r ’ s, denn wahrlich ist von der Ansicht, welche das bei manchen
Flechten* r e g e lm ä s s i g e Auftreten der Cephalodien auf einen Parasitismus
zurückführt, bis zur Annahme jener Lehre kaum ein Schritt. Die Kenntniss
des Cephalodium ist demnach als mit der Lehre von dem Gonotrophium
enge verbunden zu betrachten. Die Cephalodienbildung erstreckt sich
keinesweges auf die wenigen bekannten Arten und Gattungen, sondern
kommt einer grösseren Zahl von Flechten zu, wo sie wegen ihres veiein-
zelten und unscheinbaren Auftretens unbeachtet geblieben ist. Ob sich
aber alle als Cephalodien bisher bezeichneten Gebilde in das Gebiet der
vom Thallus ausgehenden Processe verweisen lassen werden, muss ich noch
unentschieden lassen. AVie wenig sich die Gonidienformen als Typen verw
e r t e n lassen, ist an einer Flechte übergenug hervorgetreten, und zwar
gerade im Bereiche der Blastesis, daher es jetzt auch nicht überraschen kann.
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