in optischer Hinsicht dadurch sehr beeinflusst wird. Die mannichfeohen
anderen Verhältnisse, welche hier noch erörtert werden sollen, machen es
höchst wahrscheinlich, dass überhaupt keine Zolle von Lepto g iim, wie
seiner Verwandten, farblos is t , dass jedenfalls die soheinbare Entfärbung
der Gonidienzellhaut nur eine bedeutende Verminderung des Farbegehaltes
anzeigt, welcher mit den angewandten optischen Hilfsmitteln nicht mehr
wahrnehmbar gemacht werden kann. Alle Gonidien, wie überhaupt alle
Flechtenzellen (soweit als meine Untersuchungen bis jetzt festgestellt haben),
sind ferner von einer zarten gelatinösen Hülle umgeben, die, wie bekannt, als
die hei der Theilung sich herausstellenden Reste der vergangenen Zellhäute
zu betrachten sind. Bisweilen ist, wie auch S c h w e n d e n e r beobachtete,
diese Hülle zu einer Gallerte-Scheide ausgebildet (Taf. I, Fig. 10), welche
aber am richtigsten wohl auf eine nicht in Verflüssigung ubergegangene
Ilyphenzelle zurückzuführen sein dürfte. Was man bisher für die Gonidien-
membran ansah, war die Folge einer optischen Täuschung. Vergleicht man
nämlich das Bild einer Gonidienreihe, deren Membranen und Gallerte-Hüllen
sich mit einer 950- und 1250-faohen Vergrösserung und noch dazu einem
Immersionssystem betrachtet, ziemlich scharf in allen ihren Umrissen hervorheben,
mit demjenigen, wie es eine geringere Vergrösserung und ein gewöhnliches
Objektiv - System hervorbringen, genau in den betreffenden
Durchmessern, so wird es erklärlicli, wie die bisherige Untersuohnng die
Coutouren der Gallerte - Hülle mit denen der Zellwand vereinigen und als
eine Gallerte-Hülle auffassen konnte. In diesem Falle musste natürlich,
da nur ein einfacher Umriss sichtbar wurde, die Gonidienmembran für zart
gelten. Nur S c h w e n d e n e r widerspricht sich, indem er meist die letztere
Anschauung, in einzelnen Fällen aber auch die meinige, wenn auch nicht vollkommen,
aussprioht. N y l a n d e r nahm allein bisher, wie schon oben angedeutet,
eine gänzlich isolirte Stellung mit seiner Ansicht von den in Rede stehenden
Gonidien ein. Nur ein an Güte sehr massige Ansprüche erhebendes
Microscop konnte denselben in seiner Anschauung nnwankbar beharren lassen,
da ja die zellige Natur der Grenzzellen, welche selbst mit bescheidenen
optischen Hilfsmitteln festgestellt werden kann, die Ansicht von Körnchen
erchüttern musste. N y 1 a n d e r hielt es vielleicht für sehr erspriesslioli,
die Wissenschaft mit der Ausbildung der Lehre von den Gonidien im verflossenen
Jahre') zu bereichern, er that dies durch eine sonderbare, in
Wahrheit unlogische Eintheilung derselben, also von Körpern, deren Wesen
er selbst nicht kannte, von denen man überhaupt nur dürftige Anschauungen
hegte. Wir erfahren je tz t, dass kaum der früher für körnig gehaltene
') Flora 1877, p. 358.
Inhalt der Gonidien, geschweige denn letztere seihst die Bezeiohuung von
Körnchen verdienen.
Ausser der allgemein bekannten Thatsache, dass die Gonidien
sich durch eine zu der Längenaxe der Kette senkrechte Theilung vermehren,
findet auch seltener eine solche in einer mit jener Axe parallelen
Richtung statt, wie bei der in mancher Hinsicht nahestehenden Gattung
Lichina. Dieser Theilungsvorgang wurde nur insularisch auftretend bemerkt.
Die Flechte scheint hiermit weniger die Verlängerung der bestehenden
Kette als die Bildung neuer anzustrehen.
Nicht alle Zellen der Gonidienkette nehmen aber, wie bekannt, an
dieser Vermehrung Theil. In gewissen Abständen im Verlaufe der Kette
oder auch in den letzten Zellen derselben tritt ein Stillstand ein, welcher
sich durch die angegebene Aenderung des Aussehens hervorhebt. Allein
diese Aenderung ist in der That nur eine durch geringe Differenzirungen
des Inhaltes hervorgerufene optische Täuschung. Betrachtet man nämlich
die Grenzzellen nach der angegebenen Präparation in der geeigneten Beleuchtung,
so ergibt sich die Thatsache, dass ihr Inhalt gleichfalls von
Microgonidien gebildet wird und die Erkenntniss seiner grünen Farbe durch
eine Zunahme des farblosen Plasma, in Folge dessen die Lichtbrechungsfähigkeit
erhöht wird, ohne die geeignete Methode fast unmöglich macht.
Auch die bisweilen auftretende Farbe der Zellhaut beruht auf der Aenderung
der optischen Verhältnisse. Die doppelt contourirte Membran ist, wie die
bisherige Schilderung erwiesen, keinesweges den Grenzzellen allein eigen,
sie tritt hier nur deutlicher aus eben denselben Ursachen hervor. S c h w e n d
e n e r , der diese Erscheinung als ein Kriterium hervorhoh, vergass, dass
er die doppeltoontourirte Membran als eine bei allen Gonidien von Leptogium
cyanescens vorhandene abbildete.') Schon das Vorkommen von mehreren
Grenzzellen hintereinander, welche S c h w e n d e n e r bis zu dreien, ich in
selteneren Fällen bis zu fünf beobachtete, weiset darauf hin, dass sie den
Zweck, wie er in der Bezeichnung liegt, kaum haben können. Die Beobachtung
ferner, dass alle Grenzzellen ihren Inhalt bewahren, dass sie durch
Wachsthum einen das Volumen der grössten Gonidienzellen bedeutend
ühertreffende Grosse erreichen können, erschüttert vollständig die bisherige
Anschauung. Eine andere Eigenthümlichkeit, welche das Studium dieser
Zellen bedeutend erleichtert, ist, dass sie auf Jod viel stärker reagiren, als
die Membranen und Gallertehullen der gewöhnlichen Gonidien, deren violette
Färbung nicht selten nur bei einer gewissen, nämlich mehr oberflächlichen
Einstellung sichtbar wird.
') 1. 0. Tat. XIII, Fig. 2.
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