eines morphologischen Ranges eine möglichst grosse Erleichterung der
immerhin mühseligen Forschung vereinigte. In welcher Gattung und Familie
wir die höchste Vollkommenheit des Flechtenkörpers zu erblicken haben,
ist zur Stunde eine noch nicht sicher beantwortbare Frage. Ich theilte
die ältere Ansicht, dass in Cladonia jener Gipfel der Flechtenschöpfung
zu finden se i, und obwohl ich später in die Lage kam, dies durch morphologische
Studien nachweisen zu können, unterliess ich doch aus mancherlei
Zweckmässigkeitsrücksichten eine morphologische Bearbeitung des
Clackmien-'K.ör^exs. T u e k e rma n erachtet in den mit einem blattartigen
Lager ausgestatteten Formen das Centrum des Flechtenreiches. N y l a n d e r
präcisirt diese Ansicht dahin, dass er in den Stictei diesen Gipfel wegen
der höchsten Entwickelung sowohl des Thallus wie des Apothecium und
Spermogonium erblickt. Die nahe Verwandtschaft derselben mit den Colle-
maceen, wie sie auch in den neuesten Systemen von T h . F r i e s und
T u e k e rma n zum Ausdrucke gelangte, liess mich auf die höchsten Formen
der letzteren mein Augenmerk richten. Unter diesen Formen, den Lep-
togiei, gibt es aber keine, die so sehr den Stictei sich nähern, wie die unter
Mallotiim begriffenen. Ich hatte schon früher den Leptogien eingehende
Studien gewidmet und war daher im Besitze von werthvollen Beobachtungen,
als ich im Mai vorigen Jahres in Folge eines Angriffes die Forschungen
dieses kleinen Gebietes wieder aufzunehmen gezwungen wurde.
Es gelang mir damals, plötzlich das Problem von Nostoc gelöst zu sehen
und ausserdem eine solche überreichliche Fülle von Neuheiten zu finden,
dass ich an das Studium der einen Flechte Leptogium, myoehroum fünf
Sommermonate hindurch gefesselt blieb. Indem ich nun hiermit eine Arbeit
vorlege, welche sich fast ausschliesslich mit der Anatomie und Morphologie
dieser einen Art beschäftigt, soll derselben doch nicht vollständig die
Tendenz einer Monographie zu Grunde liegen. Ich wollte einerseits die
Schilderung der neuen Auffassung des liohenischen Wesens gleichsam an
einem Muster durch alle Lebensstadien hindurch vorführen, andererseits
Lichenologen und Schwendenerianern die Natur dieser einen Flechte behufs
Umkehr von ihrem Forschungsgange Vorhalten. Nur an wichtigen Stellen
werde ich von meinem Plane abweiohen und auch andere Gattungen, andere
Typen einer Behandlung unterziehen, um meinen neuen Ansichten die
Aufnahme in die Wissenschaft möglichst bald zum Nutzen derselben zu
sichern. Allein ich kann dies nur soweit thun, als es die dieser Arbeit
gesteckten Grenzen gestatten.
Die zu behandelnde Flechte Leptogium myoehroum (Ehrh.) Tuck,
umfasst die bisher für Arten gehaltenen Leptogium saiurninum (Dicks.)
Nyl., L . midenbrandii (Garov.) Nyl. und L. Metmesü Mont. Ich will hier
nicht die in einer schönen Darstellung gegebene Begründung der Zusammengehörigkeit
der drei Arten, wie sie in unserer Gegenwart nur ein T u c k e r-
man' ) zu liefern vermag, wiederholen. Aus mehrfachen Gründen halte
ich es für nicht überflüssig, die Exemplare meines Herbars, welche das
Materiale für meine Forschungen lieferten, namhaft zu machen. Es sind
folgende :
A. Stoppelberg bei Oberzell (Baiern?) leg. H i l l e 1866. c. apoth.
B. Villers-au-bois bei Metz (Lothringen) auf Populus pyramidalis, leg.
A. Mi n k s Sept. 1870.
C. Kaprun-Thal in Salzburg auf Ahorn, leg. A. M in ks Juli 1872.
D. Salzburger Alpen, leg. Laur e r .
E. Am Brennerpass in Tirol auf Tannenstümpfen, leg. A. Mi nk s
Aug. 1873.
F. Ebendort, leg. A u e r s w a l d .
G. Umhausen im Oezthale (Tirol), leg. Ar n o l d .
H. Im Thale Riu-sor am Fusse des Retyezát (Siebenbürgen) an Hasel,
leg. H. L o j k a 1874, c. apoth.
I. Bei Zug (Schweiz) an Nussbäumen, leg. He g e t s c h w e i l er 1872
und 1877, o. apoth.
K. Bei Gossan, Kant. Zürich, auf schattiger Nagelfluhe, leg. He g e t -
s o h w e i l e r Sept. 1873.
L. St. Midtäkläppen in Herjedalen, leg. P. J. H e l l b om 1867.
M. Bozen in Tirol, leg. Jack, c. apoth.
N. Seiss in Süd-Tirol an Eschen, leg. St r i cke r , c. apoth.
0 . Chur in Graubünden an Nussbäumen, leg. H e g e t s o h w e i l e r
1874, 0. apoth.
P. Genf auf Nussbaum, leg. Mü l l e r A rg ., c. apoth.
Die Exemplare A his L gehören zu Leptogium saturninum, die übrigen
zu L. midenbrandii. Exemplar K weicht von allen übrigen durch die
imbricate Form des Lagers ah. Was diese Flechte den Stictei so sehr
nähert, ist die filzige Bekleidung der Lagerunterfläohe. Von diesen sind
es aber besonders Sticta fuliginosa (Dicks.), St. silvática (L.) und St. Du-
fourei, welchen die zu behandelnde Flechte und namentlich in den Exemplaren
A und D sich anschliesst. In diesen haben wir das äusserste Extrem
einer Gallertflechte erreicht. Das Exemplar D mit seiner lederartigen Oon-
sistenz, bleigrauen glatten Oberfläche, seinem bleich ockergelben Filze
verräth äusserlich nicht im mindesten eine Gallertflechte. Sie könnte mit
Recht unter Leptogium Menziesii begriffen werden.
I
Genera lichenum p. 99—103 (1872).
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