man an die Erforschung der Functionen dieser Organe und ihres morphologischen
Verhältnisses herantritt, sich unabweislich aufdränge, und doch
versuchte sich St ahl , nur auf die dürftigen grobanatomisoheu Untersuchungen
des Baues der betreffenden Körper gestützt und ohne eine die g e s ammt e
Literatur umfassende Kenntniss, in der Lösung dieses schwierigsten Käthsels
der Lichenologie.
Der Zusammenhang von Spermogonium und Apothecium, nur von
einem kleineren Theile der Lichenologen mehr oder weniger bestimmt in
Frage gestellt, wurde stets als das Verhältniss eines männlichen zu einem
weiblichen Organe aufgefasst, an andere Möglichkeiten dachte ausser Bayr-
h of f er niemand. Dieser Forscher stand wieder mit seiner Ansicht gänzlich
allein, da er das Verhältniss beider Organe in einem von allen anderen
abweichenden Sinne auffasste. Es folgt, dass die Geschichte unserer Kenntniss
der Fruchtsphsere des Flechtenlebens sich aus derjenigen des Baues und
der Function des Spermogonium und des Apothecium zusammensetzt, und
dass desshalb die vorbereitende geschichtliche Einleitung am vortheilhaf-
testen die beiden Organe vereinigt behandelt. Eine solche Einleitung ist
aus mehrfachen Gründen gerade auf diesem Gebiete unerlässlich, doch
sollen nur die wichtigsten Punkte aus der Gesohiohte Erwähnung finden,
da es sich hier nicht um eine Monographie über die Fruchtsphsere der
Lichenen handelt.
Das Spermogonium hat nach der von T u l a s n e , N y l a n d e r und
L ä n d e r L i n d s a y vertretenen Ansicht ein demjenigen des Apothecium
analoges Conceptaculum, welches aus zelligem Gefüge nach der Mitte zu
Hyphen, die Sterigmata, aastreibt, von denen die Spermatien entspringen.
Die Sterigmata sind als einfache oder verästelte beschrieben, welche letztere
auch als auffallend gegliedert (Arthrosterigmata) auftreten, wie es
auch bei Leptogium myoehroum der Fall ist. Die Spermatien werden von
N y l a n d e r in fünf Typen gesondert, die sieh aber hei genauerer Betrachtung
auf zwei vermindern lassen. Von diesen beiden Typen sind es gerade
die ellipsoiden oder oblongen von einfachen und im allgemeinen ziemlich kurzen
oder von verästelten Sterigmata erzeugten Spermatien, welche den Uebergang
zu den Clinosporen vermitteln, wie schon L a u d e r L i n d s a y, der Monograph
der Pycniden und Spermogonieu, zu der Ansicht geführt wurde, dass die
Grenzen zwischen beiden Organen schwanken. Allerdings sind es die sich
durch Abschnürung bildenden erwähnten Spermatien, welche sich nur durch
ihre geringe Grösse von der Clinospore unterscheiden, wie ein ähnlicher
anatomischer Unterschied zwischen Gonidien und Stylosporen hei den Pilzen
besteht. Dass diese Anschauung L i n d s a y ’s, dass überhaupt die umfangreichen
und werthvollen Arbeiten desselben gänzlich unbeachtet blieben.
erklärt sich aus dem bisher in der Lichenologie herrschenden Geiste. Eine
Achtung vor diesen Forschungen, eine Anerkennung dieser Wahrheiten
würde ja jenes Phantom, die Spermatologie, vernichtet haben und dies
sollte im Hinblicke auf die unabsehbaren Folgen unterdrückt werden.
Für den anderen Typus, unter welchen ich vier von N y l a n d e r
aiifgestellte zusammenbegreife, hatte derselbe eine besondere Weise der
Zellbildung, die Spiculatio') angenommen, welche er dahin definirt, dass
die Zellwand selbst zu einem hervorragenden Körperchen oder oft zu einer
Spitze hervorgetrieben wird, und dass dann das Getrennte gleichsam ein
besonderer anatomischer Bestandtheil sei. Da die Spermatienbildung von
Leptogium myoehroum unter diesen Typus zu bringen is t, so erscheint es
der Mühe werth, diese Zellbildung zu beleuchten. Es ist zu bedauern,
dass N y l a n d e r die dringende Nothwendigkeit einer differentiellen Diagnose
zwischen Spiculation und Progemmation nicht eingesehen hat. Wie klar
der letztere Typus, die Zellsprossung, N y l a n d e r geworden sein muss,
leuchtet daraus hervor, dass er denselben einerseits für die Entstehung der
Stylospore, für die Bildung der Teleutospore der Pilze und der Spore der
Hymenomyceten, andererseits für die Vermehrung der Torula cerevisits annimmt.
Stülpt sieh also bei der Spioulatio bloss die ZeUwand aus, so hätte
man eine leere, nachher selbstständig werdende Hülle, die sich dann vielleicht
erst den Inhalt auf dem Wege der Endosmose schaffen soll. Allerdings
hat N y l a n d e r bei dieser Zellbildung die unmittelbare Mitwirkung
des Zellinhaltes ausgeschlossen, hätte er dies nicht gethan, so wurde ja
dieselbe mit der Progemmatio zusammenfallen. Ich glaube nicht allem zu
stehen mit meiner Erklärung, dass ich solchen Vorgang nicht in Einklang
mit den Eigenthümlichkeiten des Zellenlebens zu setzen vermag. Die meist
(wie auch bei Leptogium myoohroum) grosse Menge von Spermatien steht,
was schon N y l a n d e r erkannte, in gar keinem Verhältnisse zu den wenigen
Zellen der Sterigmata. Derselbe vermochte dieses Missverhältniss nicht
anders zu erklären, als dass er eine hintereinander erfolgende mehrfache
Erzeugung von Spermatien aus einer Sterigmazelle annahm. D a N y l a n d e r
in den Spitzen der Sterigmazellen die eigentliche Stätte der Spermatien-
erzeugung erblickt, so müsste diese selbe Stelle der Zellwand fähig sein,
sich hervorzutreiben, die neue inhaltslose Zelle abzuschnüren und diesen
Vorgang mehrmals zu wiederholen, welche Vorstellung bei dem mit dem
Zellleben nur einigermaassen vertraueten Naturforscher wohl keinen Beifall
finden dürfte. Naturgemässer ist die Auffassung T u l a s n e ’s und L i n d s
a y ’ s, nach welcher die Sterigmazelle eine mehrfache Zahl von Sper-
>) Lich. Scand. p. 12, nota 2. (1861.)
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