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entsprechende um. Alsdann beginnt diese so umgewaudelte Zelle eine bis
drei Ausstülpungen zu bilden. Dieser selbe Vorgang wiederholt sich
ziemlich oft (Taf. IV, Fig. 2 ), vielleicht findet er ununterbrochen durch
eine Zelltheilung bis zum Abschlüsse dieser Blastesis statt, denn nur so
lassen sich wohl die durch ihre wunderliche Gestalt den Scleroüchenen-
Gonidien an die Seite zn stellenden Bildungen erklären (Taf. IV, Fig. 3
und 4). Diese Blasteme unterscheiden sich in keinem wesentlichen Punkte
von den oben geschilderten; die Zellen sind nur grösser, und namentlich
die Endzeilen zeichnen sich durch eine fast riesige Entwickelung aus.
Besonders zahlreich findet man in diesen Endzeilen neben wenigen Microgonidien
grosse Gonidien und sogar so lch e , deren Inneres wieder aus
Microgonidien gebildet wird. Obwohl der weitere Entwickelnngsgang dieser
Blasteme unerörtert bleiben muss, will ich doch erwähnen, dass es sehr
wahrscheinlich ist, dass diese letzteren Gonidien als Metrogonidien aufzufassen
sind. Ich halte es für sehr nützlich, die Terminologie für solche
Gebilde um eine neue Bezeichnung zu vermehren. Da die Schaffung des
Namens Gonidium, welche, wie gerade ich am innigsten wünschen möchte,
zum Segen der Lichenologie lieber nicht erfolgt sein sollte, trotz aller für
den Ausbau der Morphologie der Lichenen verursachten Unbequemlichkeiten
noch geachtet bleiben muss, so halte ich dafür, so lange als es die
Wissenschaft nöthig hat, mit Gonidium im allgemeinen alle fertigen Zellen
des Gonidema zu bezeichnen, im b e s o n d e r e n Sinne aber den auf das
Microgonidienstadium folgenden Zustand. Sobald als aber diese Zelle an
eine Vermehrung ihrer Microgonidien herantritt, sie M a c r o g o n i d i u m zu
nennen. Demnach ist das Metrogonidium nur ein Zustand der Weiter-
entwiokelung eines Macrogonidium. Diese Terminologie setzt allerdings
voraus, dass das Miorogonidium anfangs eine unfertige Zelle ist. Allein
gerade die Erscheinungen des Flechtenlebens, welche dringend des Terminus
Gonidium im besonderen Sinne bedürfen, werden die Kriteiien eines solchen
von dem Miorogonidium darlegen. Am wenigsten halten mich die Rücksichten
gegen die Priorität an den Namen Microgonidium gefesselt. Da die
hohe Stufe, welche dieser Körper von Anfang an einnimmt, und seine
Fähigkeit, sich unmittelbar zu einer Zelle auszuhilden, eine sonst sehr
bequeme Benennung, wie etwa Chloridium, nicht zuzulassen scheinen, blieb
ich um so lieber bei der Bezeichnung von Microgonidium, da sie einer
bereits bestehenden und vorläufig noch weiter zu erhaltenden Terminologie
angepasst ist. Eine genaue Betrachtung zahlreicher solcher Blasteme führt
aber zu der Ansicht, dass alle die kleinsten grünen Körperchen gar nicht
Microgonidien sind, sondern dass sie als Producte von den vorhandenen
Gonidien, also auch als Gonidien angesehen werden müssen. Mag das
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Microgonidium in seinem anfänglichen Zustande als vollkommene Zelle oder
als membranloser Plasmakörper aufgefasst werden, es liegen hier offenbar
ganz andere Verhältnisse, als in den Hyphenzellen des Lagers vor, und
so erscheint es natürlicher in allen bisher behandelten Blastemen das Vorhandensein
von Gonidien anzunehmen, welche durch Theilung oder Ausstülpung
sich vermehren. Das Auftreten von Macrogonidien besonders in
anderen Zellen hat im Hinblicke auf die im Sporenschlauche stattfindenden
Erscheinungen nicht viel auffälliges an sich, selbst als Metrogonidien würden
sie im Gebiete der Flechtenmorphologie nichts sonderbares darstellen. Dass
nach der Anschauung der Algologen hier Chroolepideen mit „Sporangien“
und „Sporen“ vorliegen, soll nur in Kürze angedeutet werden. Gewisse
Zustände namentlich von Endzeilen dieser Blasteme, in denen dieselben
ovale grüne Zellen einschliessen, könnten am meisten dieser Anschauung
günstig sein (Taf. IV, Fig. 5). Die Anwendung solcher Begriffe auf diesem
Gebiete wird unmöglich durch den sicheren Nachweis der hyphoiden
ürsprungsstätte.
Obwohl ich den weiteren Entwickelnngsgang dieser chroolepusartigen
Sprosse nicht verfolgen konnte, so trage ich doch keine Bedenken, jene
cacteenartigen Thallusbildungen, welchen man auf der Oberfläche und der
üntei-flache des Thallus, namentlich auch im Hypothallus begegnet, als
Abkömmlinge dieser Blastesis zu betrachten. Dieselben erinnern auffallend
an die Grundlage, welche wir kennen lernten, so dass von allen Erscheinungen
der Blastesis diese als die natürlichste Anlage jener Thallusbildungen
anfzufassen sein möchte.
Wenn es auch der hier zu behandelnden Aufgabe ferner liegt, erscheint
es mir doch behufs Begründung meiner Auffassung gewisser intracellularer
Vorgänge der im Vorstehenden geschilderten Sprossung nothwendig, einige
Episoden aus dem Gonidienleben einer anderen Flechte in Kürze zu
erwähnen. Wohl bewusst bin ich mir aller Einwände, welche in jedem
Falle auf meine hier vorgetragenen Ansichten möglich sind, und eben dieses
mein Bestreben, alle nur denkbaren Einwände, wenigstens die gegen
die neuen Grundwahrheiten der Lichenologie gerichteten abzuweisen,
machten meine Arbeit zu einer unbeschreiblich schwierigen. Das Microgonidium,
ein so sonderbarer Körper, dass man der Entstehung einer
umfangreichen Literatur über sein Wesen entgegensehen darf, erfordert
noch manche Aufklärung, so dass, wenn es auch entgegen der Tendenz
der Arbeit ist, die folgenden sehr nützlich erscheinen. Dass die Gonidienreihen
und ihre Zellen bei den Scleroliclienen nicht als analoge Bildungen
ohne Weiteres den Gonidienketten eines Leptogium, den Gonidiengruppen
einer Lecanora, ja nicht einmal den Gonidien einer Roceella gegenüber zu
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