andere Pflanze, von atmospha;risclien, klimatischen und Standortsverhiilt-
nissen beeinflusst wird. In Folge dessen macht dieselbe wohl den Anfang
eines cyklischen Lebenslaufes, überspringt dann aber mit dem Fortschritte
der Vermehrung andere Gestalten, so dass man sich diesen morphologischen
Connex sämmtlioher Gestalten untereinander durch eine Verbindung
zwischen den Punkten der angedeiiteten Linie veranschaulichen kann.
Jede Gestalt würde als das Product eines besonderen Reproduotionstypus
anfzufassen sein, wobei natürlich auch an den mit der Thecaspore ausgedruckten
Typus zu denken ist. Dass nun jede dieser Gestalten noch
wieder variiren kann, bedarf wohl kaum einer weiteren Ausführung. Die
in seiner elementaren Sonderung beruhende Eigenthümlichkeit des Pleohten-
körpers aber gestattet noch eine andere bereits behandelte Erscheinung,
welche wieder an jedem der Vegetationsglieder einer Art auftreten kann,
die jedoch keine Nehenglieder der Vegetation liefert, sondern nur die
Glieder unter bestimmten Lebensverhältnissen zu erhalten vermag. Die
algenartigen Diamorphosen der Fleohten bewahren das Bestehen derselben
unter den ungünstigsten Verhältnissen, allein da sie gleiohfalls mit besonderen
Typen der Vermehrung ausgestattet sind, sorgen sie auch für die
Fortpflanzung der Flechtenart und erhalten dieselbe unter dem merkwürdigsten
Gestaltenwechsel, solange bis eine Aenderung der Lebensverhältnisse
das Gleichgewicht in dem elementaren Baue wiederherstellt
und damit den vollkommen lichenischen Körper wieder in die Erscheinung
treten lässt.
S c h w e n d e n e r ' ) findet bei der Betrachtung der Lebensbewegung
der Flechten von der Spore bis wieder zur Spore ein dreimaliges Zurücksinken
derselben auf neue Ausgangspunkte, nämlich bei der Thallusanlage,
bei der Apothecienanlage und bei der Sporenbildung. Es findet also nach
ihm Generationswechsel oder, wenn man lieber wolle, Vegetationsweohsel
statt. Ich nähre die Hofihung in mir, dass die Zukunft die glänzendste
Bestätigung meiner Anschauung bringen so ll, dass nämlich viel passender
die auf mehrere Gestalten vertheilte Vegetation der Fleohtenart als Vege-
tationswechsel, statt jener Stufenfolge aufzufassen ist. Mit Recht fasst
S c h w e n d e n e r jene drei angenommenen Stufen als Sprosse auf, obwohl
ihm die Kenntniss der Sprossung, wie sie hier vorgeführt wird, verschlossen
war, und da alle Glieder der Vegetation als Sprosse zu betrachten sind ®),
so ist der Vegetationsweohsel seinem Wesen nach ein Sprosswechsel. Seit
') Unters, üb. d. Flechtenth., II, p. 15,
®) Ueber^ das mit der Thecaspore gegebene Glied soll unten die genügende
Aufklärung gegeben werden.
dem schönen und grossen Gedanken Wa l l r o t h ’s, welcher den Flechtenthallus
als ein B l a s t ema auffasste und benannte, ist bis auf S c h w e n d
e n e r ’s erwähnte Erklärung keine erfolgreiche morphologische Betrachtung
in der Wissenschaft verzeichnet. Und wie es in diesen Zeilen genügend
klar wurde, d e r g a n z e F l e c h t e n k ö r p e r w ä c h s t und bau et
s i c h in de r g l e i c h e n We i s e auf , w i e er s i c h f o r t p f l a n z t ,
d u r c h S p r o s s u n g . Daher verdient Wa l l r o t h ’s ewig denkwürdiges W ort
über das Flechtenleben gerade an dieser Stelle der Vergessenheit entrissen
zu werden (1. c. I, p. 603): „Di e g a n z e V e g e t a t i o n der F l e c h t e n
i s t e i n e B r u t a b s c h e i d u n g , e i n S p r o s s e n , e i n e s t e t i g e Ve r j
ü n g u n g i h r e r e i g e n e n N a t u r , e i n e w i r k l i c h e B l a s t e s i s ode r
e in v e g e t a b i l i s c h e s G eb ä r e n . “
Dieser Vegetationswechsel in meinem Sinne hat, wie bereits oben
angedeutet wurde, nichts mit dem Generationswechsel bei anderen Kryptogamen,
namentlich den Pilzen gemein. Auf der Basis dieser neuen Anschauung
sind allein die zahlreichen Gestalten, in denen cosmopolitische
Arten auftreten, zu erklären. In dieser Polymorphie lieg t, um nur eines
der merkwürdigsten Beispiele zu erwähnen, der Schlüssel für die richtige
Sonderung der Formen der Gattung Cladonia. Die Lösung dieser Räthsel
ist keinesweges so sehr schwer, denn sobald als die Morphologie genügend
fortgeschritten sein wird , soll es sich heraussteilen, wie einfach dieselbe
ist. Wir sehen jetzt wenigstens die Zeit heranrücken, da allem planlosen
und rein subjektiven Schalten bei der Auffassung dieser Gattung ein Ende
gesetzt sein wird. Die Wissenschaft der Zukunft wird die von der Thecaspore,
von der auch bei dieser Gattung massenhaft auftretenden Hormospore'),
von den verschiedenen Typen der Blastesis begründeten Formen
als solche kennzeichnen und damit endlich die richtige specifische Sonderung
ermöglichen.
Ausser dem Vegetationswechsel im Leben der Flechtenart findet noch
eine andere merkwürdige Erscheinung statt, welche bald an den sogenannten
Generationswechsel der Füices, bald der Muscineen erinnert; es ist dieselbe,
welche von S c h w e n d e n e r bereits als Generationswechsel oder Vegetations-
I. \
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Man schabe einmal von dem sog. Protothallus von C. endivicefolia nach vorheriger
Befeuchtung die beiden Thallusflächen a b , so kann man sich durch
dieses rohe Verfahren ein Urtheil über die zahlreichen Hormosporen verschaffen.
Sobald dieselben auch im Gonotrophium auftreten, täuschen sie
Clinosporangien und Clinosporen vor, wie dies A r n o l d ergangen zu sein
scheint.
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