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dema und Toninia vereinigt alle die das Apothecium im Homothallium
erzeugenden Formen gegenüber den anderen Reihen zu umfassen habe.
Die Krustenfleohte bleibt aber auf dieser Stufe des Sprossens nicht
immer stehen. Die höheren Formen unter ihnen haben mit den höheren
Lichenen überhaupt das Gemeinsame, dass sie an die Erzeugung eines
ferneren Sprosses herantreteu, welche s ie , wie bekannt wurde, wiederum
vermittelst besonderer Organe einleiteu. Das Lager einer Pertusaria wird meist
als eine verschwommene Kruste von dem Hyphothallium durch Sprossorgane
gebildet, allein dieses bald mächtig entwickelte, bald kaum angedeutete
Lager erzeugt nicht auf diesem Wege das Apothecium, sondern die Kruste
bildet zuvor ein neues Blastem, dessen endliches Product das Homothallium
in Habitus und Färbung wiederholt oder in beiden wechselt, sich sogar
zum Stauroma erheben kann, und in diesem neuen Sprosse erfolgt erst die
Bildung des Apothecium. Die oben angestellten Betrachtungen fanden aber
das Stauroma und das Soreuma auf gleicher Stufe stehend, daher erklärt
es sich jetzt plötzlich, wie einige Arten vou Pertusaria das Apothecium in
einer Warze, andere in einem Stauroma, wieder andere in einem Soreuma;
endlich sogar in einem beide letzteren wiederholenden Gebilde enthalten
können.
Es war recht eigentlich die Gattung Pertusaria, welche bisher der
Sonderung zweier Typen des Flechtenapothecium nicht entsprechen zu
können schien. Vergeblich hatte man dieser Gattung verschiedene Stellungen
in den Systemen angewiesen, ohne deren Bestand sichern zu können.
Nicht ohne Glück schien daher zuletzt T h . F r i e s die Einreihung der
Pertusariei iu die Nähe der Lecanorei ausgeführt zu haben, indem er die
entschieden discoide Gestalt des Apothecium mehrerer Arten als Ausdruck
des wahren Wesens desselben auffasste. Wo blieb dann aber die in den
winzigsten Apothecien dieser Gattung zu Thelocarpon bisher nicht mit
Unrecht von anderer Seite gefundene Brücke? Alle Bemühungen, auf die
zwei scheinbaren Typen des Apothecium grössere Gruppen, Familien oder
gar Tribus, zu gründen, erwiesen sich bisher als mehr oder weniger misslungene,
wofür die Entwickelungsgesohiehte die Ursache nachweiset, denn
soweit als ich bis jetzt es zu überblicken vermag, ist es nicht mehr zweifelhaft,
dass der Anfang des Apothecium überhaupt eine dem Nuoleus entsprechende
Anlage ist, und lediglich von dem mehr oder weniger festen
Beharren bei derselben der endliche Typus abhängt. Sogar der Bau eines
Perithecium stimmt mit demjenigen des Excipulum von Leptogium überein,
auch hier hat man sich der bekannten Täuschung hingegeben. Das hier
bestehende anfänglich farblose Maschengewebe bleibt microgonidienhaltig
auch nachdem die Färbung iu der Zellwand eingetreten. Schon die Betrachtung
der sich oft durch Grösse, Habitus und Farbe von dem unterliegenden,
nicht selten zarten Thallus abstechenden Receptacula der Apothecien
von Gattungen, wie Sphmrompliale pr. p., Thelocarpon, Thelopsis,
Microglcena u. s. w ., hatte mich zu dem Gedanken gebracht, welchem
T u e k e rma n in neuester Zeit durch die Vereinigung aller dieser Formen
unter die Gattung Segestrella Fr.*) Ausdruck gegeben hat. Ob andere
Kriterien gefunden werden, welche eine generische Sonderung dieser morphologischen
und daher höchst natürlichen Gruppe veranlassen, bleibt der
Zukunft überlassen, ebenso wie sich die Gattung Staurothaie Norm, zu diesen
Formen stellt, da das Kriterium der in dem Gonidema beruhenden Eigenthümlichkeiten
immerhin mit Vorsicht anzuwenden ist. Das Gemeinsame
wenigstens muss diesen Formen zuerkannt werden, dass ihr vegetativer
Körper erst einer wiederholten Sprossung bedarf, ehe er au die Bildung
des Fruchtkörpers herantreten kann. Das Receptaculum als wahres Blastema
im Sinne W a l l r o t h ’s tritt in seiner überraschenden Grossartigkeit nirgends
so auffallend hervor, wie in allen jenen bekannten exotischen Gattungen.
Wie sich eine Pyrenula zu einem Trypethelium, eine Sagedia
(Leptorrhaphis) zu einer Segestrella, eine Arthonia zu einem Myriosügma
u. s. w. stellt, liegt jetzt klar vor Augen. Welchem der beiden Momente,
dem übereinstimmenden Typus des Apothecium oder dem Range desselben
in der Sprossung des Flechten - Körpers, die höhere Stufe in systematischer
Hinsicht einzuräumen se i, bedarf noch vieler morphologischer Arbeiten.
Gerade in den exotischen durch ihre übergrossen Receptacula auffallenden
Gattungen ist der Uebergang zu Segestrella vorgeführt, indem
auch nur mit einem Apothecium versehene Receptacula Vorkommen, wenn
man einen solchen nicht schon in den nur ein oder wenige Apothecien
tragenden Warzen von Pertusaria erblicken will. Wir gelangen hiermit
zu der ersten Einsicht, wie grundverschiedene Gebilde bisher unter Apothecium
begriffen wurden. Dem Habitus nach gibt es kaum schroffere
Gegensätze, als sie in dem Adventivaste einer TJsnea, dem PodeUum einer
Cladonia, dem Receptaculum einer Pertusaria, eines Thelocarpon vorliegen,
welche doch, da Gestalt, Grösse und Zahl der morphologischen Anschauung
sehr wenig gelten, in morphologischer Hinsicht als gleiohwerthige Bildungen
zu erachten sind.
Mit Recht wohl betrachtete S c h w e n d e n e r die Kruste von Leco-
thecium, Bhizoearpon u. dergl. m. als „eine Colonie von Individuen, die
sowohl morphologisch, als physiologisch vollkommen selbstständig sind oder
*) Segedria war ein Druckfehler. Es sollte in Fries Lich. Enrop. Segestrella
heissen. s. dort p. 400.
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