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welche die Wissenschaft mit den neuen Thatsachen machte, gerade hier
zum ersten Male in fast überwältigender Weise hervorleuehten werden.
Was mich ausser der unabweislichen Nothwendigkeit für die Darstellung
zu dem Festhalten an der Sonderung der drei Modificationen des
Flechtengewebes bestimmte, ist das mo r p h o l o g i s c h gesonderte Verhalten
derselben in dem reproductiven Leben. Das Gono-hyphema ist
offenbar einem Skelette zu vergleichen, es stellt das vorherrschende Princip
dar, da von ihm die Erzeugung des Apothecium ausgeht. Es wird dies
aber auch klar einerseits bei den höheren Flechten, wo es an Masse und
durch Umfang seiner Thätigkeit die anderen Gewebe ln den Hintergrund
drängt, andererseits an dem JVbsioc-Körper, welcher erst durch die Ausbildung
dieses Gewebes alle inneren und äusseren Charaktere eines Flechtenkörpers
erlangt. Dementsprechend überragt es in dem reproductiven
Leben die anderen Gewebe durch die Grossartigkeit und die morphologische
Bedeutung seiner Bildungen. In Wahrheit nämlich sind alle drei Gewebe
des Flechtenkörpers zu s e l b s t s t ä n d i g e r Eeproduction befähigt. Allein
keine von allen Produetionen dieser Thätigkeit ist fähig, aus sich allein
wieder eine Flechte zu erzeugen, vielmehr wiederholt sich bei allen der
analoge Vorgang, wie er in der oberflächlichen Schicht der imbrieaten Form
bekannt wurde. Wie das Hyphema dort die gonidlalen Produkte durchwuchert,
wie es von der Oberfläche aus sich durch den ganzen Hypothallus
verbreitet, so erstreckt es sich auch auf alle Reproductionen der Flechte.
Diese merkwürdige mitwirkende Thätigkeit, welche noch einer eingehenden
Betrachtung unterzogen werden soll, ist eine in der gesammten Natur bis
jetzt einzig dastehende Erscheinung. So wunderbar auch diese cooperative
Thätigkeit erscheinen mag, es wird doch als eine über allen Zweifel
erhabene Thatsache hervorleuchten, dass ohne dieselbe die Flechte überhaupt
unfähig is t , sich zu vermehren. Trotz dieser wichtigen Rolle tritt
das Hyphema überall aus seiner Unscheinbarkeit nicht heraus, wenigstens
so lange als seine Thätigkeit sich nicht zu entfalten bi-aucht.
Nach diesen Vorbereitungen wende ich mich zu der Darstellung der
vom Thallus ausgehenden Fortpflanzung bei Leptogium myoehroum. Die
überraschende Fülle von Typen, von Organen, welche hier an einer einzigen
Flechte entgegentritt, erschien mir längere Zeit als ein undurchdringliches
Chaos. Als ein proteusartiges Wesen tritt diese Flechte hei der Entwickelung
ihrer reproductiven Thätigkeit auf. Es bedurfte vieler höchst
mühevoller Arbeit, ehe es gelang die folgende Schilderung in ihrer Klarheit
zu entwerfen. Nur wer die Wi e d e r h o l u n g der vorzutragenden
Forschungen unternimmt, wird inne werden, welches Aufwandes an Mühe
und Zeit dieselben bedurften, um sie als Thatsachen hinstellen zu können-
Um eine Klarheit der Darstellung zu ermöglichen, bedarf die Mannioh-
faltigkeit der Reproduction einer übel-sichtlichen Eintheilung. Ich habe
lange geschwankt, ob ich für die Eintheilung als Princip das den drei
Gewebemodificationen entsprechende Verhalten der Reproduction oder
die typische Sonderung wählen sollte; ich wählte die Combination beider
Principe.
Von den Typen der Fortpflanzung tritt bei Leptogium myoehroum die
Sprossung in den Vordergrund, weil sie allen zur Untersuchung benutzten
Exemplaren eigen ist, und weil sie bei mehreren in einer ungeheueren
Masse auftritt. Der andere Fortpflanzungstypus ist eine in der Lichenologie
gänzlich neue Erscheinung, weil er an Organe geknüpft ist, welche die
Zahl der den Flechten mit den Pilzen gemeinsamen um ein neues vermehrt.
Apothecium, Spermogonium und Pycnide galten bisher als beiden
Pflanzenordnungen gemeinsame Organe, indem man von einer durch groh-
anatomisohe Untersuchungen festgestellten Üebereinstimmung des Baues auf
die physiologische und morphologische Identität einen Schluss zu ziehen
sich erlaubte, ohne zu ahnen, dass damit sehr argen Irrthümern ein Platz
in der Wissenschaft verliehen wurde. Die Flechten besitzen aber auch an
die bei den Pilzen als Teleutosporen oder Acrosporen bezeichneten Organe
erinnernde Gebilde, welche i chHo rmo sp o rm nenne. Da die Blastesis allen
Gewebemodificationen, die Hormosporenbildung zweien, und zwar in morphologisch
gesonderten Erscheinungen, eigenthümlich ist, so ergibt sieh,
dass die Combination beider Eintheilungsprincipe die passendste Darstellungsweise
mit sich führt. Ob die Grenze zwischen beiden Typen der Reproduotion
wirklich eine absolute - is t , ist nicht über allen Zweifel erhaben.
Unter den Typen der Sprossung gibt es mehrere, deren Producte, sobald
als ihre Ausbildung abgeschlossen ist, gleich Bulhillen die Ursprungsstätte
verlassen, um dann ihre Weiterentwickelung zu beginnen, während andere
dieselbe an ihrem Entstehnngsorte beginnen und sogar eine Zeit lang fortsetzen.
Obwohl es bei einigen Blastemata von den Umständen abhängt,
ob sie den einen oder den anderen Weg einschlagen, so legt doch die
Darstellung die Nothwendigkeit einer mit Namen auszudrückenden Sonderung
auf, um so mehr als keinesweges Leptogium myoehroum ausschliesslich
diese Verschiedenheiten in der Blastesis eigenthümlich sind, wesshalb
ich für die entsprechenden Gebilde die Bezeichnungen von Men e b l a s t e m a
und P h y g o b l a s t em a wähle. In den Meneblastemen nun erscheinen
die Grenzen gegen die Hormosporenbildung verwischt.
Von der Aufstellung einer Statistik musste ich ahstehen, da ich zur
üeberzeugung gelangte, dass benachbarte Lagerlappen eines und desselben
Exemplares sieh verschiedener Typen der Fortpflanzung bedienen können.
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