unvollkommenen Thallus erzeugen können. Es sind demnach drei Wege
zur Erneuerung der Art vorhanden; 1) durch Sporen, 2) aus Eudimenten
des Thallus (lebendig gebärend) und 3) durch die Spermatieu.“ Bekanntlich
sind die sogenannten Hymenialgonidien, welche seit ihrer Entdeckung
durch N y l a n d e r in ihrer Herkunft, in ihrem ganzen IVesen räthselhaft
erschienen, in neuester Zeit von W i n t e r ' ) auch in den Spermogonien
gefunden. W i n t e r selbst ahnte die Bedeutung seiner Beobachtung nicht.
Behufs Erklärung der Herkunft der Hymenialgonidien in dem Apothecium
nimmt er seine Zuflucht nicht zu Beobachtungen, sondern er stützt auf die
alte Beobachtung, dass in dem zur Apotheoienbildung sich anschiokenden
Bereiche des Lagers bei manchen Fleohten eine reichlichere Gonidienerzeugung
vor sich geht, folgende Vermuthung: „Sie entstehen also durch
einen sehr regen Theilungsprocess der Thallus-Gonidien, sowie der in der
subhymenialen Schicht befindlichen, und gelangen „„vermuthlioh““ zwischen
den lebhaft wachsenden, das Peritheoium bildenden Hyphen aus dem Thallus-
Pseudoparenohym in das Gewebe des Perithocium und schliesslich in den
Hohlraum desselben.“ Es ist also dieselbe Annahme, welche F ü i s t i n g
aussprach. Diese Vermuthung W i n t e r ’s wurde zu einer Beobachtung
zu einer Thatsache erhoben aus dem einfachen Grunde, weil sie für die
Unterstützung der Lehre S c h w e n d e n e r ’s brauchbar erschien, und zwar
durch Stahl .®) Ueber die Beobachtung B a y r h o f f e r ’s, welche dem
Leser schon die Ahnung von einem Zusammenhänge zwischen Spermatien
und Hymenialgonidien nahe gelegt haben möchte, soll in späterer Zeit
eingehender gehandelt werden.
Obwohl sie den morphologischen Connex zwischen Spermogonium
und Apothecium berühren, will ich, ehe die Skizze des Baues des Flechten-
apothecium geliefert wird, schon jetzt zwei weitere Beobachtungen hervorziehen,
von denen die eine auf jenen Zusammenhang ein ungemein helles
Licht zu werfen berufen war. Dieselbe betrifft die gleichzeitige Erzeugung
von Spermatien und Sporen in demselben Conceptaculum. Schon T u l a s n e
sagt an jener klassischen Stelle ®), wo er zuerst die Spermatien als solche
benennt: „Man kann für Yernioaria atomaria feststellen, dass ihre Apothecien,
m einem gewissen Alter beobachtet, zugleich und in sehr grösser Zahl
Körperchen einschliessen, welche den in den Spermogonieu der anderen
Lichenen enthaltenen durchaus gleichen, und fruchtbare Sporangien mit
r f“T! I.."- s . a .
*) Ueb, d. Gattung Sphoeromphale, p. 264 (1875).
®) Beitr. z. Entwiokelungsgesch. d. Flechten, II, p. 7 .
®) Note sur l ’appareil etc., p. 373.
(1877.)
dem bekannten Bau. Man überzeugt sich ausserdem, dass die Entwickelung
dieser Körperchen (welche Spermatia genannt werden könnten) derjenigen
der sporenerzeugenden Zellen vorangeht, da die jüngsten Apothecien
mit den ersteren angefüllt sind, bevor die anderen noch eine erkennbare
Gestalt angenommen haben.“ G i b e l l i , welcher die Beobachtung wiederh
olte ,') legte auf die letztere von T u l a s n e hervorgehobeue Thatsache
wenig Gewicht, sondern betonte, dass die Periphysen gewisser pyrenocarper
Fleohten die ürsprungsstätte von Spermatien seien, wie auch nur den mit
solchen ausgerüsteten Flechtenapotheoien das gleichzeitige Vorkommen dieser
Körperchen eigenthümlich sei. L i n d s a y glaubte an das Bestehen desselben
Verhältnisses, dass nämlich ein und derselbe Behälter zu einem
Theile vom Spermogonium, zum anderen vom Apothecium eingenommen
sei, bei Celidium fuscopurpureum Tul. nach dieses Autors Beschreibung und
Abbildung,®) allein mit Unrecht, denn diese Darstellung lässt eine ganz
andere Deutung zu. L i n d s a y selbst stellte aber das gleichzeitige Auftreten
von Spermatien und Stylosporen in Pycniden und von Stylosporen
in Apothecien fest. Die zweite Beobachtung sohliesst sich scheinbar an die
letzte Angabe an, da sie die von L i n d s a y hervorgehobene Erzeugung
von Spermogonien und Pycniden von einem reifen Thalamium betrifi’t.
Das Apothecium setzt sich aus einem Conceptaculum zusammen,
welches als Hypotheoium oder Bxcipulum proprium und bei den pyreno-
carpen Lichenen als Perithecium bezeichnet wird und die hauptsächliche
Schicht des Fruchtkörpers, das Thecium oder Hymenium, d. h. die aus den
Sporensohläuohen und den Paraphysen bestehende, einsohliesst. Das leca-
norine Apothecium, welches als L eptogkm myoehroum eigenthümliches
besonders anzieht, hat mit einem Theile des das hiatorine Apothecium umfassenden
Typus die Eigenschaft gemein, dass zwischen Thecium und
Hypothecium noch eine sich im miorosoopischen Bilde mehr oder weniger
abgrenzende Schicht eingeschaltet is t, welche als Subhymenialschicht des
Hypothecium bezeichnet, von F ü i s t i n g aber mit Eecht als Hypothecium
von dem übrigen Theile des Exoipulum, wie es auch hier geschehen soll,
gesondert wird. Das Exoipulum erscheint, wo es überhaupt ausgehildet
ist, als ein parenohymatoides Gewebe, uud besonders ist dies hei Leptogium
der Fall. Noch N y l a n d e r hob hervor, dass die Grenzen zwischen
Thecium und Hypothecium wohl gesonderte seien, nur nicht bei den para-
physenlosen Gattungen. Ganz abgesehen davon, dass dieses letzte Kri-
‘) Sugli organl riproduttori del genero Yerrucaria. Mem. Boc. Ital. di sc. nat.,
T. I, Nr. 5 (1865).
®) Mem. etc., p. 121, pl. 14, "
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