V Blastem seine Ursprungsstätte, es wird ein selbstständiger Flechtenkörper,
wenn es auch noch lange die schützenden Fasern des mütterlichen Thallus
umfassen. Es steht nichts der Annahme entgegen, dass ein solches mit
dem Hyphema ausgerüstetes Blastem fähig ist, den Weg in die weite Welt
anzutreton, um wieder gleich einer Bulbille eine Flechte zu erzeugen. Da
an dieser Stelle, als der ersten Gelegenheit, nur auf diese Erscheinung erst
aufmerksam gemacht werden so ll, so bleibt späteren Betrachtungen das
Weitere überlassen. Diese Erscheinung bereitet aber sehen vor anf weitere
ungeahnte Umwälzungen unserer Anschauung von dom Fleohtenlehen und
der gesammten Morphologie der Lichenen, denn sie legt zum ersten Male
einen in der Flechte niedergelegten Grundgedanken offen dar, dass nämlich
dieselbe unfähig ist, aus e i n em elementaren Bestandtheile gebildete Fort-
pflanzungsorgane hervorzuhringen, welche wieder eine neue Flechte zu
erzeugen im Stande sein könnten.
Im engen Anschlüsse an die mit einem parenchymatoiden Erzeugnisse
endende Sprossung der hypothallinen Faser befindet sich ein Blastem,
welches in mehrfacher Hinsicht an die Brutknospen anderer Gewächsreihen
erinnert. Nicht selten sind es gerade jene Fasern selbst, welche
im Begriffe stehen, die Bildung eines parenchymatoiden Sprosses vorzunehmen,
deren Oberfläche iiier und da mit winzigen Zellen, gleich
Knöspohen, besetzt sind. Dieselben fallen leicht in die Augen, da auch
ihr Inhalt lebhaft smaragdgrün gefärbt ist (Taf. IV, Fig. 7 b). Vielleicht
noch häufiger treten diese Zellknöspchen im Verlaufe der gewöhnlichen
langen Hypothallus-Fasern auf (Taf. IV, Fig. I I ) . Dieselben sind überall
als durch Ausstülpung hervorgegangene, aber in der Anlage stehen
gebliebene Aeste aufzufassen, denen eine besondere morphologische Bedeutung
verliehen wurde. Diese Zellen fallen ab und werden dann gleichfalls
von dem Hyphema an der hypothallinen Faser befestigt (Taf. IV,
Fig. 12). Ihre weitere Ausbildung besteht in einer einfachen Theilung
(Taf. IV, Fig. 13 ), so dass schliesslich vollkommen der Typus der Pal-
mellaceen oder Arcliilichmien - Gonidien vorhanden ist. Es besteht für mich
daher auch nicht der geringste Zweifel, dass Leptogium myoehroum zn
allem Ueherflusse auch noch zur Erzeugung des Pa/mcßctcec»-Typus fähig
ist. Der naheliegende Einwand, dass ich zufällige Anlagerungen von
Falmellaceen für ein genetisches Verhältniss angesehen haben könnte, ist
schwer oder leicht, wie man es nehmen w ill, zurüokznweisen, da ich
mich nur auf die häufige Beobachtung dieser Zellknöspchen in vielfachen
Variationen und eine Uebung in der Beurtheilung im Verhältnisse zu
anderen Erscheinungen überaus leicht erfassbarer Vorgänge berufen kann.
Von den manniohfachen Thatsachen, durch welche diese Entdeckung eines
morphologischen Zusammenhanges zwischen Palmellaceen und Nostocaceen
als wahr bestätigt werden kann, will ich nur eine erwähnen. Die Gattungen
Gollema und Leptogium schliessen Formen ein, welche durch ihr
Wachsthum das Bild einer Kruste hervorbringen. Untersucht man solche
Formen in Bezug auf ihre Ausbreitungsweise nach dem in meiner Abhandlung
über das Gonangium und Gonocystium vorgeführten Unter-
siichungsgange, so findet man gewisse Vorstadien des Lagers, welche den
unzweideutigen Palmellaceen-Pypw zeigen, aus welchem sich erst später
das Gonidema, wie es den Gattungen eigenthümlich ist, entwickelt.
Indem sich die Schilderung weiter den wahren Phygoblastemen nähert,
ist zunächst ein Gebilde zu erörtern, welches sich sehr enge an die bisher
geschilderten Sprossungen anschliesst. Auf kurzen Fasern erscheinen
grosse kugelige Zellen als deren Endzeilen inserirt, welche in einem mehr
oder weniger intensiven Bräunliohgelb gefärbt sind. Diese Fasern mit
ihrer kugeligen Zelle lassen sich so dicht wie nur möglich an die Lagcr-
fläche drängen. Die Faser ist mit saftgrünen Microgonidien erfüllt und
nicht selten podienartig gegen das Ende angeschwollen (Taf. IV, Fig. 19).
Endzeile und Hyphe sind meist von einer zusammenhängenden dicken
farblosen Gallerte umhüllt. Ueher den Inhalt dieser grossen Kugeln kann
man sich nur aufklären, wenn man dieselben zerdrückt. Zunächst wird
es dann zweifellos klar, was man zwar schon zuvor durch genaue Einstellung
constatireu konnte, dass die Membran der Zellen farblos ist, und
die Farbe anssohliesslich dem Inhalte zukommt. Der Inhalt besteht in
der überwiegenden Mehrzahl aus bräuulichgelben Körpern von der Grosse
eines Microgonidium bis zu derjenigen eines mittleren Macrogonidium
(Taf. IV, Fig. 2 0 ), ausserdem sind aber auch bisweilen noch saftgrüne
Körperchen vorhanden. Dieser Befund lässt sieh nur dahin deuten, dass
die Zelle ursprünglich Microgonidien enthielt, welche zum Theil, nachdem
sie eine Membran ausgebildet, dieselbe färbten, während andere farblos
blieben, um vielleicht erst später eine Farbe aiizuuehmen. Diese Erscheinung
spricht aber sehr zu Gunsten der Ansicht, dass das Microgonidium
schon sehr frühe eine Membran besitzen kann. Dass hier nicht
Zellen mit einem in Folge von Degeneration anders gefärbten Inhalte
vorliegen, lehrt die Beobachtung an grösseren Zellen, welche mehrere
Microgonidien enthalten und als solche sich in keinem wesentlichen Punkte
von den gleiohgefärbten Macrogonidien der oben geschilderten Blasteme
unterscheiden. Diejenigen Kugeln, deren Gonidien alle eine gefärbte
Membran besitzen, lassen den Inhalt leicht erkenntlich erscheinen. Ist
der Innenraum beschränkt, so erscheinen die Gonidien in Folge des gegenseitigen
Druckes in einer parenchymatischen Anordnung (Taf. IV, Fig. 21),
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