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matien an beliebigen Stellen bervorzutreiben vermag. Das Conceptaenlum
des Spermogonium besitzt eine sieb bisweilen kanalförmig verlängernde
Oeffnung, daher schien Grund genug vorhanden zu se in, dass durch diese
die Spermatien im Zustande der Aufquellung des gesammten Organes hinaus-
gclangen. In der Natur hat allerdings niemand bis jetzt diesen Vorgang
beobachtet, sondern man schloss dies einfach aus dem Vorhandensein zahlreicher
Spermatien in und anf der Oeffnung bei der Betrachtung micro-
scopischer Präparate, und in jüngster Zeit schien die Beobachtung S t a h l ’s
von der Verbreitung der Spermatien über die Lagerfläche alle Zweifel an
dieser Thatsache zu vernichten. Wie aber der eigentliche Akt der Ejaculation
statthabon sollte, darüber hatte man bis zur Stunde nur Vermuthungen.
Dass dieselbe von besonderer Art sein muss, folgt daraus, dass der°ge-
sammte übrige Raum des Conceptaculum von Gallerte ausgefüllt ist, in
welcher selbst die abgeschnürten Spermatien liegen. N y l an d er nahm
daher an, dass der gesammte Inhalt des Spermogonium, d.h. alle Spermatien
in die Gallertemasse eingebettet, zugleich hinausgetrieben werde,
allein er erwog hierbei nicht das ziemlich häufige Vorhandensein eines
weitmaschigen Hyphengewebes in dem Cavum spermogonü. Schon dieses
jedenfalls nicht aus Luxus erzeugte Gewebe musste darauf aufmerksam
machen, dass vielleicht gar keine Ejaculation stattfinde. Erfolgt dieselbe
dennoch, so kann sie allerdings kaum in einer anderen, als der von
N y l a nd er angenommenen, Weise statthaben, so dass daun aber die
Gallerte sich später, welchem Zwecke auch immer die Spermatien zugehen
möchten, ausserhalb verflüssigen müsste. Ausser diesen skizzirten Eigenthümlichkeiten
des Spermogonium, welche ich nicht bei allen Lesern als
bekannt voraussetzen konnte, um so weniger als sie selbst nicht von allen
denen, welche die Lösung des betreffenden Problems versuchten, erfasst,
nicht einmal vollkommen gekannt waren, sind es noch mehrere andere
Beobachtungen von ausserordentlichem Werthe, welche bisher gänzlich
vernachlässigt wurden.
Schon T u l a s n e war es bekannt, dass die Spermatien wachsen und
sich theilen, denn er sagt: „Anstatt eines dieser Körperchen entwickelt
sich auch bisweilen ein langer Faden, welcher sich in eine schwankende
Zahl von einfachen Körperchen zertheilt.“ ') L a u d e r L i n d s a y war diese
Erscheinung schon in seinem Memoir I bekannt, er begrenzte dieselbe aber
genauer dahin, dass bei mehreren Flechten, wie z.B. Parmelia tiUacea,
die Spermatien die doppelt so grosse Länge haben, wenn sie noch befestigt
') Note sur l’appareil reproducteur dans les lichens et les champignons. Ann.
80. nat. III sér., t XV (1851), p. 372.
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sind, als wenn sie frei geworden, und führt diese Thatsache auf eine nach
dem Abfallen erfolgende Theilung zurück. Später hebt er ähnlich, wie
T u l a s n e , hervor, dass durch eine Segmentation oder Fission die Spermatien
in einem und demselben Individuum zwei oder drei verschiedene
Längen zeigen können, wie bei Neuropogon melaxanthus, Lecanora varia,
Lecidea alboatra, L. disoiformis, L. lugubris, Opegrapha vulgata, Arthonia
astroidea. Zu diesen Beobachtungen T u l a s n e ’s und L i n d s a y ’s kommt
noch das von dem Letzteren festgestellte Schwanken in der Gestalt als
weitere beachtenswerthe Merkwürdigkeit hinzu, indem er sogar die bei der
Insertion geraden Spermatien im freien Zustande sich krümmen sah, welche
Beobaohtung auch ich an den Spermatieu von Thamnolia beschrieb und
abbildete.') Was half e s , dass L i n d s a y nach jahrelangen mühevollen
Arbeiten über die Spermogonien und Pycniden eine Lehre aufstellte, in
welcher ausser dem soeben behandelten M'echsel der Gestalt und Grösse
ein Polymorphismus und eine Pluralität beider Organe bei einer und derselben
Art dargelegt wurde, sie blieb unbeachtet. Eine andere Beobachtung
an den Spermatien, welche von mindestens ebenso hoher Bedeutung
für die Wissenschaft werden sollte, machte B a y r h o f f e r . ®) Da dieselbe
von allen Forschern übersehen oder wohl für ein Curiosum gehalten wurde,
so erachte ich es für meine Pflicht, dieselbe für alle Zeiten einer unverdienten
Vergessenheit durch eine wörtliche Wiederholung zu entreissen.
„Es ist vielleicht nicht ohne Interesse, sagt B a y r h o f f e r , dass es mir
gelungen ist, aus zeitigen Spermatien, die sohaumartig aus ihrem Gehäuse
(Biatora Ehrhartiana) ausgetreten waren, in feuchtgehaltener Atmosphsere
unter Glasglocke in eine gelatinöse Masse anfzulösen, die trocken, weiss,
hart, fast hornartig, angefeuohtet, wieder gelatinös wurde. Bei längerer
Zucht fanden sich in derselben kleine unmessbare Kügelchen, die sich
später in grössere vereinigten, und endlich war alle Gelatine verschwunden
und nur kleine runde grünliche Zellen vorhanden. Ein ähnliches Ergehniss
findet sich häufig bei Lermatocarpon Sclicereri in noch jugendlichen Apothecien,
wo gleichfalls die Gallerte, bevor die Schläuche sich entwickeln,
in kleine Gonidien übergeht. Auch bei Imbricaría pertusa, wo in den
Apothecien weder Paraphysen noch Spermatien Vorkommen und in der
Schlauchschicht die Schläuche mit einer hornartigen Masse umgeben waren,
fanden sich gleichfalls Häufchen von kleinen Gonidien. Es ist demnach
mehr als wahrscheinlich, dass wenigstens diejenigen Lichenen, wo nur
Spermatien Vorkommen, diese auf dem oben angegebenen Wege wieder einen
1) Flora 1874, p. 356, Taf. V, Fig. 12 und 13.
®) Entwickel. und Befrucht, d. Oladoniaceen, p. 7, nota (1860).
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