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erfahrt, dass St ahl ganze der Natur entnommene Lehmstücke, welche
mit allerlei lichenischer und nichtlichenischer Vegetation besetzt waren,
befeuchtet auf die zur Cultur bestimmten Lehmflächen brachte, um die
Sporen heraustreten zu lassen. Daher bedarf meine Erklärung, dass St ahl
durch sein Verfahren, die Möglichkeit einer von anderen Seiten ausgehenden
Mitwirkung auszuschliessen, nicht befähigt ist, keiner weiteren
Begründung.
Die Nothwendigkeit einer möglichst gründlichen Kenntniss der Körper,
welche in den schwierigsten Problemen einer Wissenschaft eine Rolle
spielen, ehe man die Lösung versuchen darf, hatte sich bereits oben offenbart.
Ich habe je tz t, um meine auf die Anatomie gegründete Beweisführung
von dem Wesen der Plechtenkeimung und die noch erübrigende
Lösung der Befruchtungsfrage zu liefern, nur nöthig, das entworfene Bild
der Fruchtsphsere von Leptogium myoohroum zu vollenden.
Die Betrachtung der Entwickelung des Fruchtkörpers, solange als er
noch als Spermogonium gelten konnte, liess die Entstehung der Hyphidien
von dem selbstständig auftretenden, das Maschengewehe des Conceptaculum
durchwuchernden und seine Ausläufer in das Innere des jungen Fruchtkörpers
aussendenden Hyphema als eine Nebensache oder richtiger als
einen Nebenprocess gegenüber dem Hauptzwecke der Schlauch- uud Sporenbildung
erscheinen. Das überreife Apothecium von Leptogium myoohroum
erscheint in seinem Hypothecium uud Excipulum dicht durehwuchert vom
Hyphema. Zarte Durchschnitte des reifen Apothecium; welche der bekannten
chemischen Behandlung unterzogen wurden, verrathen selbst bei
einer weniger hohen Vergrösserung dem an diesen Anblick gewöhnten
Auge das Dasein dieses Gewebes. Leichter kann man sieh von der Ausdehnung
desselben eine Vorstellung machen, wenn man minder feine
Durchschnitte so zerdrückt, dass sie mehrfach sich zerklüften, in Folge
dessen dann an den Bruchstellen nicht selten die hervorragenden Hy-
phemafasern sichtbar werden. Allein das Hyphema beschränkt sich nicht
ausschliesslich auf dieses Gebiet des Fruohtkörpers. ünter allen Schichten
desselben kann man einen Boden für die üppigste Entfaltung dieses Gewebes
nur in dem Epithecium erwarten.
Was man unter dem Epithecium verstehen soll, ist keinesweges festgestellt.
Bald betrachtet man als solches die nach oben eintretende
Färbung der Paraphysen, weil sieh dieselbe mehr oder weniger bestimmt
durch die F a r b e als Schicht abhebt, bald einen scheinbar körnigen, mehr
oder weniger stark pigmentirten Belag des Thecium, bald aber auch das
Zusammentreffen beider Erscheinungen. Dass das oft massige Epithecium
d. h. also das wahre, als selbstständige Schicht auf dem Thecium aufI
tretende, *) nur etwa zur Bedeckung des Thecium oder um die Verdunstung
in demselben zu hindern oder ähnlicher anderer Zwecke halber
da sein könne, war mir immer zweifelhaft erschienen. Das eingehende
Studium dieser Schicht bei Leptogium myoohroum lehrt, dass dieselbe
nichts anderes als in die farbige, von der Theoiumfläche abgeschiedene
Gallerte eingebettetes Hyphema mit Zuständen seiner Weiterentwickelung
ist. Diese weiteren Stadien können dem mit dem Wesen dieses Gewebes
vertrauet gewordenen Forscher nicht auffallen. Sie bestehen in einer Vergrösserung
der Zellen mit Vermehrung der eingesohlossenen Microgonidien.
In Folge dessen entstehen hei fortschreitender Theilung dieser aus den
Hyphemazellen hervorgegangenen Gonidien Pleuroooccus-KoXomem, welche
genau das Aussehen haben, wie die von Wi n t e r dargestellten Entwiokelungszustände
von Hymenialgonidien,®) sie weichen nur durch den smaragdgrünen,
nicht selten gelbgrünen Farbenton ab. Die schon in Durchschnitten
sichtbaren Gruppen kann man sich in grosser Menge in allen
nur denkbaren Stadien von der Hyphemazelle an vorführen, wenn man
mit leichter Hand von dem befeuchteten Apothecium das Epithecium in
möglichst weiter Ausdehnung abhebt und mit Vermeidung aller Erschütterung
zur microscopischen Untersuchung bringt. Der Entwickelnngsgang,
welchen ein Theil des epithecialen Hyphema einschlägt, ist bei Leptogium
myoehroum nichts auffallendes mehr, da die gleiche Fähigkeit mit den
gleichen oder doch ähnlichen Effecten, welche letztere einer eingehenden
Behandlung nicht unterzogen wurden, bereits bei der üntersuchung des
hypothallinen Filzes bekannt wurde.
Ueber die Herkunft des das Epithecium bildenden Hyphema kann
kein Zweifel herrschen, es fragt sich nur, welcher der beiden möglichen
ürspningsstätten eine überwiegende Thätigkeit zuzuschreiben ist. Offenbar
nämlich gibt e s, wenn man sich die allerersten Zustände des Fruchtkörpers
vergegenwärtigt, zwei Wege für die Entwickelung des Hyphema
im Epithecium. Der eine Weg ist, dass das in der Rindensohicht des
Lagers befindliche und damit in das Excipulum gelangende Hyphema
seinem bekannten Triebe folgend auch das Thecium durchzieht, um an
dessen Oberfläche zu gelangen, der andere Weg ist die Ueberwucherung
des Apothecium seitens der Thallusfiäche her. Dass die letztere Ursprungsquelle
die gewöhnliche sein dürfte, lehrt die Untersuchung aller jener sich
9 Man sollte endlich einmal diese Unklarheit aufheben, indem man als Epi-
theoium nur eine anatomisch differenzirte Schicht, die Färbung des oberen
Thecium aber als solche bezeichnet.
®) Ueb. d. Gattung Sphoeromphale, etc., Taf. XVIII, Fig. 11.