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wiegende ist, dass d i e F l e c h t e n s p o r e u n f ä h i g i s t , w i e d e r e i n en
v o l l s t ä n d i g e n F l e c h t e n t h a l i u s zu e r z e u g e n .
Mit dieser Beweisführung betrete ich ein Gebiet, auf welchem die
Lehre S c h w e n d e n e r ’s ihre Triumphe feiern zu können geglaubt hat,
namentlich berühre ich aber damit ein von S t a h l in neuester Zeit*)
behandeltes Thema. S t a h l glaubt durch seine Beweisführung die letzten
Bedenken seitens der Lichenologen gegen die Lehre S c h w e n d e n e r ’s
hinweggeräumt zu haben, indem es ihm gelungen zu sein schien, aus den
beiden bei der Keimung gegebenen Componenten, dem Flechtenpilze und
der Alge, einen vollständigen, auch in liohenographisoher Hinsicht als
solchen geltenden, sogar Apothecien erzeugenden Thallus hervorgebracht
zu haben. Da nach S t a h l die Erzeugung eines homoeomeren Thallus
durch R e e s s ’s Experiment gelungen zu sein schien, so blieb noch diejenige
eines heteromeren übrig, denn wie S t a h l sagt: „Zur Bildung eines
vollkommenen heteromeren Thallus gelangten jedoch die T r e u b ’scheu
Culturen ebensowenig, wie die seiner Vorgänger und Nachfolger, ein Umstand,
m welchem die Gegner der S e h w e n d e n e r ’sohen Ansicht einen
Grund finden wollten, um den bisher gewonnenen Culturergebnissen alle
Beweiskraft abzusprechen.“ Die Gegner, welche dieses wichtige Moment in
das richtige Licht zu stellen suchten, reduciren sich aber auf einen einzigen,
namlich mich, wie auch ich der citirte, ungenannt gelassene Verfasser
dieses Ürtheiles in Just, bot. Jahresber. III, S. 106 bin. Das Merkwürdige
an der beiderseitigen Behandlung dieses Thema ist, dass wir beide
glauben den Beweis zu führen, eine Flechte sei unfähig, aus ihrer Spore
allein wieder eine vollkommene Flechte zu erzeugen, dass aber S t a h l mit
seiner Beweisführung die Lehre S c h w e n d e n e r ’ s zum endlichen Siege
geführt zu haben glaubt, während ich mir einbilde, mit der meinigen den
letzten der zahlreichen in diesen Zeilen gelieferten Stösse, und damit für
alle Zeiten derselben den Todesstoss gegeben zu haben. Der Weg der
Beweisfüliriing S t a h l ’s ist das Experiment, der Kulturversuch, der meinigen
die anatomisch-morphologische Forschung. Die meinige schliesst
ebenfalls zugleich die Aufklärung darüber ein, wesshalb es bisher unmöglich
war, aus der Spore allein einen Flechtenthalius zu erzeugen, und dass
die wenigen glücklichen Fälle T u l a s n e ’s und S t a i i l ’s Bedingungen
erfüllten, die weder diese Experimentatoren, noch irgend ein anderer
geahnt, deren Natur hier erst aufgedeokt werden soll.
*) Beitr. z. Entwicklungsgesch. d. Flechten. II, über die Bedeutung der Hymenial-
gonidien. 1877.
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Der Gang des Experimentes von S t a h l allein nimmt schon von
vorneherein gegen die Erfolge ein. Ich schicke meiner Beleuchtung dieser
Untersuchungen die ausdrückliche Erklärung voraus, dass ich an den R e s
u l t a t e n nicht zweifele, nur das was St a h l beweisen w ill, finde
ich durchaus unerwiesen. Auch S t a h l glaubt sich der Nothwendigkeit,
Controlekulturen, Gegenversuohe anzustellen, überhoben. Wie er überhaupt
die Basis Schwendenerischer Anschauung gleich B o r n e t verlässt,
geräth er soga,r in Widersprüche mit derselben. Er hat sich ferner mit
dem pilzartigen Wesen des Hyphensystemes so vertrauet gemacht, dass
er den unglaublich erscheinenden Schritt zu thun vermochte, sich einzubilden,
er habe die Keimung der auf Objectträgern ausgesäeten Fleehten-
sporen durch Zusatz „geeigneter Nährlösungen“ verlängert. Namentlich
den von T u l a s n e angestellten erfolgreichen Culturen war der nachdrückliche
Einwand entgegengestellt worden, dass die Gonidien von aussen
hinzugekommen sein könnten. Auch diese Behauptung nimmt St ah l für
eine Thatsache, um so mehr da er dieselbe durch seine eigenen Beobachtungen
zu erhärten meint, und daher keine Culturen mit den Sporen
allein anstellte. In Folge dessen soll hier der frühere Einwand, dass die
Keimhyphen die im Experimente gelieferten Gonidien, wie jeden anderen
umfassbaren Körper, umklammern und ohne deren Beihüfe wieder eine
Flechte zu erzeugen vermögen, um so entschiedener wiederholt werden,
als S t a h l auf die Mitwirkung derselben Alg e , welche der einen Flechte
entnommen wurde, bei dem Keimungsfortgange der anderen die Entscliei-
dung in seiner Untersuchung zu Gunsten der Lehre S c h w e n d e n e r ’s legt.
Verfolgt man den Gang der Culturen, welche zur Erzeugung einer Flechte
führten, so findet man zunächst, dass S t a h l der keimenden Flechte wohl
alle Haupthcdingungon erfüllte, wie sie die Natur liefert. Allein er stellte
auch, wie seine Vorgänger, Versuche auf Objectträgern an. Gerade aber
die widernatürlichen Keimungsvorgänge sollen den Beweis für die Richtigkeit
der Behauptung ahgeben, dass die auf Lehmlagen in der anderen
Experimentenreihe ausgesäeten Sporen genau dieselben Vorgänge
aufweisen, denn wie sollte es auch anders s e in : die ihre Sporen entleerenden
Apothecien enthalten zahlreiche Hymenialgonidien, dass dieselben sich
ausserhalb des Thallus weiter entwickeln, ist eine Thatsache; da nun die
Keimhyphen im Experimente die Hymenialgonidien (statt der Lehmtheile,
natürlich weil ihr Streben, Halt zu gewinnen, nichts anderes vorfindet)
umklammern, so schliesst S t a h l , dass dasselbe auch in den anderen, den
n a t u r g emä s s e n Culturversuchen stattfinde. Nachdem in dem Leser
anfangs volles Vertrauen auf die Sorgfalt des Experimentes erweckt war,
wird er plötzlich aus seiner Vertrauensseligkeit herausgerissen, indem er