überzeugendere Beweise über die wahre Natnr des Gono-hyphema, da man
zartere Hyphen als die von Leptogium dort findet, welche den grünen
Inhalt von Microgonidien trotzdem viel deutlicher zeigen, was selbst in
den braunen Secundär-Hyphen statthat.') Mit diesen Andeutungen sollte
nur der Gedanke, dass die neue Auffassung von dem Baue des Flechten-
korpers sich vielleiclit nicht über das gesammte Flechtenreich ausdehnen
lasse, verscheucht werden.
Wenn man bedenkt, dass ich etwa drei Jahre hindurch mich in zahllosen
Präparaten aus den verschiedenen Gebieten des Flechtenlebens an
den Anblick dieses dritten Gewebes neben den beiden anderen gewöhnt
hatte, wird man es sehr erklärlich finden, dass in mir die Frage entstand,
ob jene sonderbaren Gebilde, welche in der Botanik bisher eine zweifelhafte
Stellung eingenommen hatten, und denen die Lehre S o h w e n d e n e r ’s
plötzlich eine sichere Stellung verschaffen wollte, namentlich jene in dieser
Lehre die höchste Rolle spielenden „Algen“ nichts weiter enthielten, als
das, was die Algologen, was S c h w e n d e n e r und B o r n e t darin gefunden
hatten. Das alte Problem, wie es uns in dem räthselhaften Leben eines
Nostoc entgegentritt, musste mich, als ich das Wesen der Collemaceen ergründete,
natürlich zu dem Versuche einer Lösung anreizen. Dass man
von dem Wachsthume eines Nostoc genau dieselben Ansichten hegte, wie
über dasjenige eines Gollema und eines Leptogium, ist bekannt. Auch dort
sollte unersohöpfliohe Theilung der Zellen die davon abhängende Ausdehnung
des ganzen Körpers erklären, und für die Fortpflanzung desselben
wähnte man in den bekannten Skizzen T h u r e t ’ s und J a n c z e w s k i ’s
einen genügenden Aufschluss gefunden zu haben, welcher letztere die bisherige
Auffassung von diesen Gebilden als Algen erst recht bestärken sollte.
Man hatte sich bisher damit begnügt, in den Wos(oc-Zellen solche, denen ein
körniger grüngefärhter Inhalt eigenthümlich sei, zu finden. Die eingehende
Untersuchung mehrerer Nostoe-Arten fand im allgemeinen dasselbe Bild,
wie es in dem Gonidema von Leptogium bekannt wurde, besonders aber
auch die gleichen Eigenthümlichkeiten der Grenzzellen. Dass daher derselbe
Neubildungsvorgang auch dort sich wiederhole, bedarf kaum weitei’er
Ausführung. Allein es tritt ausser der gewöhnlichen Theilung der Zellen,
noch eine Variation derselben, die ich auch bei Leptogium und Gollema
getroffen habe, auf, nämlich eine der bei Lichina stattfindenden Theilung
entsprechende.
*) Man begegnet solchen, welche eine grössere Zahl von Microgonidien in der
Anordnung, wie in den Lepiogien-donidieii, zeigen.
Nachdem so die Kenntniss des Baues des JVbstóc-Gewebes meine Ver-
muthung noch mehr bestärkt hatte, gelang mir in wenigen Stunden nach
geeigneten Präparaten der Nachweis, da s s de r T h a l l u s v o n N o s t o c
e in v o l l k omme n e s Hy p h e m a be s i t z t . In der Regel ist das Hyphema
von Nostoc weitmaschig angelegt, in Folge dessen es auch leicht übersehen
werden kann. Auch hier kommen aber partielle Anhäufungen desselben
vor. Man sollte annehmen, dass das Hyphema in Nostoc auf seiner anfänglichen
Stufe beharre, allein auch hier tritt, was für die morphologische
Auffassung der JVbsioc-Gehilde von der höchsten Bedeutung ist, eine weitere
Entwickelung ein. Das Hyphema nämlich erhält gleichfalls eine dichtere
Anordnung seiner Zellen, so dass diese Zustände (Taf. I , Fig. 26) vollkommen
denen des Hyphema von Leptogium myoehroum entsprechen. Einmal
jedoch nur gelang es mir in einem kleinen, etwa 3 Qmm. betragenden
Abschnitte eines Thallus von Nostoo commune den Uebergang durch alle
Stufen zu einem vollkommenen Gono-hyphema an mehreren Hyphen zu entdecken,
während in der ganzen Umgebung nur das Hyphema als auf seiner
ersten Stufe verharrend zu beobachten war. Ich bemerke am Schlüsse
ausdrücklich, dass die zur Untersuchung benutzten Exemplare von Nostoc
aus der Hand von A l g o l o g e n stammten, dass sie also keine Spur von
Gallertflechten-Habitus an sich trugen.
Da ich schon früher mit Anderen gefolgert hatte, dass alle in der
Lehre S c h w e n d e n e r ’ s als Gonidienlieferanten fungirenden Algen durch
dieselbe entschiedener in Frage gerathen seien, als zuvor durch die bekannte
Alternative d e B a r y ’s, so konnte ich natürlich, nachdem das lichenische
Wesen von Nostoc nachgewiesen war, erwarten, dass alle anderen „Algen“
nach den gleichen Grundsätzen sich Nostoc anschliessen müssten. Aus
weiter unten darzustellenden Gründen ziehe ich von den untersuchten
„Algen“ nur ein Beispiel zu erörtern vor, welches wie wenige andere berufen
sein möchte, die Tragweite meiner Entdeckungen der Abschätzung nahe
zu legen. Unter den Arten der nahestehenden Gattung Tetrapedia ist
eines der merkwürdigsten Gebilde T. flos aquee. Diese Masse zeigt gleichfalls
in ihren Zellen Microgonidien und ist von einem mehr oder weniger
dichten Hyphema durchzogen. Es wird hiemit auch zum ersten Male klar,
wie die Lichenen gar das Wasser zum Träger ihrer Fortpflanzung machen
können, denn, wie mir jeder vorurtheilsfreie Botaniker beistimmen wird,
es liegt jetzt nahe genug, dass diese Zellenmasse unter andere Bedingungen
versetzt sich zu einer Flechte auszubilden vermag. In welcher Weise diese
Umbildung vor sich geht, dies zu ergründen, bleibt späteren Arbeiten Vorbehalten.
Jedenfalls wird dem Leser am Schlüsse dieser Arbeit die Ahnung
kommen, dass diese Zeit nicht mehr ferne ist. loh halte es für vortheil-
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