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beiden zuerst behandelten Blasteme mehreren Exemplaren eigenthümlich
sind, wurde das sich zu einem wahrhaften Sprossungssystem gestaltende
hypothalline Gonohyphem nur bei dem Exemplare aus dem Kaprunthal
beobachtet. Der Anblick dieser dickwandigen, den bekannten kurzen
Hypothallus-Fasern im Durchmesser gleichen, sich weithin erstreckenden
und oft zu Massen vereinigten Zellenfäden hat etwas so eigenthümliohes an
sich, dass man, besonders da sie keinesweges einer immerhin zahlreichen
Gesellschaft der gewöhnlichen Fasern entbehren, eher an eine fremde,
eine algenartige Fadenmasse zn denken geneigt ist, als an einem CoUe-
■maccm-Tliallus entsprungene Sprosse. Diese Zweifel werden nicht unbedeutend
unterstützt durch die Farbe des Zellinhaltes, welche als ein
bestimmtes Saftgrün erkannt wird. Allein der Nachweis, dass diese Sprossfäden
den gleichen Ursprung, wie die gewöhnlichen Hypothallus-Fasern
haben, versoheuoht alle Bedenken, um so leichter bei dem Forscher, der,
wie ich, seit Jahren das Vorurtheil von der Beständigkeit der Farbe des
Chlorophyll-Stoffes bei den Lichenen und den für diese in Betracht kommenden
„Algen“ als eines der mächtigsten Hemmnisse in den morphologischen
Studien der Lichenen abgestreift hat. In allen Fällen, in denen
man es mit dem ächten Chlorophyll bei Leptogium myoehroum zu thun hat,
zeigt dasselbe einen bestimmten Farhenton, wie ihn das frische junge Laub
unserer Waldbäume besitzt, man könnte es auch bisweilen als smaragdgrün
bezeichnen. Offenbar ist der gelbe Farbestoffantheil die Ursache für
diese Erscheinung, ebenso wohl auch für das Hinneigen zuvor saftgrüner
Zellen zu mehr gelbgrüner Färbung. Der Bau dieser Sprossung zeigt
eigentlich keine Besonderheiten, ausser dass die Zellen länger als gewöhnlich
gestreckt sind (Taf. HI, Fig. 14 und 15). Die nicht seltene Verästelung
wird durch eine Ausstülpung eingoleitet und durch Theilung
fortgesetzt. Mit der Zunahme der Entfernung von der Ürsprungsstätte
verjüngt sich der Faden.
Die grössten Merkwürdigkeiten besitzt das Plasma dieser Zellen. Die
smaragdgrüne Farbe desselben ist auch hier an die Microgonidien gebunden,
welche keine Besonderheiten darbieten. Zum ersten Male aber tritt hier
eine neue Erscheinung auf in der sonderbaren Harmonie zwischen der Zelle
und ihren Microgonidien, so zwar, dass die Grösse und Anordnung der
letzteren sich der Grösse und Gestalt der ersteren anpassen. Auch hier ist
das Plasma in Folge des Todes der Zelle um die Microgonidien contrahirt,
so dass es nur in besonderen Fällen leichter bemerkbar wird (Taf. HI,
Fig. 14, e). Man wird vielleicht geneigt sein, die Harmonie zwischen Gestalt
der Zelle und Anordnung der Microgonidien durch die eben erwähnte
Ursache veranlasst zu finden. Hiergegen sprechen aber zahlreiche merkwürdige
Beobachtungen. Während in allen länglichen Zellen im Verlaufe
des Fadens die Microgonidien gleich gross und genau in der Längenaxe
das eine an das andere gruppirt sind, erscheinen in den Spitzen der Zellen,
welche terminale sind, die Verhältnisse meist anders. In solchen in üppiger
Vegetation befindlichen Zellen beobachtet man nicht se lten , dass das
äusserste Microgonidium alle übrigen an Grösse übertrifft, dass es aber
auch in einer sanften Aufbauchung der Zellspitze gelegen von den übrigen
Microgonidien isolirt liegt (Taf. HI, Fig. 14 f). Offenbar bereitet sich diese
Zelle vor, den das grosse Microgonidium eiuschliessenden Antheil abzuschnüren.
Noch auffallender tritt diese gleichsam polare Beschleunigung
des Zelllebens') an solchen Zellen hervor, welche in drei Spitzen auslaufen.
Solche Zellen haben dann in jedem Ende ein zu dem Umfange im Verhältniss
stehendes grösseres Microgonidium, während alle kleineren im
Mittelpunkte zusammengedrängt sind (Taf. H I, Fig. 14 d). Es ist auch
hier zu beachten, dass diese Hyphen nicht cylindrisch, sondern etwas
zusammengedrüokt sind, so dass ein Querdurchschnitt eine fast elliptische
Gestalt zeigen würde. Dementsprechend sind auch die linsenförmigen
Microgonidien augeordnet. Dass auch hier mit dem Wachsthum und der
Vermehrung der Hyphenzellen die Vermehrung der Microgonidien in Harmonie
sich abspielt, bedarf nach den früheren Erwähnungen keiner weiteren
Ausführung. Allein eine aufmerksame Vergleichung der in einer Zelle enthaltenen
Microgonidien unter einander, drängt dem Beobachter Zweifel auf,
ob auch hier noch die Vermehrung derselben nach demselben Typus, wie
er bisher bekannt wurde, stattfinde. Schon die Beobachtung der in den
chroolepusartigen Sprossen befindlichen Microgonidien in allen Abstufungen
der Entwickelung in einer und derselben Zelle entzieht der Annahme einer
gleichmässigen Ausbildung dieser Körperchen den Boden. Auch dort schien
die polare Besohleiinigung der Miorogonidien-Ausbildung die Möglichkeit
einer solchen Annahme vollkommen zu vernichten. Betrachtet man die
durch den Ausbildungsgang des Fadens in ihrer Gestalt auffallender beeinflussten
Zellen, so findet man unter ihnen solche, welche drei bis vier
Microgonidien enthalten in einem allmäligen, nicht immer auf eine Verringerung
des Zellenraumes zurückzuführenden Abfalle der Grösse (Taf. HI,
Fig. 14, b, c, e und g). Solche Microgonidiengruppen erinnern auffallend
an die sich durch Ausstülpung vermehrenden Gonidien von Moecella, überhaupt
aller SoleroUchenen in gewissen Stadien des Thallus. Am lehrreichsten
sind aber diejenigen Ze llen, welche behufs Astbiidung im Begriffe stehen
') Kommt nicht selten auch in dem gewöhnlichen Gono-hyphema des Markes
vor. s. Taf. I, Fig. 4.
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